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Die Legende der Wächter – Der Zauber

Die Legende der Wächter – Der Zauber

Titel: Die Legende der Wächter – Der Zauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Lasky
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kleine Worte, aber sie wollten Madame Plonk nicht in den Kopf. Helfen? Ich? Wie denn? Soll ich etwa kämpfen? Womöglich mit Feuer?
    Zwei Eulen erhoben sich über das Kampfgetümmel. Es waren Nyra und Coryn.
    Mit einem kehligen Schlachtruf breitete Doktor Schönschnabel die Flügel aus und schwang sich in die Lüfte. „Ich habe schon einmal zugelassen, dass diese Bestie ihren Sohn beinahe umgebracht hat. Diesmal sehe ich nicht tatenlos zu!“
    Und ich? , dachte Madame Plonk wieder. Panik schnürte ihr die Kehle zu. Ich bin eine übergewichtige Eule, die nicht mehr singen kann. Sie öffnete verzweifelt den Schnabel und wollte ihre Nutzlosigkeit beklagen. Aber heraus kam ein hohes C.
    Nun hatte Madame Plonk in ihrem Leben schon viele hohe Töne gesungen. Für eine Sängerin im Großen Baum war ein hohes C nichts Besonderes. Aber in diesem Augenblick, in dem sich der Schatten der Erde vor den vollen Mond schob, sang Madame Plonk kein gewöhnliches hohes C, sondern ein dreigestrichenes. „Mystikus“ hieß dieser Ton unter Sängern. Er war so hoch, dass er Glas zerspringen ließ. Jetzt sandte er seineSchwingungen in die Nacht hinaus. Die knurrenden, heulenden Wölfe wanden sich plötzlich jaulend am Boden. Von den Felsen platzten Glimmerstückchen ab. Aber den Mond konnte der Ton nicht aufhalten.
    Digger flatterte auf und rief: „Sing weiter, Plonkie! Aber flieg zu Morgengrau. Er … er stirbt.“
    „Was?“ , schrie die Schnee-Eule so schrill, dass ein Vyrwolf tot umfiel. Gyllban und ihr Rudel lieferten sich mit den übrigen Vyrwölfen einen erbitterten Kampf. Den Ungeheuern machte Madame Plonks Mystikus offenbar weit mehr zu schaffen als den gewöhnlichen Urzeitwölfen.
    Coryn und Nyra umkreisten einander fliegend. Der silberne Rand der Mondscheibe verschwand hinter dem Schatten der Erde. Nyra funkelte ihren Sohn böse an. „Wir beide gehören zusammen, Nyroc!“, keifte sie. „Wir sind beide in einer Nacht wie dieser geschlüpft. Wir besitzen außergewöhnliche Macht und unsere Macht wird noch größer werden.“
    „So heiße ich nicht mehr. Ich heiße Coryn.“
    „Du bist und bleibst Nyroc! Und ohne mich bist du ein Nichts.“
    Die Nacht wurde immer dunkler, als der Schatten der Erde die Zähne in die Mondscheibe grub und Stück um Stück davon abriss wie ein hungriges Raubtier. Nyra führte ihre Kampfkralle mit beiden Füßen. IhreHiebe waren gut gezielt. Coryns Gesicht war von Morgengraus Blut rot gesprenkelt. Er konnte den Anblick nicht vergessen, wie der Bartkauz in einem feuerroten Regen aus Blut und Funken in die Tiefe gestürzt war. Coryns Waffe erlosch allmählich. Das eine Ende glomm nur noch schwach. Wenn doch ein Windstoß dem Feuer wieder Leben einhauchen würde! Wenn … mein ganzes Leben ist voller „wenns“ …
    Nyra setzte ihm immer härter zu. Sie hatte die Kampfkralle in den Schnabel genommen und hielt jetzt ebenfalls einen brennenden Ast in den Zehen. Sie trieb Coryn auf eine steile Felswand zu. Er musste rückwärts fliegen. Schon streiften seine Schwanzfedern das Gestein. Er war allein. Niemand konnte ihm helfen. Kein Morgengrau konnte Nyra mit einem Spottlied aus der Fassung bringen. Und wo war Soren? Der unerträglich hohe Ton zerriss immer noch die Nacht und Nyras Feuerwaffe versengte Coryn das Brustgefieder. Die Hitze schlug ihm ins Gesicht. Doch er spürte noch eine andere Hitze. Wo kam sie her? Sie kam aus seinem Magen. Sein Magen stand in Flammen.
    Nyra hielt verdutzt inne. Was ist das? Die Augen meines Sohnes lodern grün, grün wie Wolfsaugen, aber nicht wie Vyrwolfsaugen … Das grüne Licht schlug ihr entgegen wie flüssiges Feuer. Mitten in dem Grün leuchtete es rötlich und blau. Rötlich … Blau …Grün … Waren das nicht die Farben der Glut von Hoole?
    Nyra wurde vor Schreck flügelstarr. Coryn sah es, nahm es aber nur am Rande wahr. Das Glühen in seinem Magen nahm ihn ganz und gar in Anspruch. Wie kann das sein? Ich bin hier und die Glut ist weit, weit weg.
    Die Welt wurde schwarz und totenstill. Der Gesang verstummte. Coryn sah sich um. Nyra war fort. Er konnte sie nirgends entdecken, weder in der Luft noch am Boden. Trotzdem ließ er sich tiefer sinken. Nein, sie war spurlos verschwunden. War sie vielleicht durch einen Felsspalt in den Tunnel der Verzweiflung gestürzt? Aber auch die Vyrwölfe waren nicht mehr da. Hatten sie sich in den Tunnel geflüchtet? Oder hatte die Erde sich aufgetan, um die Scheusale zu verschlucken? Mögen sie nie mehr zum Vorschein

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