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Die Legende der Wächter – Der Zauber

Die Legende der Wächter – Der Zauber

Titel: Die Legende der Wächter – Der Zauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Lasky
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kommen! , dachte Coryn.
    Ein Stück weiter weg erspähte er etwas Helles. Er flog hin. Unter sich sah er zahlreiche tote Wölfe liegen, aber keine toten Eulen. Die toten Wölfe gehörten nicht dem Rudel an, das er in den Hinterlanden um sich geschart hatte, aber es waren auch keine Vyrwölfe. Sie waren so groß wie gewöhnliche Wölfe und hatten graues, dunkelbraunes und hellbraunes Fell. War vielleicht etwas Ähnliches geschehen wie in der Wüstenschlacht, von der er in den alten Legenden gelesen hatte? Da waren die besiegten Hägsdämonen auch geschrumpft, bis sie nicht mehr größer waren als gewöhnliche Krähen.
    Doch als Coryn noch näher heranflog, erstarrte sein Magen erst und begehrte dann verzweifelt auf. Nicht Morgengrau! Bitte nicht Morgengrau!

Es war nicht Morgengrau. Es war Cody.
    Gyllbans Schluchzen erfüllte die Nacht. Der junge Wolf, fast noch ein Welpe, lag mit aufgeschlitzter Kehle quer über Krieths Zauberbuch .
    „Er hat das Buch gerettet“, schluchzte Gyllban, „aber wozu?“ Sie hob den Kopf und schaute Coryn verzweifelt an. Dem jungen Eulerich krampfte sich der Magen zusammen. Hier war eine Mutter, die ihren Sohn wahrhaft liebte.
    Neben dem toten Cody lag Morgengrau. Madame Plonk flog über ihm auf und ab und fächelte ihm mit ihren breiten Schwingen Luft zu. Die anderen Mitglieder der Bande drängten sich ein Stück weiter weg aneinander. Der Bartkauz hatte viel Blut verloren. Er wirkte viel kleiner als sonst und sein glasiger Blick irrte unstet umher.
    „Wie sollen wir ihn bloß in den Großen Baum transportieren?“, fragte Coryn ratlos.
    „Er wird nicht transportiert“, entgegnete Digger ernst. Coryn bekam einen Schreck. Wollte der Höhlenkauz damit etwa sagen, dass sie Morgengrau hier sterben lassen sollten? So etwas passte überhaupt nicht zu der Bande. Und wo war eigentlich Soren?
    „Wo steckt Soren? Er ist doch nicht verwundet, oder?“
    „Nein“, sagte Gylfie. „Er ist mit Doktor Schönschnabel nach Ambala aufgebrochen. Sie wollen den morgigen Tag durchfliegen.“
    „Aber warum?“ Doch die drei Freunde gingen nicht auf Coryns Fragen ein. Stattdessen schauten sie ihm unverwandt in die Augen, aus denen sich der letzte Widerschein der Glut von Hoole verflüchtigte.
    „Warum?“, wiederholte Coryn mit Nachdruck. „Was in aller Welt will Soren ausgerechnet jetzt in Ambala?“
    Gylfie trat vor den jungen König hin und spähte ihm mit zurückgelegtem Kopf noch einmal forschend in die Augen. „Er will Slinella und Stingill holen“, erwiderte sie dann.
    „Slinella und Stingill!“ Coryns Magen machte einen Freudenhüpfer. Die beiden Flugschlangen waren Freunde der Käuzin Nebel und lebten mit ihr zusammen in einem Adlerhorst hoch oben in den Bergen von Ambala. Das Gift in ihren zweifarbigen, gespaltenen Zungen hatte bei richtiger Anwendung eine heilende Wirkung. Die beiden Schlangen waren auch mit Corynbefreundet. Er hatte sie kennengelernt, als man ihn nach seiner Flucht vor den Reinen überall als Ausgestoßenen behandelt hatte.
    Hoffentlich hielt Morgengrau durch, bis die Schlangen eintrafen. Aber Soren war ein schneller Flieger, und da Doktor Schönschnabel bei den Krähen freies Geleit hatte, konnten sie es schaffen. Coryn beugte sich über den Verwundeten.
    „Du musst am Leben bleiben, Morgengrau!“, flüsterte er eindringlich. „Bitte!“
    Auch die anderen Eulen scharten sich nun um den Bartkauz. Sie sprachen ihm Mut zu, obwohl sie alle um sein Leben fürchteten. Gylfie und Digger konnten kaum einen klaren Gedanken fassen. Die Bande war immer zu viert gewesen. Immer.
    Und jetzt ringt Morgengrau mit dem Tod und Soren ist fort … Wir sind wie eine Eule, die nur noch einen Flügel hat. Halbiert. Unvollständig , dachte Gylfie.
    Bis zum Morgen sprachen sie auf den Bartkauz ein und Madame Plonk fächelte ihm unermüdlich Luft zu. Coryn erbeutete eine Maus. Sie träufelten das Blut in Morgengraus verletzte Kehle. Anfangs hatte sich der Verwundete hin und her gewälzt und um sich geschlagen. Als es hell wurde, wurde er ruhiger.
    Digger, Gylfie und Madame Plonk wechselten besorgte Blicke. Was hatte das zu bedeuten? Die Morgendämmerung war die Stunde, der Morgengrau seinen Namen verdankte. Das silbergraue Dämmerlicht war seine Zeit. Andere Eulen hatten Schwierigkeiten, sich zurechtzufinden, wenn die Grenzen zwischen Nacht und Tag verschwammen, die Grenzen zwischen Zeit und Raum, Erde und Himmel. „Ich nicht. Ich bin ein Grenzgänger – das ist meine Natur!“,

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