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Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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genußvoll den Bast von seinem Gehörn. Der Abend dehnte sich endlos. Ich staunte, wie hart es mich ankam zu akzeptieren, daß ich nichts gefühlt hatte, nicht die leiseste Berührung der Gabe. Entweder hatte Galen nicht gerufen, oder ich hatte ihn nicht gehört. Ich aß Brot und Fisch und sagte mir immer wieder, nimm's nicht so schwer. Eine Zeitlang versuchte ich, mich in einen gerechten Zorn hineinzusteigern, aber meine Verzweiflung war zu kalt und klamm, um von den Flammen des Unmuts verzehrt zu werden. Ich war sicher, daß Galen mich um meine Chance betrogen hatte, aber ich würde es nie beweisen können, nicht einmal mir selbst. Der nagende Zweifel, ob seine Verachtung gerechtfertigt gewesen war, würde bleiben. In pechschwarzer Dunkelheit lehnte ich den Rücken gegen einen Felsblock, legte den Stock über die Knie und nahm mir vor zu schlafen.
    Meine Träume waren verworren und unerfreulich. Edel stand vor mir, und ich war wieder ein Junge, der im Stroh sein Bett hatte. Er lachte und hielt ein Messer in der Hand. Veritas zuckte mit einem entschuldigenden Lächeln die Schultern. Chade wandte sich von mir ab, enttäuscht. Molly lächelte Jade zu, an mir vorbei, als wäre ich nicht da. Burrich hielt mich an der Hemdbrust gepackt und schüttelte mich, befahl mir, ein Mensch zu sein und nicht ein Tier. Aber ich lag auf Stroh und einem alten Hemd und nagte an einem Knochen. Das Fleisch war sehr gut, und ich konnte an nichts anderes denken.
    Alles war schön behaglich, bis jemand die Stalltür öffnete und einen Spalt offenstehen ließ. Ein unangenehmer Luftzug kroch über den Boden und belästigte mich, und ich hob knurrend den Kopf. Meine Nase roch den Mann Burrich und Bier. Der Mann Burrich näherte sich schwerfällig und ging mit einem gebrummten: »Schon gut, Fäustel«, an mir vorbei. Beruhigt legte ich den Kopf wieder auf die Vorderpfoten, während er die Treppe zu seiner Kammer hinaufstieg.
    Plötzlich ein Schrei, und Männer fielen die Stufen hinunter. Ich sprang auf, knurrte und bellte. Sie landeten halb auf mir, ich bekam einen Tritt, schlug die Zähne in das Bein über dem Stiefel und biß fest zu. Ich bekam mehr Leder und Stoff zu packen als Fleisch, aber der Mensch stieß ein wütendes Zischen aus und schlug nach mir.
    Ein Messer drang in meine Seite.
    Ich preßte die Kiefer zusammen und knurrte tief in der Kehle. Andere Hunde waren aufgewacht und kläfften, die Pferde stampften in ihren Boxen. Junge, rief ich um Hilfe. Ich fühlte ihn in meiner Nähe, doch er kam nicht. Der Eindringling trat nach mir, doch ich ließ nicht locker. Der Mann Burrich lag im Stroh, ich witterte sein Blut. Er bewegte sich nicht. Ich hörte, wie Hexe sich oben gegen die Tür der Kammer warf, um zu ihrem Herrn zu gelangen. Wieder und wieder stach das Messer in mein Fleisch. Ein letztes Mal rief ich nach meinem Jungen, dann verließ mich die Kraft. Ich wurde gegen eine Trennwand geschleudert. Blut atmen. Eilige Schritte. Schmerz im Dunkeln. Ich kroch näher an den Mann Burrich heran, schob meine Nase unter seine Hand. Er rührte sich nicht. Stimmen und Lichter kamen näher, näher ...
    Ich erwachte auf einem nächtlichen Berghang und hielt mit weißen Knöcheln meinen Stock umklammert. Nicht eine Sekunde lang glaubte ich, daß es nur ein Traum gewesen war. Immer noch spürte ich das Messer zwischen meinen Rippen, schmeckte das Blut in meinem Mund. Wie der Kehrreim eines schaurigen Liedes wiederholten sich die Wahrnehmungen in meinem Kopf, der kalte Luftzug, das Messer, der Stiefel, das Blut meines Feindes, mein eigenes. Ich bemühte mich, aus dem klug zu werden, was Fäustel gesehen hatte. Jemand hatte oben vor Burrichs Kammertür gelauert. Jemand mit einem Messer. Und Burrich war gestürzt, und Fäustel hatte Blut gewittert.
    Ich stand auf und suchte meine Sachen zusammen. Schwach, sehr schwach, regte sich Fäustels warmes kleines Selbst in meinem Bewußtsein. Vorsichtig spürte ich nach ihm und hörte sofort auf, als ich merkte, wieviel Kraft es ihn kostete, mir zu antworten. Ruhig. Sei ruhig. Ich komme. Ich fror, meine Beine zitterten, trotzdem war mein Rücken schweißnaß. Was tun? Da gab es nichts zu überlegen. Im Laufschritt eilte ich den Hang hinunter zu dem Karrenweg im Tal. Es war mehr ein schmaler Abzweig, ein Hausiererpfad, und ich rechnete mir aus, wenn ich ihm folgte, mündete er irgendwann in die Küstenstraße. Die Küstenstraße brachte mich nach Hause, und wenn Eda mir gnädig war, kam ich rechtzeitig, um

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