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Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Titel: Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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empfangen und ließ sogar von seinem Koch mir zu Ehren ein bestimmtes, scharfgewürztes Fleischgericht zubereiten, das zu meinen Leibspeisen zählte. Seine Bücherei stand zu meiner Verfügung, dazu die Dienste seines zweiten Schreibers. Seine jüngste Tochter, Zelerita, bezeigte mir schüchtern ihre Sympathie und überraschte mich mit ihrer unaufdringlichen Intelligenz. Während des Essens unterhielten wir uns über meine Kopierarbeit, als Virago plötzlich für alle hörbar zu ihrem Nebenmann bemerkte, in der guten alten Zeit wären Bastarde gleich nach der Geburt ersäuft worden. Es war Els Gebot, erklärte sie. Ich hätte mich taub gestellt, hätte sie nicht über den Tisch gebeugt und lächelnd gefragt: »Hast du von diesem Brauch gewußt, Bastard?«
    Ich warf einen Blick zu Herzog Brawndy am Kopf der Tafel, doch er war in ein lebhaftes Gespräch mit seiner ältesten Tochter vertieft und schaute nicht in meine Richtung. »Ich glaube, er ist so alt wie der Brauch der Höflichkeit eines Gastes gegenüber den anderen am Tisch des Gastgebers«, antwortete ich so gelassen, wie es mir möglich war. Köder. Brawndy hatte mich ihr als Köder gegenübergesetzt. Noch nie war ich derart offenkundig als Schachfigur mißbraucht worden. Ich wappnete mich und versuchte, persönliche Gefühle außer acht zu lassen. Wenigstens war ich nicht unvorbereitet.
    »Mancher könnte auf den Gedanken kommen zu sagen, es wäre ein Beweis für die Minderwertigkeit des Geschlechts der Weitseher, daß dein Vater unkeusch sein hochzeitliches Lager bestiegen hat. Ich würde mich selbstverständlich nicht in dieser Weise über meines Königs Familie äußern. Doch sag mir – wie haben ihre Verwandten die Hurerei deiner Mutter aufgefaßt?«
    Ich lächelte liebenswürdig, plötzlich hatte ich erheblich weniger Skrupel wegen meines Vorhabens. »Ich habe kaum eine Erinnerung an meine Mutter oder ihre Verwandten«, antwortete ich leichthin, »doch ich kann mir vorstellen, daß sie dachten wie ich. Besser eine Hure oder der Sproß einer Hure sein, als seinen König zu verraten.«
    Das Glas in der Hand, wandte ich mich wieder Zelerita zu. Ihre dunklen Augen wurden groß, und sie holte erschreckt Atem, als Viragos Gürtelmesser sich wenige Zentimeter vor meinem Ellenbogen in die Platte der herzoglichen Festtafel bohrte. Ich hatte damit gerechnet, hob ruhig den Kopf und schaute ihr ins Gesicht. Virago stand vor dem zurückgeschobenen Stuhl, ihre Augen funkelten, ihre Nasenflügel bebten. Mit den zornroten Wangen sah sie noch schöner aus.
    Ich schlug einen sanften Ton an. »Sagt mir, Ihr lehrt die Alten Bräuche, nicht wahr? Und haltet Euch nicht an das Gesetz, das verbietet, in einem Hause Blut zu vergießen, in dem Ihr zu Gast seid?«
    »Ist denn ein Tropfen deines Blutes geflossen?« antwortete sie mit einer Gegenfrage.
    »Auch nicht des deinen. Ich will nicht, daß man dem Herzog nachsagen kann, er habe zugelassen, daß seine Gäste sich über seinem Brot erschlagen. Oder gilt Euch die Achtung vor dem Herzog so wenig wie Euer Treueschwur gegenüber dem König?«
    »Ich habe deinem schwachen Weitseher-König keine Treue geschworen«, zischte sie.
    Füßescharren und Stühlerücken auf beiden Seiten des Tisches. Teils fand man offenbar, das ginge zu weit, teils wollte man besser sehen. Einige Gäste wenigstens waren also gekommen, um Zeuge zu sein, wie sie mich unter dem Dach des Herzogs herausforderte. Der ganze Vorfall war so sorgfältig geplant wie ein Kriegszug. Wußte sie, wie sorgfältig auch ich geplant hatte? Wußte sie etwas von dem kleinen Päckchen in meinem Ärmelaufschlag? Ich hielt ihren Blick fest, während ich sprach. »Ich habe von Euch gehört. Jene, die Ihr zur Rebellion verführen wollt, wären besser beraten, nach Bocksburg zu gehen. Der König-zur-Rechten, Veritas, hat einen Ruf ausgesandt an alle, die mit Waffen umzugehen verstehen, daß sie kommen sollen und seine Kriegsschiffe bemannen und unter seinem Banner wider die Outislander streiten, die unser aller Feinde sind. Das, glaube ich, wäre ein besserer Prüfstein für die Fähigkeiten eines Kriegers, ein ehrenhafteres Beginnen, als sich gegen Führer zu wenden, denen man die Treue geschworen hat, oder bei Vollmond auf den Klippen das Blut eines Bullen zu vergießen, wenn dasselbe Fleisch dazu dienen könnte, die Not unserer Landsleute zu lindern, die von den Roten Korsaren heimgesucht wurden.«
    Ich hatte mich in Begeisterung hineingeredet, denn ich glaubte an das, was ich

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