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Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Titel: Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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erstatten.« Ich gab mir Mühe, höflich zu bleiben.
    »Aha. Ist er wichtig, dieser Euer Bericht?«
    »Ich denke, das zu entscheiden sollten wir Seiner Majestät überlassen. Er kann mich jederzeit hinausweisen, sollte er glauben, daß ich ihm die Zeit stehle. Ich schlage vor, du meldest ihm, daß ich gekommen bin.« Mit einem Lächeln versuchte ich, meinem Tonfall die Schärfe zu nehmen.
    »Der König hat nur wenig Kraft. Ich sorge dafür, daß er mit dem wenigen haushälterisch umgeht.« Er rührte sich nicht von der Stelle. Ich ertappte mich dabei, wie ich ihn von oben bis unten musterte und abschätzte, ob er sich einfach zur Seite stoßen lassen würde. Allerdings würde das nicht ohne ein Gerangel abgehen, und falls der König wirklich krank war, wollte ich jeden Tumult vermeiden. In diesem Moment tippte mir jemand auf die Schulter. Ich drehte mich um, doch es war niemand da. Als ich wieder nach vorne sah, stand wie aus dem Boden gewachsen der Narr zwischen mir und Wallace.
    »Bist du sein Arzt, daß du Diagnosen stellst und Bulletins herausgibst?« riß der Narr das Gespräch an sich. »Denn in der Tat, du wärst eine Zierde deines Standes. Du machst mich allein durch deine Blicke krank, und deine Worte lassen deinen Wind entweichen so gut wie meinen. Wie krank muß sich erst unser guter König fühlen, der sich den lieben langen Tag deiner Gegenwart erfreuen darf?«
    Der Narr trug ein mit einem Mundtuch zugedecktes Tablett. Ich roch kräftige Fleischbrühe und frisch gebackenes Eierbrot. Sein schwarzweißes Winterhabit hatte er mit emaillierten Glöckchen geschmückt und seine Kappe mit einem Kranz aus Stechpalmen. Das Narrenzepter trug er unter den Arm geklemmt. Es war von einer Ratte gekrönt, und ich hatte ihn oft beobachtet, wie er vor dem großen Kamin oder auf den Stufen des Königsthrons lange Gespräche mit ihr führte.
    »Hebe dich hinweg, Haselant! Du bist heute bereits zweimal hiergewesen. Seine Majestät hat sich zu Bett begeben. Er bedarf deiner Possen nicht.«
    Trotz seines entschiedenen Tons war es Wallace, der zurückwich, ohne es zu wollen. Ich merkte, er gehörte zu denen, die es nicht aushalten konnten, dem Narren in die blaßblauen Augen zu sehen, und vor der Berührung seiner weißen Hand zurückschauderten.
    »Zweimal und einmal ist dreimal, Walroß, mein Guter. Aber einmal ist keinmal, also wären dreimal erst zweimal und zweimal ist der Herren Weise. Für deine Gegenwart den Gegenwert meiner Gaben. Nun begeb Er sich fort, Meister Edel zu künden, was sich begibt. Mögest du ihn heilen mit deiner Kunst, unseren guten Prinzen, während du ihn erleuchtest, denn mich deucht, sein düster umflorter Blick beweist, er ist nicht nur hartherzig, sondern auch hartleibig.«
    »Du wagst es, dich über unseren Prinzen lustig zu machen?« stieß Wallace hervor. Der Narr hatte bereits die Schwelle erobert, und ich folgte ihm dichtauf. »Er wird es erfahren.«
    »Lustig machen? Er könnt es gut vertragen, daß man ihn lustig macht, fließt ihm doch der Humor als grüner Gallsaft durch die Adern. Geh nun und walte deines Amtes, Ohrenbläser. Dein Prinz sitzt zur Stunde über seinen Dämpfen, glaube ich, und du magst ihn mit deinen Winden umfächeln, und in seinem Rausch wird er glauben, deine Worte sind weise und deine Lüftchen lind.«
    Während er schwatzte, rückte der Narr Schritt um Schritt weiter vor. Das beladene Tablett wie einen Rammbock haltend, schob er Wallace zurück durch den Vorraum und in das Schlafgemach des Königs. Dort stellte er das Tablett ab, während Wallace an der zweiten Tür des Zimmers Posten bezog. Die Augen des Narren funkelten.
    »Aha, er liegt nicht im Bett, unser allergnädigster König, außer, du hast ihn unter den Decken versteckt, Freund Walroß, bester aller Kammerdiener. Kommt hervor, kommt hervor, mein König, reich an Listen. König Listenreich seid Ihr, der Fuchs, und doch nicht etwa die Maus, die sich verbirgt im Gebälk, unter den Dielen und zwischen den Kissen?« Damit begann er, emsig in dem offenkundig leeren Bett zu wühlen und zu stochern und ließ sein Rattenzepter zwischen die Falten der Vorhänge spähen, bis ich das Lachen nicht mehr unterdrücken konnte.
    Wallace stand mit dem Rücken an die zweite Tür gelehnt, wie um uns den Zutritt zu verwehren, sollten wir auch dort eindringen wollen, doch unversehens schwang sie nach innen auf, und beinahe wäre er an des Königs Brust gesunken. Statt dessen fand er sich verdutzt auf dem Boden sitzend wieder.

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