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Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Titel: Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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versichern, alles wäre maßlos übertrieben. Mit etwas Glück gelang es mir, mich damit herauszureden. In der Zwischenzeit hatte ich Geschenke mitgebracht. Winzige Elfenbeinfische zum Auffädeln oder Annähen für Lacey und für Philias Ohrgehänge aus Bernstein und Silber. Außerdem noch einen Keramiktopf mit Wintergrünbeeren, eingeweckt und mit einem wächsernen Deckel versiegelt.
    »Wintergrün? Ich mag kein Wintergrün«, wunderte sich Philia, als ich ihr das Gefäß überreichte.
    »Wirklich nicht?« Ich mimte den Erstaunten. »Ich dachte, Ihr hättet mir erzählt, der Geruch und Geschmack erinnerten Euch an Eure Kindheit. War da nicht ein Onkel, der Euch Wintergrün zu schenken pflegte?«
    »Nein, und ich kann mich nicht an ein solches Gespräch erinnern.«
    »Dann war es vielleicht Lacey?«
    »Bestimmt nicht, Herr. Beißt mich in der Nase, wenn ich davon koste, obwohl es in der Luft ganz angenehm riecht.«
    »Nun, dann habe ich mich wohl geirrt.« Ich stellte den Topf auf den Tisch. »Ah, Schneeflocke? Wieder trächtig?«
    Das war für Philias weiße Terrierhündin bestimmt, die sich bequemt hatte, ihr Körbchen zu verlassen, um mich zu beschnüffeln. Ich konnte merken, wie ihr kleiner Hundeverstand sich über Cubs Witterung an meinen Kleidern wunderte.
    »Nein, sie wird einfach fett«, machte Lacey sich zu ihrer Sprecherin und bückte sich, um das Tierchen hinter den Ohren zu kraulen. »Meine Herrin läßt Konfekt und Gebäck herumstehen, und daran tut sie sich schamlos gütlich.«
    »Ihr wißt, das solltet Ihr nicht tun. Süßigkeiten sind schlecht für ihre Zähne und ihr Fell«, tadelte ich Philia, und sie erwiderte, das wisse sie wohl, aber Schneeflocke wäre zu alt, um ihr noch bessere Manieren beizubringen. Davon ausgehend, entwickelte sich eine Unterhaltung über alles und nichts, bis ich mich nach einer Stunde reckte und sagte, ich müsse gehen, um noch einmal den Versuch zu machen, beim König vorgelassen zu werden.
    »Vorhin wurde ich an der Tür abgewiesen«, erzählte ich. »Nicht von einem Wächter. Sein Kammerdiener, Wallace, machte auf, als ich anklopfte, und weigerte sich, mich einzulassen. Als ich fragte, weshalb die Gemächer des Königs unbewacht seien, erklärte er dreist, selbst die Soldaten weggeschickt zu haben, weil er viel besser in der Lage sei, Seiner Majestät die nötige Ruhe zu verschaffen.«
    »Der König ist nicht wohl«, warf Lacey ein. »Ich habe gehört, daß er selten vor Mittag seine Gemächer verläßt. Dann aber ist er wie ein Besessener, berstend vor Tatkraft und mit herzhaftem Appetit, doch gegen Abend sinkt er wieder in sich zusammen, geht schlurfend und spricht undeutlich. Das Abendessen nimmt er in seinen Gemächern ein, aber die Köchin sagt, das Tablett kommt so unberührt herunter, wie es hinaufgetragen wurde. Alle machen sich Sorgen.«
    »Grundlos, hoffentlich.« Ich verabschiedete mich und ging, fast hatte ich Angst, noch mehr zu hören. Dann spekulierte man also in der Burg über des Königs Gesundheit. Bedenklich. Ich mußte Chade danach fragen. Und ich mußte mir selbst einen Eindruck verschaffen. Bei meinem ersten Versuch, eine Audienz zu erlangen, war ich an dem offiziösen Wallace gescheitert. Der Mann hatte mich abgefertigt, als wäre ich nur gekommen, um einen müßigen Schwatz zu halten und nicht, um nach einer wichtigen Mission Bericht zu erstatten. Er führte sich auf, als wäre der König bei derart schlechter Gesundheit, daß man jede noch so kleine Störung von ihm fernhalten mußte, und er, Wallace, habe es auf sich genommen, ihn gegen solche abzuschirmen. Meiner Meinung nach hatte man es versäumt, Wallace gehörig darüber aufzuklären, welches die Pflichten eines Kammerdieners waren und wo sie endeten. Er war ein ausgesprochen unangenehmer Patron. Beim Anklopfen überlegte ich, wie lange Molly wohl brauchen würde, um das Wintergrün zu entdecken. Sie mußte wissen, daß ich es für sie mitgebracht hatte, als Kind war sie ganz versessen darauf gewesen.
    Die Tür öffnete sich einen schmalen Spalt, und Wallace lugte hindurch. Als er meiner ansichtig wurde, runzelte er die Stirn. Er machte die Tür weiter auf, versperrte die Öffnung aber mit seinem Körper, als könnte schon ein Blick dem König Schaden zufügen. Ohne mich eines Grußes zu würdigen, fragte er barsch: »Seid Ihr nicht vorhin schon einmal hier gewesen?«
    »Ja, in der Tat. Und du hast mir gesagt, der König schliefe. Deshalb bin ich jetzt wiedergekommen, um Bericht zu

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