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Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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unwandelbare Treue zu Edel aufoktroyiert hatte, hinderte sie das nicht daran, jeder für sich um Edels Gunst zu buhlen.
     
    Als es dämmerte, hatte ich den äußeren Bereich des königlichen Anwesens recht gründlich erkundet. Ich hatte herausgefunden, daß es jedermann gestattet war, sich in den unteren Gärten zu ergehen und seine Freude an den Springbrunnen und Blumenbeeten, den Buchsbaumhecken und Kastanienbäumen zu haben, und eine ganze Anzahl Menschen machte von dieser Großzügigkeit Gebrauch. Die meisten betrachteten mich mit stummer Mißbilligung, einige wenige Mienen verrieten Mitleid, und der eine livrierte Aufseher, dem ich in die Arme lief, belehrte mich streng, daß in des Königs Gärten Betteln verboten sei. Ich versicherte ihm, ich wäre nur gekommen, um mit eigenen Augen die Wunder zu schauen, die ich nur vom Hörensagen her kannte, woraufhin er erklärte, Hörensagen wäre mehr als ausreichend für Gesindel wie mich, und mir den kürzesten Weg zum Ausgang zeigte. Ich dankte ihm artig und ging. Er blieb stehen und schaute mir nach, bis ich hinter einer Hecke seinen Blicken entschwunden war.
    Bei meinem nächsten Vorstoß wahrte ich größere Zurückhaltung. Ich hatte mit dem Gedanken gespielt, einem der zwischen den Rabatten lustwandelnden jungen Edelleuten aufzulauern und ihn seiner Gewänder zu berauben, mich dann aber dagegen entschieden. Die Wahrscheinlichkeit, daß ich ausgerechnet einen schmächtigen Fant zu fassen bekam, dessen Kleider mir paßten, war äußerst gering, außerdem schien der modische Putz, den man hier trug, von unzähligen bunten Schleifen zusammengehalten zu werden. Wahrscheinlich kam man nur mit Hilfe eines Kammerdieners hinein oder hinaus, jedenfalls fühlte ich mich im Hinblick auf die Örtlichkeiten und die gebotene Eile dem Unterfangen nicht gewachsen. Die klimpernden Charivaris aus Silber an den Spitzenmanschetten waren ohnehin nicht geeignet für die diskrete Arbeit eines Assassinen. Ich benutzte also das dichte Buschwerk am Fuß der Mauern als Deckung und arbeitete mich langsam ins Innere der Burganlage vor.
    Zu guter Letzt stand ich vor einer Mauer aus geglätteten Steinquadern, die wie ein Kronreif die Kuppe des Hügels schmückte. Sie war nur wenig höher, als ein großer Mann beim Hochspringen mit ausgestreckten Händen reichen konnte. Ich hatte nicht den Eindruck, daß sie als Befestigung für den Ernstfall gedacht waren. Mir fiel auf, daß der Bewuchs fehlte, nur Baumstümpfe und verholzte Wurzelstöcke wiesen darauf hin, daß die nackten Steine früher einmal hinter Sträuchern und Kletterpflanzen verborgen gewesen war. Ob Edel befohlen hatte, alles abzuholzen? Über der Mauer konnte ich die Wipfel zahlreicher Bäume ausmachen, und ich rechnete mir aus, daß eine unbemerkte Annäherung an das Schloß möglich sein könnte.
    Ich brauchte den größten Teil des Nachmittags, um, jede Deckung ausnutzend, den Mauerkranz zu umrunden. Es gab mehrere Tore. An dem größten und schönsten standen uniformierte Wachen, um die vornehmen Besucher respektvoll passieren zu lassen und zwielichtige Gestalten wie mich abzuweisen. Nach der Zahl der anrollenden Kutschen zu urteilen, war für den Abend eine größere Festlichkeit geplant. Einer der Wachhabenden drehte sich um und stieß ein rauhes Lachen aus. Mir sträubten sich die Nackenhaare. Eine ganze Weile stand ich wie erstarrt in meinem Versteck und konnte den Blick nicht von ihm abwenden. Hatte ich dieses Gesicht schon einmal gesehen? Schwer zu sagen aus der Entfernung, aber der Gedanke erfüllte mich mit einer seltsamen Mischung aus Zorn und Angst. Edel, rief ich mir ins Gedächtnis, Edel war mein Ziel. Vorsichtig bewegte ich mich weiter.
    An mehreren weniger repräsentativen Toren machten die Wächter einen Mangel an Spitzenjabots und Tressen durch Grobheit wett und die barsche Frage nach dem Namen und Begehr eines jeden, der sich ihnen näherte. Wären meine Kleider besser gewesen, hätte ich mich als Diener ausgegeben, aber in meinen Lumpen wagte ich es nicht. Lieber suchte ich mir einen Platz, wo die Wachen mich nicht sehen konnten, und heischte von den Kaufleuten, die kamen und gingen, eine milde Gabe. Die meisten taten, was Menschen tun, wenn sich ihnen ein Bettler nähert – sie schauten durch mich hindurch, als wäre ich Luft, und setzten ihre Gespräche fort. Auf diese Art erfuhr ich, daß an diesem Abend der große Purpurball stattfand, daß man aus diesem Anlaß zusätzliche Diener, Musikanten und Gaukler

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