Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen
Nimm den Geruch. Warnen Fitz-Wolf. Falle böse viel.
So viele Fragen drängten sich mir auf. Irgendwie hatte Rolf der Schwarze bei denen vom Alten Blut ein Wort für mich eingelegt. Seit meiner Flucht aus Fierant hatte ich gefürchtet, jeder mit der Alten Macht, dem ich begegnete, würde gegen mich sein. Doch jemand hatte dieses kleine Geschöpf geschickt, um mich zu warnen. Und das Tierchen hatte an seinem Auftrag festgehalten, obwohl sein Brudermensch tot war. Ich versuchte, Genaueres zu erfahren, doch im begrenzten Bewußtsein des kleinen Tieres war nicht viel mehr zu finden. Großer Schmerz und Zorn über den Tod seines Brudermenschen und Entschlossenheit, mich zu warnen. Nie würde ich erfahren, wer Großes Frettchen gewesen war, nicht, wie er diesen Plan entdeckt hatte und auch nicht, wie es seinem Brudertier gelungen war, sich in Wills Besitztümern zu verbergen, denn ihn zeigte es mir geduldig wartend in den Gemächern unter uns. Einauge. Falle böse viel.
Willst du bei mir bleiben? fragte ich. Obwohl Raubtier und wild, kam es mir doch verwundbar und sehr einsam vor. Ein Blick in sein Bewußtsein zeigte, was von einem Wesen blieb, das in zwei Teile gespalten worden war. Der Schmerz hatte es blindwütig gemacht und in seinem Hirn, außer dem Auftrag, mich zu warnen, nur Raum für einen einzigen Gedanken gelassen: Rache.
Nein. Geh hin, geh hin. Verstecken in Einauges Sachen. Warnen Fitz-Wolf. Geh hin, geh hin. Finden Altes Blut-Hasser. Verstecken leiseleise. Warten. Altes Blut-Hasser schloß, Kleines Frettchen tötet.
Es war ein kleines Tier mit einem kleinen Verstand, aber darin fest verankert war ein Bild von Edel, dem Hasser des Alten Blutes. Ich fragte mich, wie lange Großes Frettchen gebraucht haben mochte, ihm diese Vorstellung so fest einzupflanzen, daß sie über Wochen hinweg erhalten blieb. Dann wußte ich es. Ein Letzter Wille. Edel zu töten war das Vermächtnis von Großem Frettchen. Ein gewaltiges Unterfangen für so eine kleine Kreatur.
Komm mit mir, forderte ich es behutsam auf. Wie kann Kleines Frettchen Altes Blut-Hasser töten?
In einem Lidschlag saß es an meiner Gurgel, und ich spürte, wie die nadelspitzen Zähne sich in meine Haut bohrten. Schnappschnapp; wenn er schläft. Sein Blut trinken wie Kaninchen. Kein mehr Großes Frettchen, kein mehr Jagen, kein mehr Kaninchen. Nur Altes Blut-Hasser. Schnappschnapp. Plötzlich schlüpfte er in mein Hemd. Warm. Seine kleinen, bekrallten Pfoten waren eiskalt auf meiner Haut.
Ich fand einen Streifen Trockenfleisch in meiner Tasche, mit dem ich meinen vierfüßigen Zunftgenossen fütterte. Gerne hätte ich ihn überredet, bei mir zu bleiben, aber ich spürte, daß ich ihn so wenig von seinem Vorhaben abbringen konnte, wie ich imstande war, mich Veritas’ Ruf zu widersetzen. Nur das war ihm von Großes Frettchen geblieben. Schmerz und ein Traum von Rache. »Verstecken leiseleise. Geh hin, geh hin zu Einauge. Rieche Altes Blut-Hasser. Warte, bis er schläft. Dann Schnappschnapp. Trink sein Blut wie das von Kaninchen.«
Ja-ja. Meine Jagd. Falle böse viel Fitz-Wolf. Geh weg, geh weg.
Ich befolgte seinen Rat. Jemand hatte viel gegeben, um mir diesen Boten zu schicken. Ohnehin hatte ich nicht das Bedürfnis, Will auf seinem Terrain gegenüberzutreten. Sosehr ich mir wünschte, ihn zu töten, ich hatte gelernt, daß ich ihm in der Gabe nicht gewachsen war. Auch hatte Kleines Frettchen sich die Ehre des ersten Versuchs verdient. Es wärmte mir das Herz zu wissen, daß ich nicht Edels einziger Feind war. Lautlos wie die Dunkelheit glitt ich über das Schindeldach und ließ mich bei dem Stallgebäude auf die Straße hinunter.
Ich kehrte in meine heruntergekommene Schänke zurück, entrichtete den obligaten Kupfergroschen und setzte mich neben zwei anderen Männern an einen Schragentisch. Serviert wurde das Stammgericht des Hauses, eine Brennsuppe aus Kartoffeln und Zwiebeln. Als eine Hand auf meine Schulter fiel, zuckte ich zusammen, wenn auch nicht vor Überraschung. Ich hatte gewußt, daß jemand hinter mir stand, aber nicht damit gerechnet, daß er mich berühren würde. Meine Hand wanderte verstohlen zum Griff des Messers, während ich mich auf der Bank halb herumdrehte, um zu sehen, wer es war. Meine Tischgenossen aßen weiter, einer davon geräuschvoll. Grundsätzlich kümmerte kein Gast in dieser Schänke sich um etwas anderes als seine eigenen Angelegenheiten.
Ich blickte auf in Merles lächelndes Gesicht, und mein Magen war plötzlich
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