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Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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einem Jahr hätte ich mir gewünscht, dieser Frau mit dem gewinnenden Wesen zu glauben, hätte mir gewünscht, daß sie meine Freundin wäre. Heute aber machte sie mich nur müde. Sie war eine Belastung, eine Verbindung, die ich nicht haben wollte, deshalb sagte ich nur: »Es ist die falsche Jahreszeit, um auch nur daran zu denken, in die Berge zu gehen. Schlechtes Wetter, widrige Winde, und König Edel hat jeden Handel und Wandel zwischen dem Bergreich und den Sechs Provinzen verboten. Niemand reist in die Berge.«
    Merle nickte zustimmend. »Ich habe gehört, Soldaten von des Königs Garde hätten vor einer Woche zwei Kähne samt Mannschaft gepreßt und sie gezwungen, die Überfahrt zu wagen. Leichen von wenigstens einem Boot wurden ans Ufer gespült. Männer und Pferde. Keiner weiß, ob die anderen Soldaten drüben angekommen sind. Aber« – sie lächelte selbstzufrieden und rückte näher, während sie mit gesenkter Stimme fortfuhr – »ich weiß von einer Gruppe, die sowohl dem Wetter als auch dem Gebot unseres Königs trotzt.«
    »Und wer ist das?«
    Sie ließ mich einen Augenblick zappeln.
    »Schmuggler«, sagte sie endlich in verschwörerischem Flüsterton.
    »Schmuggler?« Natürlich. Je strikter die Handelsbeschränkungen, desto größer der Profit für diejenigen, die sie zu umgehen verstanden. Es würde immer Männer geben, die für genügend Geld ihr Leben aufs Spiel setzten.
    »Ja. Aber das ist nicht der hauptsächliche Grund, weshalb ich dich gesucht habe, Fitz. Die ganze Stadt spricht davon, daß König Edel nach Blauer See gekommen ist. Aber das ist eine Lüge, eine Falle, die man dir stellt. Du darfst nicht zu der Herberge gehen, in der er wohnt.«
    »Ich weiß.«
    »Woher?« Ihre Stimme verriet nichts, aber ich konnte ihr ansehen, wie sehr es sie verdroß, mir nichts Neues erzählen zu können.
    »Vielleicht hat ein Vögelchen es mir gesungen«, antwortete ich. »Du weißt doch, wir mit der Alten Macht verstehen die Sprache der Tiere.«
    »Wirklich?« fragte sie, leichtgläubig wie ein Kind.
    Ich schaute sie an und hob eine Augenbraue. »Mich würde weit mehr interessieren, wie du davon erfahren hast.«
    »Sie haben uns gesucht, um uns auszufragen. Jeden einzelnen, der in Madges Treck mitgezogen ist.«
    »Und?«
    »Oh, du hättest erleben sollen, welche ungeahnten dichterischen Talente zum Beispiel Creece offenbarte mit seiner Geschichte von den Schafen, die unterwegs auf rätselhafte Weise verlorengegangen sind, des Nachts spurlos verschwunden. Und Tassin, als sie berichtete, wie du ihr Gewalt antun wolltest! Erst da hätte sie bemerkt, daß deine Fingernägel schwarz waren wie die Krallen eines Wolfs und daß deine Augen im Dunkeln glühten.«
    »Ich habe nie versucht, ihr Gewalt anzutun!« begehrte ich auf und senkte rasch den Kopf, als der Schankbursche fragend zu uns schaute.
    Merle lehnte sich zurück. »Schon gut, aber wie sie es erzählt hat, unter Heulen und Zähneklappern... Mir sind fast die Tränen gekommen. Sie zeigte dem Gabenkundigen die Narbe von deinen Krallen an ihrer Wange und sagte, sie hätte dir nie und nimmer entkommen können, wäre nicht Wolfstot in der Nähe gewachsen.«
    »Das hört sich an, als solltest du dich Tassin an die Fersen heften, wenn du es auf ein Lied abgesehen hast.«
    »Aber die Schauergeschichte, die ich ihnen aufgetischt habe, war sogar noch besser...« Sie unterbrach sich, weil der Schankbursche herankam und bedeutete ihm mit einem Kopfschütteln, daß wir keine Wünsche hatten. Dann schob sie den Teller zurück und schaute sich in der gut besetzten Gaststube um. »Meine Kammer ist oben«, meinte sie. »Dort können wir ungestört reden.«
    Diese zweite Mahlzeit hatte mich endlich gesättigt. Der volle Bauch und die Wärme schläferten meine Wachsamkeit ein und meinen Verstand. Ich bemühte mich, folgerichtig zu denken. Wer immer diese Schmuggler sein mochten, sie waren meine einzige Hoffnung, vor dem Frühling in die Berge zu gelangen. Der einzige Silberstreif am Horizont. Ich nickte. Merle stand auf, und ich folgte ihr mit meinem Tragekorb.
    Die Kammer oben war reinlich und warm. Es gab ein richtiges Bett mit einer Federmatratze und sauberen Wolldecken; Kanne und Waschschüssel standen auf einem kleinen Gestell daneben. Merle zündete Kerzen an und winkte mich herein. Während sie den Riegel vorlegte, ließ ich mich auf den einzigen Stuhl sinken. Seltsam, daß eine schlichte, saubere Kammer mir plötzlich vorkam wie ein Palast. Merle setzte sich auf

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