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Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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die offene Tür. Rings in der Dunkelheit regten sich die übrigen Schläfer. Eins der Kinder weinte, weil es so früh geweckt worden war, und die Mutter versuchte es zu beruhigen. Molly, dachte ich von plötzlicher Sehnsucht erfüllt. Molly, die unserer Tochter ein Wiegenlied sang.
    Was hat das zu bedeuten?
    Meine Gefährtin hat ein Junges geboren. Weit entfernt.
    Sofortige Anteilnahme. Aber wer wird jagen, um sie zu ernähren? Sollten wir nicht zu ihnen gehen?
    Dem-wir-folgen wacht über sie.
    Natürlich. Ich hätte es wissen müssen. Jener weiß um die Bedeutung von Clan, auch wenn er es leugnet. Dann ist alles gut.
    Während ich aufstand und meine Decken zusammenrollte, wünschte ich mir, ich könnte ebenso abgeklärt sein wie Nachtauge. Ich wußte, Burrich würde alles für Molly und das Kind tun. Es lag in seiner Natur. Ich dachte an die vielen Jahre, die ich in seiner Obhut herangewachsen war. Wie oft hatte ich ihn aus tiefster Seele gehaßt, und heute wußte ich niemanden, der mir als Beschützer meiner kleinen Familie lieber gewesen wäre – außer mir selbst. Wie gerne hätte ich mit ihm getauscht, auch wenn es bedeutete, mitten in der Nacht einen schreienden Säugling in den Schlaf zu wiegen. Trotzdem wünschte ich in diesem Augenblick nichts sehnlicher, als daß es der Pilgerfrau endlich gelingen möge, ihr Kind zu beruhigen. Ich büßte für mein Lauschen an der Wand vom vergangenen Abend mit hämmernden Kopfschmerzen.
    Essen schien das geeignete Mittel zu sein, das Kind zum Schweigen zu bringen, denn sobald die Kleine ein Brot und ein Stück Honigwabe hatte, war sie ruhig. Unser Frühstück nahmen wir zwischen Tür und Angel ein. Ich sah, wie steif und mühsam Krähe sich bewegte, und brachte ihr einen Becher heißen Tee, um den sie ihre verkrümmten Finger legen konnte, während ich ihr Bettzeug zusammenlegte. Nie zuvor hatte ich derart von Arthritis verunstaltete Hände gesehen; sie erinnerten mich an Vogelkrallen. »Ein alter Freund hat die Erfahrung gemacht, daß Brennesseln die Schmerzen in seinen Gelenken zu lindern vermögen«, sagte ich zu ihr, während ich das Bündel verschnürte.
    »Du suchst mir Nesseln unter dem Schnee, und ich versuche das Rezept«, erwiderte Krähe unwirsch, doch gleich darauf schenkte sie mir einen Dörrapfel aus ihrem kleinen Vorrat. Ich nahm ihn dankend an. Anschließend lud ich unser Gepäck in den Karren und schirrte das Pferd ein, während sie ihren Tee austrank. Von Nachtauge war nichts zu sehen.
    Auf der Jagd, erhielt ich prompt Bescheid.
    Ich wäre gern bei dir. Reiche Beute.
    Sollten wir nicht möglichst wenig sprechen, damit Edel uns nicht hört?
    Schlauberger. Ein frostklarer Himmel spannte sich über uns, fast überwältigend hell und weit nach den tiefhängenden Schneewolken gestern, dafür war es kälter als tags zuvor. Der Wind vom Fluß schnitt durch meine Kleider und schob seine eisigen Finger in die Öffnungen an Ärmeln und Kragen. Ich half Krähe auf den Bock, zog ihr die dicke Reisedecke bis unter die Achseln und stopfte sie fest. »Deine Mutter hat dich gut erzogen, Tom«, meinte sie mit aufrichtiger Freundlichkeit.
    Bemerkungen wie diese versetzten mir immer noch einen Stich. Merle und Nik standen beisammen und plauderten, bis der ganze Trupp zum Aufbruch bereit war, dann bestieg Merle ihre kleine Rappstute und setzte sich neben Nik an die Spitze des Wagenzugs. Ich sagte mir, daß Nik Felsenfest ohnehin besserer Stoff für eine Ballade war als FitzChivalric. Falls es ihm gelang, Merle zu überreden, an der Grenze zum Bergreich mit ihm umzukehren, erwies er mir sogar einen großen Gefallen.
    Ich richtete meine Gedanken auf die Arbeit, die ich zu tun hatte. Anspruchsvoll war sie nicht, eigentlich kam es nur darauf an, die Stute ab und zu etwas zu ermuntern, damit sie nicht zu weit hinter dem Pilgerwagen zurückblieb. Daneben hatte ich Zeit genug, mir die Gegend anzusehen, durch die wir fuhren. Wir waren auf unsere alte Straße zurückgekehrt und folgten ihr weiter flußaufwärts.
    Ein schmaler Streifen Bäume säumte das Ufer, und dahinter erstreckte sich welliges, nur mit Büschen und Gestrüpp bewachsenes Terrain. Runsen und Gräben führten quer über unsere Straße zum Fluß. Zu irgendeiner Zeit schien es hier also Wasser gegeben zu haben, vielleicht im Frühling, aber nun war das Land trocken, bis auf den Pulverschnee, der in Fahnen darüber hinwegstäubte wie Sand.
    »Gestern hast du wegen der Vagantin in dich hineingelächelt. Wem gilt das

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