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Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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eingelassen, um der Qual ein Ende zu machen. Doch in solchen Augenblicken brauchte ich mir nur ins Gedächtnis zu rufen, wozu Edel neuerdings imstande war. Das genügte, um jeden Gedanken an Aufgeben im Keim zu ersticken.
    Am vierten Morgen unseres Marsches erhob ich mich in der Gewißheit, daß wir die Grenze überschritten hatten und uns tief im Bergreich befanden. Seit Mondesauge hatte ich kein Anzeichen von Verfolgern bemerkt. Hier, inmitten von Kettrickens Heimatland, konnten wir uns sicher fühlen.
    Wie weit ist es noch bis zu diesem Jhaampe, und was tun wir, wenn wir dort sind?
    Ich weiß nicht, wie weit noch. Und ich weiß auch nicht, was wir tun werden.
    So weit hatte ich bisher nicht gedacht. Zum ersten Mal stellte ich mich den Schwierigkeiten und unbeantworteten Fragen, die sich vor mir auftürmten. Zum Beispiel, wie war es Kettricken ergangen seit jener verhängnisvollen Nacht, in der ich sie gedrängt hatte, aus Bocksburg zu fliehen? Ihr Kind mußte inzwischen geboren sein. Nach meiner Rechnung war es etwa so alt wie meine Tochter. Plötzlich erfüllte mich brennende Neugier. Dieses Kind konnte ich in den Armen halten und mir vorstellen, es wäre mein eigenes.
    Nur, daß Kettricken glaubte, ich sei tot. Auf Edels Befehl hingerichtet und begraben. Mehr war bestimmt nicht an Nachrichten von der Küste bis ins Bergreich gedrungen. Sie war meine Königin und Veritas’ Gemahlin und besaß mein Vertrauen, doch ihr zu offenbaren, warum und wie ich überlebt hatte, bedeutete das gleiche, wie einen Stein in einen Tümpel werfen. Im Gegensatz zu Merle, Krähe oder anderen, die hinter mein Geheimnis gekommen waren, kannte Kettricken mich seit langem, und das verlieh ihren Worten Gewicht. Wenn sie sich äußerte, würde man es nicht als Gerücht oder aus der Luft gegriffen abtun, sondern man würde ihr glauben. Sie konnte zu anderen sagen, die mich gekannt hatten: »Ja, ich habe ihn gesehen, und er lebt. Wie er das bewerkstelligt hat? Nun, mit Hilfe der Alten Macht selbstverständlich.«
    Ich stapfte hinter Nachtauge durch den Schnee und die Kälte und überlegte, was Philia empfinden mochte, sollte ihr diese Neuigkeit zu Ohren kommen. Scham oder Freude? Kummer, daß ich sie nicht eingeweiht hatte? Durch Kettricken hatte ich die ersehnte Möglichkeit, Nachricht an jene zu senden, die mir teuer waren. Auch an Molly und Burrich. Molly... Wie mochte ihr zumute sein, wenn sie aus der Ferne erfuhr, daß FitzChivalric noch lebte, aber nicht den Weg zu ihr gefunden hatte, und daß er überdies mit dem Makel der Alten Macht behaftet war? Wie groß war mein Schmerz gewesen, als ich erfahren hatte, daß sie mir ihre Schwangerschaft verheimlicht hatte. Erst da war mir bewußt geworden, wie betrogen und gekränkt sie sich gefühlt haben mußte, daß sie aus einem Großteil meines Lebens ausgeschlossen geblieben war, daß ich ihr nicht genug vertraut hatte, um sie in meine Geheimnisse einzuweihen. Zu erfahren, was ich noch vor ihr verborgen hatte, den Makel der Alten Macht, tötete womöglich jeden Funken Liebe, den sie noch für mich hegte. Meine Aussichten, mit ihr ein neues Leben anzufangen, waren ohnehin gering, und ich konnte nicht ertragen, sie noch weiter schwinden zu sehen.
    Und all die anderen, die Pferdeknechte, die ich gekannt hatte, meine Rudergefährten an Bord der Rurisk, die einfachen Soldaten in Bocksburg, würden es ebenfalls erfahren. Schon einmal hatte ich den Abscheu in den Augen eines Freundes gesehen. Ich hatte erlebt, wie das Wissen um diesen ›Makel‹ selbst Merles Haltung mir gegenüber verändert hatte. Was würden die Menschen von Burrich denken, daß er einen von denen in seinem Stall beherbergt und geduldet hatte? Würde man auch ihn entlarven? Ich biß die Zähne zusammen. Für alle Beteiligten war es weniger schmerzlich, wenn ich tot blieb. Warum nicht gleich Jhaampe umgehen und meine Suche nach Veritas ohne Säumen fortsetzen? Nur, daß ich ohne Ausrüstung und Proviant ebensowenig Aussicht auf Erfolg hatte, wie Nachtauge hoffen konnte, als Schoßhund angesehen zu werden.
    Und es gab noch einen kleinen Haken. Die Karte.
    Als Veritas von Bocksburg zu seiner Queste aufgebrochen war, war es aufgrund einer Landkarte geschehen. Es war ein altes Dokument, von Kettricken in der Bibliothek von Bocksburg ausgegraben, und es stammte aus den Tagen König Weises, der vor Zeiten die Uralten gesucht und als Verbündete für die Sechs Provinzen gewonnen hatte. Die Details auf der Karte waren verblaßt, doch

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