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Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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zittern«, antwortete er zähneklappernd und fügte hinzu: »Jetzt ist es besser. Der Wolf hält die Kälte ab, die durch die Plane hereinzieht. Und sein Körper wärmt.«
    »Er ist dankbar, weil du ihn in Jhaampe oft gefüttert hast.«
    Der Narr versuchte in der Dunkelheit mein Gesicht zu erkennen. »Wirklich? Ich wußte nicht, daß Tiere ein so langes Gedächtnis haben.«
    Seine Worte brachten mich zum Nachdenken. »Im allgemeinen nicht. Aber heute nacht erinnert er sich daran, daß du ihn gefüttert hast, und ist dankbar.«
    Der Narr hob die Hand und kraulte Nachtauge hinter den Ohren. Der Wolf stieß ein welpenhaftes Brummen des Wohlbehagens aus und schmiegte sich dichter an ihn. Ich konnte mich nicht genug über die Veränderungen wundern, die ich an ihm bemerkte. Mehr und mehr waren sein Verhalten und sein Denken eine Mischung von Mensch und Wolf.
    Ich war zu müde, um länger darüber nachzugrübeln, schloß die Augen und wartete auf den Schlaf. Nach einer Weile kam mir zu Bewußtsein, daß ich steif wie ein Stock dalag, mit zusammengekniffenen Augen und verkrampften Kiefern und von dem ersehnten Schlaf meilenweit entfernt. Dabei wünschte ich mir nichts anderes, als in die warme, dunkle Tiefe des Nicht-denken-Müssens zu versinken, aber die Ängste und Verlockungen der Gabe bedrängten mich derart, daß ich nicht zur Ruhe kam. Ich rückte hin und her, wälzte mich von einer Seite auf die andere, um endlich eine bequeme Lage zu finden, bis Krähe gegenüber mich spitz fragte, ob ich Flöhe hätte. Von da an bemühte ich mich stillzuliegen.
    Ich starrte unter die gewölbte Decke der Jurte, lauschte auf den Wind draußen und auf die Atemzüge meiner Gefährten. Dann schloß ich die Augen und gab meinen Muskeln den Befehl, sich zu entspannen. Wenigstens mein Körper sollte sich erholen. Wenn ich nur endlich schlafen könnte! Doch Gabenträume peinigten mich wie spitze Widerhaken in meinem Gehirn, bis ich glaubte, schreien zu müssen. Die meisten waren grauenhaft. Eine Art Entfremdungszeremonie in einem Küstendorf, ein großes Feuer in einer Grube und Gefangene, die von johlenden Outislandern herangezerrt wurden und zwischen Entfremden und dem Feuertod wählen durften. Kinder schauten zu. Schaudernd lenkte ich meine Gedanken weg von den Flammen.
    Ich atmete gleichmäßig aus und ein und zwang mich, die Augäpfel stillzuhalten. Schlafen. In einer Kammer voller Truhen und Kästen trennte Lacey behutsam kostbare Spitze von einem alten Hochzeitskleid aus weißem Brokat, der im Laufe der Jahre die Farbe von Elfenbein angenommen hatte. Ihre Lippen waren mißbilligend zusammengekniffen, während sie die winzigen Stiche aufzupfte, mit denen der reiche Besatz festgenäht war. »Das wird einen guten Preis bringen«, sagte Philia zu ihr. »Möglicherweise genug, um die Wachtürme einen weiteren Monat zu besetzen. Er würde verstehen, daß wir Opfer bringen müssen, um die Marken zu verteidigen.« Selbst gebeugt drückte ihr schmaler Nacken unter dem hochgesteckten, grauer gewordenen Haar unnachgiebigen Stolz aus. Ihre Finger lösten die Girlanden aus kleinen Perlen am Mieder des Kleides, und die üppigen Stoffkaskaden der weiten Röcke ergossen sich raschelnd über ihren und Laceys Schoß und bis zum Boden. Philia neigte plötzlich wie lauschend den Kopf, einen verwirrten Ausdruck auf dem Gesicht. Ich floh.
    Es kostete mich eine erhebliche Anstrengung, die Augen zu öffnen. Das Feuer in dem kleinen Becken gloste nur noch und verbreitete einen rötlichen Schein. Ich studierte das Gerüst der Stangen, die unsere Zeltplane trugen und zwang mich, tief und gleichmäßig zu atmen. Nur nicht an etwas denken, das mich aus meinem eigenen Leben hinauslockte, nicht an Molly, nicht an Burrich, nicht an Veritas. Ich bemühte mich um ein neutrales Bild, an das ich mich klammern konnte, etwas ohne tiefere Bedeutung für mich. Eine Ebene, eine weite, leere Fläche unter einer weißen Schneedecke, darüber ein sternenklarer Nachthimmel. Gesegnete Stille... Ich sank hinein wie in ein weiches Federbett.
    Ein Reiter kommt, im Galopp, tief über den Nacken des Pferdes gebeugt, treibt er es an. Es vermittelt einen Eindruck schlichter, ungefährlicher Schönheit, dieses Paar: das galoppierende Pferd, der flatternde Umhang des Mannes, fortgeführt im fliegenden Schweif des Tieres. Eine Zeitlang bleibt das Bild unverändert, ein Scherenschnitt von Pferd und Reiter vor einem weißen Hintergrund. Der Rappe läuft gut, mühelos, und der Reiter hat

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