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Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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eine alte Frau mit einem religiösen Interesse an der Person des Narren.«
    »Aber du weißt nicht, welcher Art ihr Geheimnis ist?«
    »Nein. Mir ist nur aufgefallen, daß sie erheblich mehr über die Gabe weiß, als man erwarten könnte. Andererseits, im Lauf eines langen Lebens wird man Wissen mancherlei Art anhäufen. Möglicherweise ist das die Erklärung.« Ich schaute in die Höhe, wo der Wind die Baumwipfel schüttelte.
    »Denkt Ihr, es wird heute nacht schneien?« fragte ich Kettricken.
    »Ziemlich sicher. Und wir können uns glücklich schätzen, wenn es am Morgen aufhört. Vorsorglich sollte jemand gehen und noch mehr Feuerholz sammeln, das wir neben dem Eingang aufstapeln werden. Nein, nicht du. Du gehst ins Zelt. Wenn du verlorengehen solltest, in dieser Dunkelheit und dem Sturm, der uns bevorsteht, finden wir dich niemals wieder.«
    Ich wollte protestieren, aber sie ließ mich gar nicht erst zu Wort kommen. »Mein Gemahl, Veritas, er ist bewanderter in der Gabe als du?«
    »Ja.«
    »Glaubst du, diese Straße würde ihn rufen, wie sie dich ruft?«
    »Ich bin davon überzeugt. Doch er war stets um vieles stärker als ich, sowohl in der Gabe als auch im Eigensinn.«
    Ein trauriges Lächeln krümmte Kettrickens Mundwinkel. »Ja, er war eigensinnig, das kann man wohl sagen.« Plötzlich seufzte sie auf. »Wären wir doch nur einfach ein Mann und eine Frau, weitab vom Meer und auch den Bergen. Wären wir doch nicht so vielen Zwängen ausgesetzt.«
    »Das wünsche ich mir auch«, sagte ich leise. »Ich sehne mich nach Blasen an den Händen von einfacher Arbeit und Mollys Kerzen, die mir den Weg nach Hause weisen.«
    »Ich hoffe, dein Wunsch geht in Erfüllung, Fitz«, antwortete Kettricken ernst. »Ich hoffe es aufrichtig. Aber bis dahin haben wir noch einen langen Weg vor uns.«
    »Das haben wir«, stimmte ich ihr zu. Vielleicht hatten wir nicht Frieden geschlossen, aber zumindest einen Waffenstillstand. Ich bezweifelte nicht, sollten die Umstände es erfordern, würde sie meine Tochter als Thronfolgerin beanspruchen, aber nicht aus Grausamkeit. Sie konnte ihre Ansichten über Pflichterfüllung und Opferbereitschaft nicht ändern; sie waren in ihrer Natur verwurzelt. Kettricken hatte nicht die Absicht, mir Schmerz zuzufügen, indem sie mir mein Kind wegnahm. Um meine Tochter zu behalten, brauchte ich nichts weiter tun, als Veritas zu ihr zurückzubringen.
    An diesem Abend gingen wir später zu Bett, als es uns auf der Reise zur Gewohnheit geworden war. Alle waren müde. Der Narr übernahm die erste Wache, obwohl man ihm die Erschöpfung am deutlichsten anmerkte. Uns anderen machte die Kälte nicht sonderlich viel aus, wenigstens nicht tagsüber, solange wir in Bewegung waren; aber der Narr fror entsetzlich. Die leichte falbe Tönung, die seine Haut angenommen hatte, verlieh ihm das Aussehen einer aus Elfenbein geschnitzten Statue des Jammers. Dennoch ging er ohne ein Wort der Klage dick eingemummt hinaus, um dem schneidenden Wind zu trotzen, während wir uns schlafen legten.
    Der Sturm machte sich anfangs nur in den Baumwipfeln bemerkbar. Losgeschüttelte Nadeln prasselten auf die Lederplane der Jurte, dann kleine Zweige und Ballen gefrorenen Schnees. Die Temperaturen sanken rapide, und die Kälte kroch in jede Öffnung von Decke oder Kleidung. Merles Wache war ungefähr zur Hälfte herum, als Kettricken sie hereinrief; solange der Sturm anhielt, hatten wir von menschlichen Feinden ohnehin nichts zu befürchten. Hinter Merle schlüpfte der Wolf in die Jurte. Zu meiner Erleichterung blieben entschiedene Proteste aus. Als Merle sich beschwerte, er brächte Schnee mit herein, antwortete der Narr, das täte sie auch. Nachtauge kam sofort zu uns und drängte sich zwischen den Narren und die Außenwand, bettete den großen Schädel auf seine Brust und schnaufte tief, bevor er die Augen schloß. Ich spürte einen Stich der Eifersucht.
    Er friert schlimmer als du. Viel schlimmer. Und in der Menschenstadt, wo die Jagd so schlecht war, hat er mir oft von seinem Essen abgegeben.
    Aha. Dann ist er also Clan? fragte ich nicht ohne Belustigung.
    Das solltest du wissen. Er hat dein Leben gerettet, dich von seiner Beute ernährt und seine Höhle mit dir geteilt. Ist er unser Bruder oder nicht?
    Vermutlich schon, gab ich nach einigem Nachdenken zu. So hatte ich die Dinge bisher nicht betrachtet. Unauffällig rückte ich mit meinen Decken dichter an den Narren heran. »Frierst du?« fragte ich ihn.
    »Nur wenn ich aufhöre zu

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