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Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Gegenstand in der Hütte in- und auswendig, und das war neu. Ich nahm es und schnüffelte daran – Burrichs Geruch und mein eigener. Gleich darauf bemerkte ich, was ich getan hatte und schalt mich dafür. Wenn ich nicht Gefahr laufen wollte, zum zweiten Mal der Alten Macht überführt und hingerichtet zu werden, mußte ich anfangen, mich zu benehmen, als beobachteten wachsame Augen jede meiner Bewegungen.
    Es war kein großes Bündel. Es bestand aus einem meiner Hemden, meinem weichen braunen Lieblingshemd, offenbar aus meiner alten Kleiderkiste hervorgeklaubt, und einer Hose. Eingewickelt in das Hemd fand ich einen kleinen Tontopf mit Burrichs Salbe, die er für Schnitte, Verbrennungen und Blutergüsse benutzte. Vier Silberkurante in einer kleinen Lederbörse mit einem aufgestickten Rehbock. Ein stabiler Ledergürtel. Ich starrte auf die eingeprägte Verzierung: ein Rehbock mit kämpferisch gesenktem Gehörn, ähnlich dem Wappen, das Veritas für mich vorgeschlagen hatte. Auf diesem Gürtel wehrte der Bock einen Wolf ab. Eine kaum mißzuverstehende Botschaft.
    Ich zog mich vor dem Feuer um. Einerseits tat es mir leid, Burrichs Besuch verpaßt zu haben, andererseits war ich erleichtert. So, wie ich Burrich kannte, hatte er wahrscheinlich das gleiche gefühlt, als er hier oben angekommen war und feststellte, daß ich nicht da war. Hatte er mir diese anständigen Kleider gebracht, weil er mich überreden wollte, mit ihm zurückzukehren? Oder als einen Gruß auf den Weg? Ich bemühte mich, nicht darüber nachzugrübeln, was seine Absicht gewesen sein mochte oder was er gedacht hatte, als er die Hütte verlassen vorfand. Angezogen fühlte ich mich sehr viel mehr wie ein Mensch. Ich hängte die Börse und das Messer an den Gürtel und legte ihn an, dann zog ich mir einen Stuhl ans Feuer und setzte mich.
    Während die Flammen tanzten und knisterten, gestattete ich mir endlich, über meinen Traum nachzudenken. Etwas schnürte mir die Brust zusammen. War ich ein Feigling? Ich wußte es nicht. Ich war unterwegs nach Burg Fierant, um Edel zu töten. Würde ein Feigling das tun? Vielleicht, flüsterte meine verräterische innere Stimme, vielleicht würde ein Feigling das tun, falls es leichter war, als sich auf die Suche nach seinem König zu machen.
    Ich verbannte den Gedanken aus meinem Kopf, doch er war hartnäckig. Wenn ich Edel tötete, erfüllte ich eine vornehme Pflicht oder tat ich nur das, was ich tun wollte? Und war es wichtig, sich darüber Rechenschaft abzulegen? Ja, denn vielleicht sollte ich mich statt dessen auf die Suche nach Veritas machen.
    Unsinnige Gedankengänge, solange ich nicht wußte, ob Veritas noch lebte.
    Um es herauszufinden, mußte ich zu Veritas denken. Doch ich war nie in der Lage gewesen, verläßlich weitzudenken, dafür hatte Galen gesorgt, als er mit seinen perfiden Quälereien mein starkes natürliches Talent für die Gabe verstümmelte und mir nur Bruchstücke übrigließ, unzuverlässig und vage. Ließ sich daran noch etwas ändern? Ich mußte im Vollbesitz der Gabe sein, wenn ich mit meinem Vorhaben, Edel zu ermorden, nicht an seiner Kordiale scheitern wollte. Ich mußte lernen, sie mir dienstbar zu machen. War die Gabe eine Fähigkeit, die zu beherrschen man sich selbst beibringen konnte? Wie konnte man etwas lernen, von dem man nur die Anfangsgründe kannte? Alles an Potential, an Theorie und Praxis, das Galen weder in mich hinein-, noch aus mir hinausprügeln konnte, das Wissen, das Veritas nie Zeit gehabt hatte, mich zu lehren: wie sollte ich das ohne Hilfe in mir finden? Unmöglich.
    An Veritas zu denken war mir unangenehm. Ein Hinweis, daß ich es tun sollte. Veritas, mein Prinz, nun mein König. Verbunden durch das Blut und die Gabe, kannte ich ihn so genau wie keinen anderen Menschen. Offen für die Gabe sein, hatte er mir eingeprägt, war nichts anderes, als sich nicht gegen sie verschließen. Sein mittels der Gabe geführter Krieg gegen die Korsaren hatte sein ganzes Leben bestimmt, seine Jugend und Kraft aufgezehrt. Er hatte nie die Muße gefunden, mir beizubringen, mein Talent zu kontrollieren, doch wann immer sich die Gelegenheit bot, hatte er mich nach bestem Wissen und Gewissen unterrichtet. Sein Gabenpotential war so groß, daß er sich in meinem Bewußtsein festsetzen und mich für mehrere Tage, sogar Wochen, begleiten konnte. Und einmal, als ich auf dem Stuhl meines Prinzen gesessen hatte, in seinem Arbeitszimmer, vor seinem Schreibtisch, hatte ich zu ihm gedacht. Vor

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