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Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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streifte mich mit einem leeren Blick.
    »Also«, brach ich das düstere Schweigen, »wie war die Jagd?«
    »Wie du siehst.« Kettricken wies auf den Topf und dann gleichgültig auf ein ausgeweidetes Wildschwein. Ich ging hin, um ihre Jagdbeute zu bewundern. Eine kapitale Bache.
    »Gefährliches Wild«, bemerkte ich und hoffte, daß man mir nicht anmerkte, wie entsetzt ich über den Leichtsinn meiner Königin war.
    »Genau, was ich brauchte«, antwortete sie mit leidenschaftsloser Stimme. Ich verstand sie nur zu gut.
    Sie ist eine tüchtige Jägerin. Niemals habe ich mit so wenig Anstrengung soviel Fleisch erbeutet, begeisterte sich Nachtauge. Mit aufrichtiger Zuneigung rieb er seinen Kopf an ihrem Bein. Sie streckte die Hand aus, um ihn sanft an den Ohren zu ziehen; mein Wolf brummte vor Behagen und lehnte sich schwer gegen sie.
    »Ihr verwöhnt ihn«, warnte ich sie zum Spaß. »Er sagt mir, er hat nie mit so wenig Anstrengung soviel Fleisch erbeutet.«
    »Er ist sehr klug. Ich schwöre, er hat mir das Wild zugetrieben. Und er hat Mut. Als mein erster Pfeil nicht tödlich war, hat er die Bache in Schach gehalten, bis ich einen zweiten aufgelegt hatte.« Kettricken redete, als drehten ihre Gedanken sich um nichts anderes. Ich nickte lebhaft zu ihren Worten. Mir war es recht, wenn wir uns über Unverfängliches unterhielten. Doch im selben Atemzug noch fragte sie mich: »Was stimmt mit ihm nicht?«
    Ich wußte, sie meinte nicht den Wolf. »Wer kann das sagen«, antwortete ich vorsichtig. »Er ist lange allein gewesen. Vielleicht so lange, daß sein – daß sein Verstand gelitten hat und...«
    »Nein«, fiel Krähe mir barsch ins Wort, »du bist auf dem Holzweg. Ich gebe zu, er ist müde. Jeder Mensch wäre müde nach dieser gewaltigen Arbeit, die er geleistet hat. Aber...«
    »Du kannst doch nicht ernsthaft glauben, daß er ganz allein diesen Drachen geschaffen hat!« rief ich aus.
    »Doch«, erwiderte die alte Frau im Brustton der Überzeugung. »Es verhält sich genauso, wie er gesagt hat. Er muß es eigenhändig tun, allein, und er hat es getan.« Sie bewegte langsam den Kopf hin und her. »Nie zuvor habe ich von etwas Derartigem gehört. Selbst König Weise hatte die Unterstützung seiner Kordiale oder was davon übrig war, als er diesen Ort erreichte.«
    »Kein Mensch kann eine solche Skulptur mit einem Schwert aus dem Fels hauen«, beharrte ich. Krähe redete dummes Zeug.
    Statt einer Antwort stand sie auf und verschwand in der Dunkelheit. Bei ihrer Rückkehr warf sie mir zwei Gegenstände vor die Füße. Der eine war ein Meißel gewesen, früher einmal. Die Schlagfläche war zu einem Klumpen verformt, die Schneide kaum noch vorhanden. Der andere war ein uralter eiserner Fäustel mit einem verhältnismäßig neuen Holzstiel. »Es liegt noch mehr davon herum. Wahrscheinlich hat er das Werkzeug in der Stadt gefunden, oder es ist hier zurückgelassen worden«, erklärte sie, bevor ich fragen konnte.
    Ich starrte auf den stumpfen Meißel in meiner Hand und dachte an die vielen Monate, die Veritas fortgewesen war. Um einen steinernen Drachen zu schaffen?
    »Ich verstehe das alles nicht«, sagte ich matt.
    Krähe sprach langsam und deutlich, als hätte sie es mit einem Schwachsinnigen zu tun. »Er hat einen Drachen geschaffen und all seine Erinnerungen hineingelegt. Deshalb macht er einen so geistesabwesenden Eindruck, aber nicht nur deshalb. Ich glaube, er hat auf die Gabe zurückgegriffen, um Carrod zu töten, und dabei hat er sich selbst großen Schaden zugefügt.« Sie schüttelte bekümmert den Kopf. »Der Vollendung so nahe zu kommen und dann zu scheitern... Ich frage mich, wie verschlagen Edels Kordiale ist. Haben sie einen der ihren gegen ihn ins Feld geschickt, weil sie wußten, wenn Veritas mit der Gabe tötet, wird es auf ihn selbst zurückschlagen?«
    »Ich kann mir nicht vorstellen, daß einer von der Kordiale sich freiwillig opfern würde.«
    Krähe lächelte bitter. »Wer hat denn etwas von freiwillig gesagt? Er mußte auch nicht wissen, was seine Kumpane für ihn im Sinn hatten. Es ist wie bei dem Spiel, Fitz. Man setzt jeden Stein so ein, daß er den größten Nutzen bringt. Das Ziel ist zu gewinnen, nicht seine Steine zu horten.«

Kapitel 34
Mädchen auf einem Drachen
     
    Schon in der ersten Zeit unserer Scharmützel mit den Roten Korsaren, bevor jemand in den Sechs Provinzen daran dachte, von einem Krieg zu sprechen, erkannten König Listenreich und sein Zweitältester Sohn, Prinz Veritas, daß

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