Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
Vom Netzwerk:
verknotete, fragte ich: »Wie fühlt es sich an?«
    »Das hier?« Er hob die Hände und bewegte die Finger. »Wie die Gabe, nur stärker.«
    Ich sah, daß er glaubte, meine Frage beantwortet zu haben. »Weshalb habt Ihr es getan?«
    »Nun, um den Stein bearbeiten zu können. Mit dieser Macht an meinen Händen muß sich der Stein der Gabe fügen. Außerordentlicher Stein. Wie die Zeugensteine in den Marken, wußtest du das? Nur sind sie nicht annähernd so rein wie der Fels hier. Natürlich, Hände sind armselige Werkzeuge für einen Bildhauer, doch wenn man erst all den Überschuß abgeschlagen hat, bis dorthin, wo der Drache wartet, dann kann man ihn mit einer Berührung zum Leben erwecken. Ich streiche mit den Händen über den Stein und rufe ihm den Drachen in Erinnerung. Und alles, was nicht der Drache ist, splittert ab. Natürlich geht es sehr langsam. Ich habe einen ganzen Tag gebraucht, nur um seine Augen freizulegen.«
    »Aha.« Ich wußte nicht, ob er verrückt war oder ob ich ihm glauben sollte.
    Veritas erhob sich und blieb geduckt stehen, um nicht mit dem Kopf gegen die Zeltstangen zu stoßen. »Ist Kettricken zornig auf mich?« fragte er.
    »Majestät, es ist nicht an mir...«
    »Veritas«, unterbrach er mich müde. »Nenn mich Veritas, und um Edas willen, beantworte die Frage, Fitz.«
    Er hörte sich so genau nach seinem alten Selbst an, daß ich ihn am liebsten in die Arme geschlossen hätte, doch ich sagte nur: »Ich weiß nicht, ob sie zornig ist. Bestimmt ist sie verletzt. Sie hat einen langen und beschwerlichen Weg zurückgelegt, um Euch zu finden, und brachte schmerzliche Nachrichten. Und Euch schien das nicht zu bekümmern.«
    »Es bekümmert mich, immer wenn ich daran denke«, antwortete er. »Wenn ich daran denke, traure ich. Doch es gibt so viele Dinge, an die ich denken muß, und ich kann nicht an alle gleichzeitig denken. Ich habe es gespürt, als unser Sohn starb, Fitz. Wie hätte ich es nicht spüren können? Auch ihn und alles, was ich fühlte, habe ich in den Drachen einfließen lassen.«
    Veritas verließ das Zelt, und ich folgte ihm. Draußen richtete er sich auf, doch er wirkte noch immer gebeugt. Veritas war ein alter Mann geworden, in gewisser Hinsicht sogar älter als Chade. Ich verstand nicht, wie das zugehen konnte, doch es war so. Kettricken hob bei seinem Näherkommen den Kopf. Erst richtete sie den Blick wieder in die Flammen, aber dann stand sie auf und trat zur Seite. Krähe und Merle waren gerade dabei, die Finger des Narren mit Stoffstreifen zu umwickeln. Veritas ging mit festen Schritten auf Kettricken zu. »Meine Königin«, sagte er ernst, »wenn es möglich wäre, würde ich Euch umarmen, doch wie Ihr seht, ist meine Berührung...« Er deutete auf den Narren und ließ den Satz unvollendet.
    Ich hatte den Ausdruck auf ihrem Gesicht gesehen, als sie Veritas von dem toten Kind erzählt hatte, und ich rechnete damit, daß sie sich abwenden würde, um ihm weh zu tun, wie er ihr weh getan hatte. Doch wieder einmal bewies Kettricken ihre Größe. »O mein Gemahl«, sagte sie, und ihre Stimme brach. Veritas hielt die silbernen Arme weit ausgebreitet, und sie flog an seine Brust. Weil er ihre Umarmung nicht erwidern konnte, neigte er den grauen Kopf über das Gold ihrer Haare und hielt die Wange mit dem silbernen Mal von ihr abgewendet. Seine Stimme klang heiser und brüchig, als er fragte: »Hast du ihm einen Namen gegeben? Unserem Sohn?«
    »Ich gab ihm einen Namen gemäß dem Brauch deiner Heimat.« Sie reckte sich zu seinem Ohr. »Opfer«, hauchte sie, kaum daß ich es verstehen konnte. Ich sah, wie ein Schluchzen seine verhärmte Gestalt schüttelte.
    »Fitz!« zischte Krähe scharf. Als ich mich umdrehte, schaute ich in ihr unwirsches Gesicht. »Laß sie allein«, sagte sie mit gedämpfter Stimme. »Statt Maulaffen feilzuhalten, mach dich lieber nützlich. Hol einen Teller für den Narren.«
    Ich hatte die beiden angestarrt, ohne mir dessen bewußt zu sein, jetzt wandte ich mich ab. Einerseits schämte ich mich für meine Taktlosigkeit, andererseits war ich froh, die Gatten wieder vereint zu sehen, wenn auch im Leid. Ich tat wie geheißen und nahm auch mir eine Portion, dann brachte ich dem Narren einen vollen Teller. Er saß da und barg seine rechte Hand im Schoß. Als ich mich neben ihn setzte, hob er den Kopf. »Es färbt auf sonst nichts ab«, klagte er, »weshalb auf meine Finger?«
    »Ich weiß nicht.«
    »Weil du lebendig bist«, sagte Krähe. Sie setzte sich uns

Weitere Kostenlose Bücher