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Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Grenzgefechten mit dem Bergreich? Wird dieser ›Drache‹ auch dem ein Ende machen?« Zorn wallte heiß in mir auf. »Dafür haben wir diesen weiten Weg zurückgelegt? Für ein Märchen, das nicht einmal ein Kind glauben würde.«
    Der Narr hob leicht gekränkt die Augenbrauen. »Glaub’s oder glaub’s nicht, ganz nach Belieben. Ich weiß nur, daß Veritas daran glaubt, und wenn ich nicht sehr irre, Krähe ebenfalls. Weshalb sonst würde sie wohl darauf bestehen, daß wir hierbleiben und Veritas helfen, den Drachen zu vollenden?«
    Das gab mir zu denken, und so fragte ich den Narren: »Dein Traum von Realders Drachen... An was kannst du dich noch erinnern?«
    Er zuckte hilflos die Schultern. »Hauptsächlich an das, was ich gefühlt habe. Ich war heiter und vergnügt, denn ich sollte nicht nur Realders Drachen verkünden, sondern ich sollte mit ihm fliegen dürfen. Ich war ein wenig verliebt in ihn, mußt du wissen. Auf diese federleichte Art, wenn einem das Herz singt. Aber...« Er stockte. »Ich kann mich nicht erinnern, ob es Realder war, den ich liebte, oder der Drache. In meinem Traum verschmolzen sie... Ach, sich Träume ins Gedächtnis rufen ist fast unmöglich. Man muß sie packen, sobald man aufwacht, und sofort noch einmal vor dem inneren Auge vorbeiziehen lassen, damit die Einzelheiten nicht verlorengehen. Sonst verblassen sie so schnell.«
    »Aber in diesem Traum hast du einen steinernen Drachen fliegen sehen?«
    »Ich habe nur das Erscheinen des Drachen verkündet, und ich wußte, daß ich auf seinem Rücken fliegen würde. Gesehen hatte ich ihn noch nicht.«
    »Dann besteht möglicherweise überhaupt kein Zusammenhang mit dem, was Veritas tut. Vielleicht hat es in der Zeit, aus der dein Traum kam, wirkliche Drachen gegeben. Aus Fleisch und Blut.«
    Der Narr beäugte mich neugierig. »Du glaubst nicht, daß es heute noch wirkliche Drachen gibt?«
    »Ich habe nie einen gesehen.«
    »Und in der Ruinenstadt?«
    »Das war eine Vision aus einer anderen Zeit. Du hast gesagt, heute.«
    Der Narr hielt eine schmale, blasse Hand in den Feuerschein. »Ich glaube, mit ihnen verhält es sich wie mit meinesgleichen. Sie und wir sind selten, aber nicht nur Geschöpfe aus der Mythologie. Außerdem, gäbe es keine Drachen aus Fleisch und Blut und Feuer, woher käme dann jemand auf die Idee, Bildnisse von ihnen anzufertigen?«
    Ich schüttelte müde den Kopf. »Diese Unterhaltung bewegt sich im Kreis. Rätsel und Vermutungen und nie etwas Greifbares. Ich will wissen, ob es einen Zweck gehabt hat, diese weite Reise zu unternehmen und was man von uns erwartet, das wir tun sollen.«
    Diese Fragen konnte mir der Narr auch nicht beantworten. Als Krähe und Merle mit dem Holz zurückkehrten, half er mir, das Feuer auszubreiten und das Fleisch so anzubringen, daß in der Hitze das Fett ausbriet. Was zuviel war, legten wir in die Schwarte verpackt zur Seite. Obwohl er sich vor kurzem erst den Bauch vollgeschlagen hatte, holte Nachtauge sich einen Schenkelknochen, um träge daran herumzunagen. Wahrscheinlich hatte er irgendwo abseits einen Teil des reichhaltigen Mahls wieder ausgewürgt.
    So etwas wie zuviel Fleisch in Reserve gibt es nicht, belehrte er mich zufrieden.
    Ich unternahm einige Versuche, Krähe auszuhorchen; doch irgendwie lief alles nur darauf hinaus, daß sie mir einen Vortrag hielt, wie wichtig es sei, von nun an noch besser auf den Narren achtzugeben. Er mußte beschützt werden, nicht allein vor Edels Kordiale, sondern auch vor dem Sog der Gegenstände, die seinen Verstand auf eine Reise ohne Wiederkehr locken konnten, wenn er sie berührte. Aus diesem Grund wollte sie, daß wir in Zukunft gemeinsam Wache hielten. Und der Narr sollte auf dem Rücken schlafen, die Finger nach oben gerichtet, so daß sie nichts berührten. Da er für gewöhnlich zusammengerollt wie ein Igel der Nachtruhe pflegte, war er über dieses Ansinnen nicht eben erfreut. Endlich war alles gesagt und getan, und wir konnten uns hinlegen.
    Meine Wache war die letzte vor Tagesanbruch, doch lange davor kam der Wolf in die Jurte, schob die Nase unter meine Wange und stieß meinen Kopf an, bis ich die Augen aufschlug.
    »Was gibt’s?« fragte ich schlaftrunken.
    Kettricken wandert allein draußen herum und weint.
    Ich bezweifelte, daß sie Wert auf meine Gesellschaft legte. Andererseits war es zu gefährlich, sie da draußen in ihrem Kummer sich selbst zu überlassen. Lautlos schälte ich mich aus den Decken und folgte Nachtauge ins Freie.

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