Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
Vom Netzwerk:
versehen.
    Dann durchfuhr mich ein entsetzlicher Gedanke. Vielleicht besaß der Mann da vorn die Gabe? Nichts hinderte Will daran, sich eine Schar von Handlangern heranzubilden. Er besaß sämtliche Bücher und Schriften Solizitas’, und wenn die Anlage für die Gabe im Volk auch nicht weit verbreitet war, besonders selten war sie auch nicht. Binnen Sekunden hatte meine Phantasie den einen Mann zu einer Armee vervielfältigt, alle wenigstens in geringem Maße fähig, von der Gabe Gebrauch zu machen, und Edel in fanatischer Treue ergeben. Ich lehnte mich an den steinernen Keiler und bemühte mich, trotz der Angst, leise zu atmen, die heiß meinen Körper durchströmte. Für einen Augenblick drohte schwärzeste Verzweiflung mich zu überwältigen. Mir war endlich klargeworden, über welche gewaltigen Ressourcen Edel gebot, die er gegen uns ins Feld führen konnte. Dies war keine Privatfehde zwischen uns. Dies war ein König mit der Armee eines Königs und der Macht eines Königs, und er hatte das Recht, Hochverräter verfolgen und töten zu lassen. Das einzige, was Edel zuvor die Hände gebunden hatte, war die Befürchtung gewesen, es könnte bekannt werden, daß Veritas noch lebte. Jetzt, in dieser entlegenen Gegend, brauchte er keine Skrupel mehr zu haben. Er konnte seine Soldaten benutzen, um seinen Bruder und seinen Neffen zu beseitigen, seine Schwägerin und alle Zeugen. Dann hatte er seine Kordiale, um ihm die Soldaten vom Hals zu schaffen.
    Das alles schoß mir durch den Kopf, wie ein Blitz die dunkelste Nacht erhellt. Ich mußte den Pfeiler erreichen! Ich mußte in den Steinbruch zurückkehren und Veritas warnen. Falls es nicht bereits zu spät war.
    Sobald ich ein Ziel vor mir sah, wurde ich ruhiger. Ich erwog, zu Veritas zu denken, aber nein. Bis ich genauer über den Feind Bescheid wußte, durfte ich kein Risiko eingehen. Ich betrachtete die Situation, als handele es sich um Krähes Spiel. Steine, die man gewann oder aus dem Feld schlug. Der Mann befand sich zwischen mir und dem Pfeiler. Gut. Blieb nur herauszufinden, ob er allein war, und falls nicht, mit wie vielen Gegnern ich es zu tun hatte. Ich zog mein Gürtelmesser, atmete noch einmal tief durch, und dann setzte ich mich in Bewegung.
    Ich hatte eine einigermaßen gute Vorstellung der Örtlichkeit, und sie kam mir gut zupaß, als ich von dem Drachen, jede Deckung ausnutzend, zu dem alten Baumstumpf huschte. Bevor es ganz dunkel geworden war, wußte ich, daß ich drei Mann gegenüberstand, und sie schienen den Pfeiler zu bewachen. Nicht anzunehmen, daß sie hier waren, um mich zu jagen. Sie hatten den Auftrag, dafür zu sorgen, daß niemand außer Edels Kordiale den Pfeiler benutzte. Ich hatte ihre Spuren gefunden, die von der Gabenstraße herführten, frische Spuren; die Männer waren erst vor kurzem eingetroffen. Man konnte also davon ausgehen, daß sie die Gegend besser kannten als ich und daß sie nicht über die Gabe verfügten, da sie den langen Weg genommen hatten. Doch vermutlich handelte es sich um besonders fähige Soldaten. Um unliebsamen Überraschungen vorzubeugen, beschloß ich, das Schlimmste anzunehmen, daß nämlich Will und Burl ganz in der Nähe waren und urplötzlich aus dem Pfeiler auftauchen konnten. Aus diesem Grund hielt ich meine Schutzwehren fest geschlossen. Und ich wartete. Wenn ich nicht zurückkam, mußte Veritas ahnen, daß etwas Unvorhergesehenes geschehen war. Allerdings glaubte ich nicht, daß er so leichtsinnig sein würde, durch den Pfeiler zu kommen, um mich zu suchen. Nein, er würde seinen Drachen nicht so lange allein lassen. Aus dieser Bredouille mußte ich mich ohne Hilfe befreien.
    Bei Einbruch der Dunkelheit kamen die Insekten hervor. Heerscharen beißender, stechender, krabbelnder Insekten und natürlich die eine Stechmücke, die sich nicht davon abbringen ließ, dicht an meinem Ohr herumzusurren. Bodennebel stieg auf und zog feucht in meine Kleider. Die Soldaten hatten ein kleines Feuer entzündet. Der Duft von Haferkuchen wehte zu mir herüber, und ich fragte mich, ob es mir wohl gelingen könnte, sie zu töten, bevor sie alles aufgegessen hatten. Ich griente und pirschte mich lautlos ein Stück näher heran. Nacht und ein Lagerfeuer und Abendessen bedeuteten im allgemeinen Unterhaltung. Diese Männer sprachen wenig und wenn, dann mit gedämpfter Stimme. Ihnen gefiel dieser Auftrag nicht. Auf der langen schwarzen Straße hatten einige von ihnen den Verstand verloren. Und jetzt bei diesen steinernen Drachen

Weitere Kostenlose Bücher