Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
Vom Netzwerk:
würde. Aus Gewohnheit fegte ich trotzdem weiter. Ich kehrte die Asche aus dem Kamin und stapelte frisches Brennholz auf. Falls jemand vorbeikommen und einen Unterschlupf brauchen sollte, würde er alles bereit finden. Meine inzwischen getrocknete Kleidung und alles, was ich mitnehmen wollte, baute ich auf dem Tisch auf. Es war erbärmlich wenig, wenn man bedachte, daß es sich um die Gesamtheit meiner irdischen Güter handelte, aber es war mehr als genug, um es auf dem Rücken zu tragen. Ich ging zum Bach hinunter, um zu trinken und mich zu waschen, bevor ich alles zu einem handlichen Packen verschnürte.
    Auf dem Rückweg zur Hütte überlegte ich, wie Nachtauge es aufnehmen würde, daß ich bei Tag reisen wollte.
    Irgendwie hatte ich meine zweite Hose auf der Schwelle fallen lassen. Ich bückte mich beim Eintreten, hob sie auf und warf sie auf den Tisch. Dann merkte ich, daß ich nicht allein war.
    Das Kleidungsstück auf der Schwelle hätte mich warnen sollen, doch ich war unvorsichtig geworden. Es war zu lange her, seit jemand mich hatte überrumpeln können. Ich verließ mich darauf, daß mein besonderes Gespür sich meldete, wenn jemand in meine Nähe kam. Entfremdete aber ließen sich damit nicht wahrnehmen. Weder die Alte Macht noch die Gabe vermochten etwas gegen sie auszurichten. Es waren zwei, beides junge Männer und noch nicht lange entfremdet, nach ihrem Äußeren zu urteilen. Ihre Kleidung war noch in ziemlich gutem Zustand, sie sahen schmutzig aus, aber nicht so verlottert und verroht wie ihresgleichen sonst.
    Die meisten meiner Zusammenstöße mit Entfremdeten hatten im Winter stattgefunden, und sie waren von Kälte und Entbehrungen geschwächt gewesen. Zu meinen Pflichten als König Listenreichs Assassine gehörte es, die Gegend um Bocksburg von ihnen freizuhalten. Wir hatten nie herausfinden können, über welche düstere Magie die Roten Korsaren verfügten, daß sie Menschen aus ihrem Heim, von ihren Familien wegschleppen konnten und als seelenlose Unholde wieder aus der Gefangenschaft entließen. Wir wußten nur, die einzige Heilung war ein gnädiger Tod. Die Entfremdeten waren der grausigste der Schrecken, mit denen die Korsaren uns heimsuchten. Unser eigen Fleisch und Blut ließen sie uns als Plage zurück, lange nachdem ihre Schiffe wieder verschwunden waren, und stellten uns vor eine furchtbare Wahl: Dem Bruder ins Angesicht schauen und wissen, er schreckte nicht vor Raub, Mord und Vergewaltigung zurück, um zu bekommen, was er wollte? Oder das Messer nehmen und Jagd auf ihn machen und ihn töten?
    Ich hatte die zwei beim Fleddern meiner Habseligkeiten gestört. Sie stopften sich mit Trockenfleisch voll. Dabei beäugten sie sich gegenseitig mißtrauisch. Entfremdete schlossen sich häufig zu Gruppen zusammen, doch es gab keinen engen Zusammenhalt zwischen ihnen. Vielleicht entsprang das Verlangen nach Gesellschaft lediglich der Gewohnheit. Ich hatte erlebt, daß sie sich wegen irgendwelchem Plunder totschlugen, oder auch nur, wenn sie hungrig genug waren. Doch nun richteten die beiden ihre Blicke auf mich, lauernd. Ich erstarrte. Einen Augenblick lang rührte sich keiner von uns.
    Sie hatten den Proviant und alles, was sich zu stehlen lohnte. Es gab für sie keinen Grund, mich anzugreifen, solange ich sie nicht herausforderte. Schritt für Schritt wich ich zurück und achtete darauf, meine Hände stillzuhalten. Wie bei der unvermuteten Begegnung mit einem Bären vermied ich es, ihnen in die Augen zu sehen, während ich mich vorsichtig aus ihrem Territorium zurückzog. Fast war ich im Freien, als einer die schmutzige Hand hob und auf mich zeigte. »Träumt zu laut!« beschwerte er sich aufgebracht. Beide ließen ihre Beute fallen und sprangen mich an.
    Ich fuhr herum – nur weg hier! – und prallte mit einem dritten zusammen, der eben zur Tür herein wollte. Er trug mein zweites Hemd und nicht viel mehr. Sofort schlang er die Arme um mich und hielt mich fest. Ich zögerte nicht; das Messer ziehen und es ihm in den Leib stoßen war eins. Aufheulend ließ er mich los und krümmte sich vor Schmerzen. Ich drängte mich an ihm vorbei.
    Bruder! rief ich mit meinen Gedanken und wußte, Nachtauge kam; aber er war zu weit entfernt, oben auf dem Hügel. Jemand sprang mir auf den Rücken und warf mich zu Boden. Schreiend bäumte ich mich unter ihm auf, als schlagartig sämtliche Erinnerungen an Edels Kerker in mir erwachten. Panik durchflutete mich wie heißes Gift.
    Wie in einem Alptraum war ich

Weitere Kostenlose Bücher