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Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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unfähig, mich zu bewegen. Mein Herz raste, ich konnte nicht atmen, und meine Hände waren gefühllos. Ich spürte nicht, ob ich mein Messer noch umklammert hielt oder längst verloren hatte. Die Finger des Entfremdeten umfaßten meine Kehle. Ich schlug blindlings um mich, besessen von dem Gedanken an Flucht, dem Wunsch, diesem Würgegriff zu entkommen. Sein Spießgeselle rettete mich, mit einem heftigen Tritt, der mich nur streifte, aber den Mann über mir mit voller Wucht in die Rippen traf. Ich hörte ihn hustend den Atem ausstoßen, und mit einer verzweifelten Kraftanstrengung vermochte ich ihn abzuschütteln. Ich warf mich herum, kam auf die Füße und floh.
    Ich lief, angespornt von einer Angst, die so groß war, daß sie mein Denken lähmte. Schritte eines Verfolgers hinter mir, und ich glaubte, auch noch den zweiten näher kommen zu hören. Aber ich kannte die Wege und Stege hier so genau wie mein Wolf. Ich zog sie hinter mir her, den steilen Hügel hinter der Hütte hinauf, und bevor sie den Kamm erreichten, hatte ich ein Versteck gefunden. Den heftigen Stürmen des letzten Winters war eine Eiche zum Opfer gefallen; im Stürzen hatte sie ihren gewaltigen Wurzelballen aus der Erde gewuchtet und mehrere kleinere Bäume mitgerissen. Brombeeren hatten die so entstandene Schneise erobert und den Verhau aus Ästen, Zweigen und Wurzeln überwuchert. Ich warf mich auf den Bauch, zwängte mich dort, wo das Gestrüpp am dornigsten war, ins Halbdunkel unter dem Eichenstamm und lag still.
    Ich hörte die zornigen Rufe der Entfremdeten, als sie nach mir suchten, und von Panik erfüllt, errichtete ich in Windeseile die Schutzwälle um mein Bewußtsein, »Träumt zu laut«, hatte der Entfremdete sich beklagt. Vielleicht berührte die Ausstrahlung der Gabe etwas in ihnen und erinnerte sie an alles, was sie verloren hatten... und weckte in ihnen die Lust, jeden zu töten, der noch zu fühlen imstande war? Möglicherweise.
    Bruder?
    Nachtauge, durch irgend etwas gedämpft oder aus sehr großer Entfernung. Ich wagte es, mich ihm ein wenig zu öffnen.
    Mir geht es gut. Wo bist du?
    Genau hier. Ich hörte ein Rascheln, und plötzlich war er bei mir und schob sich auf dem Bauch in mein Versteck. Er stieß mich mit der Nase an. Bist du verletzt?
    Nein. Ich bin weggelaufen.
    Klug gehandelt, bemerkte er, und ich konnte spüren, daß er es ernst meinte.
    Doch ich spürte auch seine Verwunderung. Nie zuvor hatte er mich vor Entfremdeten die Flucht ergreifen sehen. Seite an Seite hatten wir uns ihnen gestellt und gekämpft. Nun, damals war ich gut bewaffnet und gut genährt, meine Gegner hingegen waren halb tot vor Hunger und Kälte gewesen. Drei gegen einen und nur ein Messer als Waffe sind ein schlechtes Kräfteverhältnis, auch wenn man weiß, daß ein Wolf als Retter naht. Feigheit hatte nichts damit zu tun. Jeder Mensch hätte so gehandelt. Das sagte ich mir immer und immer wieder.
    Alles ist gut, beruhigte Nachtauge mich. Willst du dies Versteck nicht verlassen?
    Gleich. Sobald sie fort sind.
    Sie sind schon lange fort. Sie sind gegangen, als die Sonne hoch am Himmel stand.
    Ich will nur sicher sein.
    Ich bin sicher. Ich bin ihnen ein Stück gefolgt. Komm mit nach draußen, kleiner Bruder.
    Ich ließ mich von ihm überreden, das Dornengestrüpp zu verlassen. Als ich mich draußen aufrichtete, stellte ich fest, daß die Sonne schon tief im Westen stand. Wie viele Stunden hatte ich in meinem Versteck gehockt, mit abgeschotteten Sinnen, wie eine Schnecke in ihrem Haus? Ich klopfte mir Blätter und Erde von meinen erst gestern gewaschenen Kleidern. Da war auch Blut, das Blut des jungen Mannes in der Türöffnung. Schon wieder Waschtag, dachte ich benommen. Ich stellte mir vor, wie ich Wasser holte, heiß machte, die Blutflecken aus dem Stoff rieb und dann wußte ich, daß es mir nicht möglich war, wieder in diese Hütte zu gehen, die mir jetzt vorkam wie eine Falle.
    Aber meine wenigen Besitztümer befanden sich dort – oder was immer die Entfremdeten davon übriggelassen hatten.
    Bei Mondaufgang hatte ich den Mut gefunden, mich wieder dem Ort des Überfalls zu nähern. Es war ein voller Mond, der am Himmel stand und die weitläufige Grasfläche vor der Hütte beschien. Eine Zeitlang kauerte ich auf dem Hügelkamm, spähte hinunter und hielt nach Schatten Ausschau, die sich vielleicht bewegen könnten. Im hohen Gras dicht neben dem Eingang lag ein Mann. Ich starrte ihn lange an und wartete auf eine Bewegung.
    Er ist tot. Man kann

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