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Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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den Schmerz, den sie fühlte, und zog mit einer ruhigen, aber kraftvollen Bewegung an ihrem Unterarm, bis er gerade zu sein schien. Sie schrie natürlich, denn ein bißchen Tee konnte solche Schmerzen nicht betäuben, aber sie hielt still. Tränen strömten über ihre Wangen, und ihr Atem ging keuchend, während ich ihren Arm schiente und verband. Ich zeigte ihr, wie sie ihn vor der Brust tragen sollte, in ihr Wams geschoben, um ihn ruhigzustellen. Dann gab ich ihr noch einen Becher Tee und wandte mich Josh zu.
    Er hatte einen Schlag auf den Kopf erhalten, doch ihm war nur für einen Augenblick schwarz vor Augen geworden, nichts weiter. Ich ertastete eine Schwellung, und er zuckte bei der Berührung zusammen, aber die Kopfhaut war nicht aufgeplatzt, deshalb konnte ich ihm nur raten, die Stelle mit Wasser zu kühlen und von dem schmerzlindernden Tee zu trinken. Er dankte mir, und ich war beschämt. Dann schaute ich Imme an, die mich über das Feuer hinweg mit Katzenaugen beobachtete. »Und was ist mit dir?« fragte ich.
    »Am Schienbein habe ich einen großen Bluterguß von seinem Knüppel. Und er hat mir den Hals und die Brüste zerkratzt, als er versuchte, meine Bluse zu zerreißen. Aber ich komme schon selbst zurecht, vielen Dank – Cob. Wenig Dank gebührt dir dafür, daß ich überhaupt noch am Leben bin.«
    »Imme!« sagte Josh mit gefährlich leiser Stimme, die ebensoviel Müdigkeit ausdrückte wie Unwillen.
    »Er ist weggelaufen, Vater. Er hat seinen Mann niedergeschlagen, und dann ist er weggelaufen. Hätte er uns geholfen, wäre all das nicht passiert. Nicht Melismas gebrochener Arm, nicht deine zerschmetterte Harfe. Er hat uns im Stich gelassen.«
    »Aber er ist zurückgekommen. Nicht auszudenken, wie es uns ergangen wäre, hätte er das nicht getan. Gut, wir haben einigen Schaden davongetragen, aber du kannst ihm dankbar dafür sein, daß du noch lebst.«
    »Ich danke ihm für gar nichts«, erklärte sie bitter. »Hätte er sich früher auf seinen Mut besonnen, hätten wir nicht unseren Lebensunterhalt verloren. Was haben wir denn noch? Einen Harfner ohne Harfe, und eine Flötenspielerin, die den Arm nicht heben kann, um ihr Instrument zu halten.«
    Ich stand auf und ging weg. Auf einmal war ich zu müde, um ihre Vorwürfe anzuhören, und viel zu sehr von meiner Minderwertigkeit überzeugt, um auch nur den Versuch einer Rechtfertigung zu unternehmen. Statt dessen schleifte ich die beiden Toten von der Straße auf den Streifen Wiese an der Flußseite. In der tiefer werdenden Dunkelheit stieg ich noch einmal den bewaldeten Hang hinauf und suchte Nachtauge. Er hatte seine Verletzungen bereits besser versorgt, als es mir möglich gewesen wäre. Ich kämmte mit den Fingern durch sein Fell und zupfte heraus, was von dem Brombeergestrüpp darin hängengeblieben war. Eine Weile blieb ich neben ihm sitzen, er legte den Kopf auf mein Knie, und ich kraulte seine Ohren – mehr Kommunikation brauchten wir nicht. Schließlich stand ich auf, packte den dritten Toten unter den Achseln und schleifte ihn ebenfalls zu dem ruhigen Plätzchen neben der Straße, so daß er wieder mit seinen beiden Spießgesellen vereint war. Ohne Gewissensbisse durchsuchte ich ihre Börsen und Taschen. Bei zweien fand ich nur eine Handvoll kleiner Münzen, aber der Mann mit dem Schwert hatte zwölf silberne Kuranten in seiner Geldkatze. Ich zog sie ihm vom Gürtel und tat die Kupfergroschen mit hinein. Außerdem nahm ich mir seinen abgewetzten Schwertgurt mit der Scheide und hob das Schwert von der Straße auf. Anschließend trug ich Steine zusammen und häufte über den Toten einen Grabhügel auf. Über dieser Arbeit wurde es Nacht, aber der fast volle Mond stand am Himmel und spendete soviel Licht, daß ich zum Fluß hinuntergehen konnte, um mir Hände, Arme und Gesicht zu waschen. Ich zog mein Hemd aus, rieb im Wasser das Blut heraus und zog es wieder an, kalt und feucht wie es war. Im ersten Augenblick empfand ich es als angenehm kühlend an meinem zerschlagenen Körper, aber dann begann ich zu frieren, und meine Muskeln wurden steif.
    Ich kehrte zu dem kleinen Feuer zurück, dessen Schein über die Gesichter der Umsitzenden huschte. Bei ihnen angelangt, griff ich nach Joshs Hand und legte die Geldkatze hinein. »Vielleicht hilft euch das über die Zeit hinweg, bis du dir eine neue Harfe kaufen kannst«, sagte ich zu ihm.
    »Willst du mit dem Geld von Toten dein Gewissen erleichtern?« höhnte Imme.
    Mein straff gespannter Geduldsfaden

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