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Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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zerriß. »Nimm einfach an, daß sie noch am Leben sind, denn nach dem Gesetz der Marken müßten sie euch eine Entschädigung zahlen«, schlug ich vor. »Und wenn dir das nicht in den Kram paßt, wirf das Geld meinetwegen in den Fluß.« So, wie sie mich vorher ignoriert hatte, schenkte ich ihr jetzt keine Beachtung mehr, sondern setzte mich hin und wickelte den Schwertgurt auseinander. Nachtauge hatte recht gehabt: Sein Besitzer war erheblich größer und schwerer gewesen als ich. Ich legte den Riemen auf ein Stück Holz und bohrte mit der Messerspitze ein weiteres Loch hinein. Das getan, stand ich auf und legte ihn an. Es war ein gutes Gefühl, das Gewicht der Waffe an der Seite zu spüren. Ich zog die Klinge heraus und prüfte sie im Licht des Feuers. Kein Meisterstück der Schmiedekunst, aber brauchbar und solide.
    »Wo hast du das her?« fragte Melisma. Ihre Stimme klang zittrig.
    »Von dem dritten Entfremdeten, oben ihm Wald«, antwortete ich kurz und schob es zurück in die Scheide.
    »Wovon redet ihr?« wollte Harfner Josh wissen.
    »Von einem Schwert.«
    Josh wandte mir seine milchigen Augen zu. »Da war ein dritter Mann im Wald, mit einem Schwert?«
    »Ja.«
    »Und du hast es ihm weggenommen und ihn getötet?«
    »Ja.«
    Er atmete schnaufend ein und nickte. »Als wir uns begrüßten, merkte ich sofort, das war nicht die Hand eines Schreibers, die ich drückte. Vom Halten einer Feder bekommt man nicht solche Schwielen und nicht einen solchen Griff. Du siehst, Imme, er ist nicht weggelaufen, er ist nur...«
    »Es wäre gescheiter gewesen, erst uns zu helfen«, beharrte sie stur.
    Ich schnürte mein Bündel auf, schüttelte meine Decke aus und legte mich hin. Ich hatte Hunger, aber daran ließ sich nichts ändern, und gegen meine bleierne Müdigkeit hatte ich kein Mittel.
    »Willst du jetzt schlafen?« fragte Melisma. Die Angst überwand die von den Kräutern verursachte Benommenheit und spiegelte sich auf ihrem Gesicht.
    »Ja.«
    »Und wenn noch mehr Entfremdete kommen?«
    »Dann bleibt es Imme überlassen, sie zu töten, in der ihr genehmen Reihenfolge«, antwortete ich sarkastisch. Ich rückte mich zurecht, bis ich das Schwert griffbereit hatte, ohne daß es mich drückte, und schloß die Augen. Die Geräusche verrieten mir, daß Imme langsam aufstand und begann, für die anderen das Bettzeug bereitzulegen.
    »Cob?« fragte Josh leise. »Hast du etwas von dem Geld für dich behalten?«
    »Ich glaube nicht, daß ich in nächster Zeit Geld brauchen werde.« Ich verschwieg ihm, daß mir die Lust auf menschliche Gesellschaft vorläufig vergangen war. Ich hatte keine Lust, ständig etwas erklären oder mein Tun rechtfertigen zu müssen. Auf ihr Verständnis konnte ich verzichten.
    Halb schlafend spürte ich hinaus zu Nachtauge. Wie ich, war er hungrig, hatte sich aber entschlossen, lieber zu ruhen. Morgen abend bin ich wieder frei, und wir können jagen, versprach ich ihm. Er seufzte zufrieden, und ich erkannte, daß er gar nicht so weit entfernt war. Mein Feuer war für ihn ein Funke zwischen den Bäumen unter ihm. Jetzt legte er den Kopf auf die Vorderpfoten.
    Ich war ausgebrannter, als ich gedacht hatte. Meine Gedanken machten sich selbständig, zerflatterten. Ich ließ alles fahren und trieb davon, weg von den Schmerzen, die meinen Körper peinigten. Molly, dachte ich sehnsüchtig. Molly. Aber ich fand sie nicht. Irgendwo schlief Burrich auf einer Pritsche vor einem Herdfeuer. Ich sah ihn, und es war beinahe, als berührte ich ihn mit der Gabe, aber ich konnte die Vision nicht festhalten. Der Feuerschein beleuchtete die Züge seines Gesichts, er war dünner geworden und braungebrannt von der stundenlangen Arbeit auf dem Feld. Langsam schwebend, entfernte ich mich von ihm. Die Wellen der Gabe schlugen gegen mein Bewußtsein; doch ich vermochte sie nicht zu fassen und zu lenken.
    Als meine Träume Philia streiften, war ich bestürzt, sie in einem Privatgemach mit Lord Vigilant zu finden. Er machte den Eindruck eines in die Enge getriebenen Tieres. Eine junge Edelfrau in einem wunderschönen Gewand war augenscheinlich ebenso konsterniert wie er über Philias Eindringen. Sie war mit einer Karte bewaffnet und überschüttete die beiden mit einem Redeschwall, während sie ein Tablett mit Wein und Konfekt zur Seite schob, um das Pergament auf dem Tisch ausbreiten zu können. »Ich habe Euch beobachtet, Lord Vigilant, und Euch weder dumm noch hasenherzig gefunden. Daher muß ich annehmen, daß Ihr unwissend seid.

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