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Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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arbeitete? Hatte er für einen Augenblick den Geruch von Blut und Staub in der Nase, statt den satten Duft der Erde, die er mit der Hacke aufwühlte, um die reifen Knollen einzusammeln? Richtete Molly sich vom Waschtrog auf, stemmte die Hände in den schmerzenden Rücken und schaute sich fragend um, erstaunt über das plötzliche Gefühl von Verlassenheit? Zupfte ich an Veritas’ ausgelaugtem Bewußtsein, lenkte Philia für einen Augenblick vom Sortieren der Kräuter auf den Darrebrettern ab, ließ Chade die Stirn runzeln, während er eine Schriftrolle zur Seite legte und nach der nächsten griff? Wie eine Motte am erleuchteten Fenster stieß ich flatternd gegen ihr Bewußtsein. Ich sehnte mich nach der Wärme der Zuneigung, die ich als selbstverständlich hingenommen hatte. Beinahe war mir, als hätte ich sie erreicht, die Freunde, die Liebe von einst, nur um mich erschöpft in mir selbst wiederzufinden, im Staub der Straße, besudelt mit dem Blut von drei toten Männern.
    Sie stieß mit der Fußspitze gegen den Boden und überschüttete mich mit einem Hagel von Erdgrus.
    Ich hob den Blick. Im erstem Augenblick sah ich Imme nur als dunkle Silhouette vor dem Rot der untergehenden Sonne. Dann blinzelte ich und erkannte den Ausdruck von Abscheu und Zorn auf ihrem Gesicht. Ihre Kleider waren zerfetzt, ihre Haare wirr und staubig. »Du bist weggelaufen!« Ich konnte bis in die letzte Faser spüren, wie abgrundtief sie mich für meine Feigheit verachtete. »Du bist weggelaufen und hast uns seinem Mutwillen ausgeliefert. Melisma hat er den Arm gebrochen, meinen Vater niedergeschlagen, und mich hätte er beinahe vergewaltigt. Was für eine Sorte Mann bist du? Was für ein Mann hat so wenig Ehre im Leib?«
    Darauf gab es tausend Antworten und keine. Die Leere in meinem Innern versicherte mir, daß Worte nichts helfen würden, also erhob ich mich stumm und ging, von ihrem Blick verfolgt, zu der Stelle, wo mein Bündel lag. Es schien Stunden her zu sein, seit ich es fallen gelassen hatte, um die Entfremdeten mit dieser Beute vielleicht zufriedenzustellen. Jetzt hob ich es auf und kehrte damit zu Melisma und Josh zurück, der sie zu trösten versuchte. Imme, trotz allem mit klarem Kopf, hatte ihren Packen geöffnet. Joshs Harfe war ein Gewirr aus zersplittertem Holz und verknäulten Saiten. Melisma würde erst wieder Flöte spielen, wenn ihr Arm geheilt war, und das konnte Wochen dauern. So standen die Dinge, und ich tat, was ich konnte, um das Beste daraus zu machen.
    Was mir übrigblieb, war die Rolle des Feldschers, der nach der Schlacht die Verwundeten versorgt. An einer geeigneten Stelle neben der Straße zündete ich ein Feuer an und hängte einen Kessel Wasser darüber. Ich suchte die Kräuter heraus, die geeignet waren, Melisma zu beruhigen und ihre Schmerzen zu lindern. Ich sammelte trockene Zweige und schnitzte sie zurecht, um damit ihren Arm zu schienen. Und oben am Hang im Wald? Es schmerzt, mein Bruder, aber die Wunde ist nicht tief. Dennoch, sie reißt auf, wenn ich mich bewege. Und Dornen! Ich bin so voller Dornen wie ein Aas voller Fliegen.
    Ich werde gleich kommen und dich davon befreien.
    Nein. Ich kann mir selbst helfen. Kümmere dich um die anderen. Er legte eine Pause ein. Mein Bruder, wir hätten fliehen sollen.
    Ich weiß.
    Weshalb kam es mich so hart an, zu Imme zu gehen und sie zu fragen, ob sie ein Stück Tuch hatte, um die Schienen an Melismas Arm zu befestigen? Sie ließ sich nicht dazu herab, mir zu antworten, aber Josh reichte mir stumm die aus weichem Stoff bestehende Umhüllung seiner Harfe. Imme verachtete mich, Josh wirkte völlig verstört, und Melisma litt solche Schmerzen, daß sie mich kaum zur Kenntnis nahm. Irgendwie brachte ich alle dazu, mit mir zum Feuer zu gehen. Melisma mußte ich führen und stützte mit der freien Hand ihren Arm. Ich half ihr, sich hinzusetzen und gab ihr einen Becher von dem Tee, den ich zubereitet hatte. Meine Worte richteten sich in erster Linie an Josh, als ich erklärte: »Ich kann den Knochen geraderichten und schienen. Das habe ich schon bei Männern getan, die im Kampf verwundet wurden. Aber ich behaupte nicht, ein Heiler zu sein. Wenn wir in die nächste Stadt kommen, stellt sich vielleicht heraus, daß der Bruch nochmals gerichtet werden muß.«
    Josh ruckte schwer. Wir wußten beide, daß es keine andere Lösung gab. Also kniete er sich hinter Melisma und hielt ihre Schultern fest. Imme umfaßte mit beiden Händen ihren Oberarm. Ich wappnete mich gegen

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