Die Legende von Carter Prewitt
Treck über das Gebirge führt«, so ergriff wieder Buck das Wort.
»Er ist fest davon überzeugt, jemand zu finden«, erwiderte Carter Prewitt. »Ich werde mich noch einmal mit dem Prediger unterhalten. – Mutters Zustand bereitet mir Sorgen. Wenn sich ihre Gesundheit nicht bessert, ist es fraglich, ob wir den Trail nach Westen wagen können.«
»Deiner Mutter kann niemand mehr helfen, Carter«, murmelte der alte Cowboy. »Sie wird das Frühjahr nicht erleben. Ich habe mit dem Doc gesprochen. Ihr Herz ist ausgesprochen schwach. Es kann jede Stunde zu schlagen aufhören. Das alles war zuviel für sie. Der Mord an Amos, der Verlust der Ranch, die Sorgen um dich …«
Carter Prewitt starrte auf einen unbestimmten Punkt an der Wand. Er wollte sich nicht mit dem Gedanken abfinden, dass seine Mutter in einem kalten Grab in Colorado zurückbleiben sollte. Aber er musste es akzeptieren, dass er die Vorsehung nicht beeinflussen konnte und den Schlägen des Schicksals nichts entgegenzusetzen hatte. Gedehnt sagte er: »Der Wille Gottes geschehe. Wobei ich mich frage, ob Gott wirklich so gerecht ist, wie es behauptet wird. Ich hege Zweifel.«
»Versündige dich nicht, Carter«, flüsterte Joana und bekreuzigte sich.
*
Am folgenden Tag suchte Carter Prewitt das Auswandererlager auf. Er traf den Prediger. Sie setzten sich bei dessen Fuhrwerk ans Feuer. Über den Flammen briet in einer Pfanne ein dickes Stück Fleisch. Heather McGregor, die Tochter des Predigers, setzte sich zu ihnen. Die Zwanzigjährige hatte blonde, lange Haare und blaue Augen. Freundlich lächelte sie Carter Prewitt an. »Sie möchten sich uns anschließen«, sagte sie mit wohlklingender Stimme. Es war keine Frage, sondern eine Feststellung.
»So ist es, Miss. Das ist der Grund, weshalb ich mit Ihrem Vater sprechen muss.«
»Dann lassen Sie mal hören, was Sie auf dem Herzen haben, Prewitt«, forderte ihn der Prediger auf, zu sprechen. Sein Blick war durchdringend. Carter Prewitt fühlte sich einer intensiven Prüfung unterzogen.
»Zunächst will ich Ihnen sagen, Mister McGregor, dass wir bereit sind, bis zum Frühjahr hier in Denver zu warten, bis der Treck aufbricht.«
»Das ist vernünftig. Alleine würden Sie es nicht schaffen, und im Winter ist es eine Unmöglichkeit, über die Berge zu ziehen. Sie würden kläglich – verzeihen Sie die Formulierung – vor die Hunde gehen.«
»Meine Mutter ist schwer krank. Es ist nicht zu erwarten, dass sie wieder gesund wird.« Carter Prewitt zuckte ergeben mit den Schultern. »Sie wird wohl sterben. Der Doc gibt ihr keine Chance.«
»Die Ratschlüsse unseres Herrn sind unerforschlich«, erklärte der Prediger. »Vertrauen Sie auf ihn, Prewitt. Er wird Sie nicht im Stich lassen.«
»Was benötigen wir an Ausrüstung?«, fragte Carter Prewitt und wechselte das Thema. Sein Glaube war längst ins Wanken geraten. Aber darüber wollte er sich mit McGregor nicht auseinandersetzen.
»Wie viele Personen werden Sie sein?«
»Fünf. Drei Männer und zwei Frauen.«
»Worauf wollen Sie in Oregon Ihre Existenz begründen?«
»Viehzucht«, antwortete Prewitt einsilbig.
»Rinder können wir nicht mitnehmen«, erklärte der Prediger. »Lediglich Ochsen, die wir vor die Fuhrwerke spannen, und ein paar Milchkühe.«
»Ich werde die Rinder für die Zucht in Oregon beschaffen«, gab Carter Prewitt zu verstehen.
»Sie werden zwei Fuhrwerke brauchen«, sagte der Prediger. »Dazu einiges an Proviant; Mehl, Salz, Zucker, Dörrfleisch, Getreide, vielleicht auch ein Paar Hühner und Gänse, Schafe und Ziegen.«
»Wie lange werden wir brauchen?«
»Das ist schwer zu sagen. Ich rechne mit einer Marschleistung von etwa zwölf Meilen am Tag. Der Weg, der vor uns liegt, wird wohl an die tausend Meilen betragen.«
Carter Prewitt rechnete kurz nach. »Wir werden also knapp drei Monate unterwegs sein.«
Der Prediger nickte. »Wenn alles gut geht.«
»Was haben Sie unternommen, um einen Scout zu finden, der uns über die Rockys führt?«
»Ich habe einen Aushang am schwarzen Brett der City Hall veröffentlicht.«
»Was ist, wenn sich niemand meldet?«
»Dann brechen wir ohne einen Führer auf«, knurrte der Prediger. »Gott wird seine schützenden Hände über uns halten.«
Carter Prewitt presste einen Augenblick lang die Lippen zusammen, sodass der Mund in seinem Gesicht nur eine dünne, harte Linie bildete.
Der Prediger ergriff noch einmal das Wort. »Sie brauchen auch Gewehre und Revolver, und natürlich
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