Die Legende von Carter Prewitt
Bremshebel, dann ließ er die langen Leinen auf den Rücken des Pferdes klatschen. Das Tier legte sich ins Geschirr, die Räder des Wagens begannen sich zu drehen. Prewitt lenkte das Gespann zum Tränketrog vor der Schmiede. Das Pferd hatte einige Stunden auf der Straße gestanden und sollte seinen Durst löschen, ehe sie die Stadt verließen.
Der Gedanke, dass er ein Viertel der Ranch verkauft hatte, legte sich sekundenlang wie ein düsterer Schatten auf sein Hochgefühl. Aber dann sagte er sich, dass er drei Viertel der Ranch gerettet hatte, und das verursachte in ihm Zufriedenheit.
Wenig später verließ Amos Prewitt die Stadt. Er fuhr nach Süden. Die Sonne stand schon ziemlich weit im Westen. Die Schatten waren länger geworden. Bis zur Triangle-P waren es ungefähr sechzehn Meilen. Es würde Nacht sein, wenn er sie erreichte.
Zu beiden Seiten der Straße dehnte sich Weideland. Am Straßenrand wuchsen dornige Büsche. Das Blattwerk war verstaubt. Die Achsen des leichten Fuhrwerks quietschten in den Naben. Es war noch immer heiß. Einige weiße Wolken trieben am Himmel. Hier und dort grasten Rudel von Rindern. Sie waren herrenlos. Niemand hatte sie während des Krieges gebrandmarkt. Die Männer, die vor dem Krieg die Rinder gehütet hatten, hatten irgendwo im Osten gekämpft.
Die Straße bohrte sich zwischen zwei Hügel. Steil schwangen sich die Abhänge nach oben. Hier und dort ragte ein Felsen aus dem Boden. Die Vegetation bestand in hohem Gras und Dornenbüschen.
Amos Prewitt verspürte einen heftigen Schlag gegen die Brust. Im nächsten Moment schwanden ihm die Sinne. Er sank auf dem Sitz des Buggys in sich zusammen. Die Zügel entglitten seinen Händen. Das Pferd hielt an, warf den Kopf zurück und wieherte.
Die Detonation vernahm der Rancher schon nicht mehr.
Hinter einem Strauch auf halber Höhe des Abhangs erhob sich ein Mann. Über dem Busch zerflatterte eine Pulverdampfwolke. Der peitschende Knall des Schusses war zwischen den Hügeln versickert.
Der hinterhältige Schütze hielt mit beiden Händen ein Gewehr schräg vor seiner Brust. Sekundenlang sicherte er nach unten. Dann setzte er sich in Bewegung, lief hangabwärts und erreichte den Buggy. Ein zufriedenes Knurren drang aus seiner Kehle, als er das Satteltaschenpaar im Fußraum des Einspänners entdeckte. Dem reglosen Mann auf dem Sitz schenkte er keinen Blick. Er nahm die Taschen, versicherte sich, dass sie das Geld beinhalteten, dann erklomm er den Hügel, auf dem er gelauert hatte. Hinter der Hügelkuppe stand sein Pferd. Er band es los, stieß das Gewehr in den Sattelschuh und saß auf. Dann trieb er das Tier mit einem Schenkeldruck an. Es trug ihn zwischen die Hügel, wo sich seine Spur verlor.
Kapitel 3
Der zerfurchte Reit- und Fahrweg schwang sich einen Hügel hinauf, über dem sich ein seidenblauer Himmel spannte. Dumpf pochten die Hufe. Leises Klirren und Knarren begleitete diese Geräusche. Zu beiden Seiten des Weges grasten Longhorns. Stiere brüllten, Kühe muhten, Kälber blökten. Aus großen, feucht glänzenden Augen in den massiven, gehörnten Schädeln beobachteten die Rinder den vorbeiziehenden Reiterpulk.
Die kleine Schar erreichte den Hügelrücken und Carter Prewitt konnte in der anschließenden Senke die Ranch sehen. Sie lag am Ufer eines schmalen Flusses, der von dichtem Gebüsch gesäumt war. Uralte Pappeln erhoben sich zum Himmel.
Die Ranch verriet den Wohlstand seines Besitzers. Es gab ein großes, stöckiges Haupthaus mit einer überdachten Veranda, eine Mannschaftsunterkunft, Stallungen, Scheunen, Schuppen und eine große Remise, in der einige Fuhrwerke standen. In zwei Corrals tummelten sich wohl an die hundert Pferde. Beim Brunnen reckte sich ein hoher Turm mit einem Windrad auf der Spitze in die Höhe. Es drehte sich langsam im lauen Wind.
Helles Hämmern aus der Schmiede erklang. Die Pferde in den Corrals wirbelten Staub auf. Einige Ranchhelfer waren bei der Arbeit. Soeben schob ein Mann eine Schubkarre voll Mist aus einem der Ställe.
Carter Prewitt verspürte ein ungutes Gefühl. Es war keine Furcht in ihm – es war nur das nagende Empfinden, dass etwas auf ihn zukam, das er nicht einzuschätzen vermochte. Ein Blick in das Gesicht James Allisons, der neben ihm ritt, verriet ihm, dass auch der Gefährte schwer an sorgenvollen Gedanken und Ahnungen trug.
Sie lenkten die Pferde den Abhang hinunter. Fünf Minuten später ritten sie durch das hohe Tor in den Hof der Ranch. Die Ranchhelfer
Weitere Kostenlose Bücher