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Die Legende von Carter Prewitt

Die Legende von Carter Prewitt

Titel: Die Legende von Carter Prewitt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pete Hackett
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Antonio befand. »Wie lange liege ich schon hier?«
    »Seit vorgestern Abend. Jemand hat Ihnen einige Meilen außerhalb der Stadt eine Kugel in die Brust geschossen. Ich habe Ihnen das Stück Blei herausgeschnitten. Sie hatten Glück im Unglück, Mister Prewitt.«
    »Welche Tageszeit haben wir?«
    »Es geht auf Mittag zu. Ihre Familie wurde benachrichtigt. Ihre Frau und Ihre Tochter sind seit gestern in San Antonio.«
    »Ich war mit fünftausend Dollar unterwegs«, murmelte Amos Prewitt. »Mit dem Geld wollte ich die Triangle-P Ranch retten.«
    »Es hat sich herumgesprochen, Mister Prewitt. Das Geld war verschwunden, als man Sie fand. Ich werde den Sheriff darüber in Kenntnis setzen, dass Sie aufgewacht sind. Und ich werde veranlassen, dass Sie etwas zu essen und zu trinken bekommen. Meine Hoffnungen, Sie durchzubringen, waren nicht sehr groß.« Der Arzt lächelte. »Aber Sie scheinen es geschafft zu haben.«
    »Ich – ich möchte meine Frau und meine Tochter sehen«, murmelte Amos Prewitt.
    »Ich lasse sie verständigen«, versprach der Arzt und verließ den Raum.
    Amos Prewitt bemühte sich, Ordnung in sein Denken zu bringen. Der Name Brad Malone kam ihm in den Sinn. Vor seinem geistigen Auge erstand das Bild des Geschäftsmannes. Hatte Malone ein falsches Spiel mit ihm getrieben? Das Bild verschwamm und der Name Herb Cassidy drängte in seine Erinnerung. Hatte der Bankier verhindert, dass er am 1. Juli die Hypothek tilgen konnte?
    Ein dumpfer Laut, ein abgerissenes Stöhnen, entrang sich ihm. Es war ein Aufbäumen gegen das Begreifen, dass er verloren hatte. Grenzenlose Resignation bemächtigte sich seiner und ließ nur den einen Gedanken zu: Er würde am Ende des Monats die Triangle-P verlieren. Eine Art von Panik jagte in Amos Prewitt hoch. Eine den Bruchteil einer Sekunde andauernde Blutleere im Gehirn ließ ihn schwindlig werden. Der Raum schien sich um ihn herum zu drehen. Ziehender Schmerz tobte in seiner Brust, die Schwäche zog wie flüssiges Blei durch seine Blutbahnen – diese schreckliche Schwäche, die alle Sehnen und Muskeln in ihm gelähmt zu haben schien.
    Zähflüssig verrann die Zeit. Düstere Gedanken quälten den Verwundeten. Dann betrat eine Frau das Zimmer. Sie trug ein Tablett, das sie auf dem hohen Nachttisch neben dem Bett abstellte. Es war die Gattin des Arztes. Sie lächelte und sagte: »Ich habe Ihnen eine kräftige Fleischbrühe gekocht. Glauben Sie mir, Mister Prewitt: Ich werde Sie wieder aufpäppeln. In einigen Wochen werden Sie wieder ganz der Alte sein.«
    »Es ist alles so sinnlos geworden«, murmelte Amos Prewitt. In seinem eingefallenen, von Erschöpfung, Blutverlust und Schmerz gezeichneten Gesicht arbeitete es.
    Das Lächeln, das die Lippen der Frau umspielte, erlosch. »Sie dürfen den Mut nicht verlieren.«
    Sie zog sich einen Stuhl ans Bett heran, half dem Rancher, seinen Oberkörper etwas aufzurichten und stopfte ihm das Kissen hinter den Rücken. Dann begann sie den Verwundeten zu füttern.
    Der Teller war kaum halb geleert, als Kath und Corinna Prewitt kamen. Ihre Gesichter waren besorgt. »Der Himmel hat meine Gebete erhört«, brach es über Kath Prewitts bebende Lippen. Sie war eine Frau von vierundfünfzig Jahren mit verhärmtem Gesichtsausdruck und grauen Haaren, die sie am Hinterkopf zu einem Schopf zusammengebunden hatte. Ihre Augen waren gerötet vom Weinen.
    Corinna Prewitt sah ihrer Mutter sehr ähnlich. Allerdings war sie dreißig Jahre jünger. Dunkle Haare, die in weichen Wellen auf ihre Schultern und ihren Rücken fielen, rahmten ihr schmales, ebenmäßiges Gesicht ein. Sie war keine Schönheit, aber sie hatte etwas an sich, das einen Mann durchaus in ihren Bann zu ziehen vermochte.
    »Wie fühlst du dich, Dad?«, fragte die Vierundzwanzigjährige.
    »Elend«, murmelte der Rancher. »Und es ist nicht nur die Wunde, die mir zu schaffen macht.«
    Die Arztfrau legte den Löffel in den Teller mit der Fleischbrühe, erhob sich und sagte: »Sie können es übernehmen, Ihren Vater zu füttern, Miss. Ich störe hier schätzungsweise nur.«
    »Sie stören nicht«, versetzte Corinna Prewitt. »Aber ich werde Dad füttern. Vielen Dank Mrs. Mercer.«
    Die Frau des Arztes nickte Mrs. Prewitt zu und verließ das Zimmer. Leise klappte hinter ihr die Tür ins Schloss. Corinna ließ sich auf dem Stuhl nieder und griff nach dem Löffel.
    »Ich habe keinen Hunger mehr«, erklärte Amos Prewitt lahm. »Ich – ich möchte mich hinlegen.«
    Corinna half ihrem Vater.

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