Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Legende von Carter Prewitt

Die Legende von Carter Prewitt

Titel: Die Legende von Carter Prewitt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pete Hackett
Vom Netzwerk:
befeuchtete die Spitze des Schreibwerkzeugs mit der Zunge, dann begann er zu schreiben. Schließlich faltete er den Zettel zusammen und steckte ihn in die Tasche. Den Bleistift brachte er zum Schanktisch und bedankte sich. »Gehen wir«, sagte er an James Allison gewandt.
    »Was hast du auf den Zettel geschrieben?«, fragte Allison, nachdem sie den Saloon verlassen hatten.
    »Eine Nachricht für den Stallmann. Es ist die Versicherung, dass er seine Pferde zurück und zwei Tiere mit dem Triangle-P Brand als Dreingabe erhält.«
    »Sie werden uns trotzdem wie tollwütige Hunde jagen.«
    »Wir werden unsere Spur verwischen«, gab Carter gelassen zurück.
    Die beiden verließen die Stadt. Als sie vom Ort aus nicht mehr gesehen werden konnten, setzten sie sich am Rand des Flusses nieder, zogen Stiefel und Socken aus und hielten die blessierten Füße ins kühlende Wasser. Sofort ließen die brennenden Schmerzen nach. »Das tut gut«, stöhnte James Allison. »Das Wasser ist wie Balsam.«
    Das Warten auf die Nacht begann. Die Sonne versank. Wolkenbänke schoben sich davor und schienen zu glühen. Der Himmel im Westen spiegelte die ganze Skala seiner leuchtendsten Farben wider. Die Dämmerung nahm zu. Der rote Abendsonnenschein auf den Felsen im Norden und auf den Hügeln ringsum verblasste allmählich. Aus den Mulden schlich die Dämmerung. Noch immer lastete die Hitze über dem Land.
    »Versuch zu schlafen«, meinte James Allison. »Ich werde Wache halten. In zwei Stunden wecke ich dich.«
    Carter Prewitt war in der Tat hundemüde. »In Ordnung.« Er erhob sich, ging zum Ufergebüsch und kroch unter einen Strauch. Kaum, dass er die Augen geschlossen hatte, schlief er auch schon ein. Irgendwann rüttelte ihn James Allison an der Schulter. Carter Prewitt hatte das Gefühl, von den Toten aufzuwachen. Im ersten Moment fand er sich überhaupt nicht zurecht. Wie aus weiter Ferne erklang die Stimme des Gefährten: »Zwei Stunden dürften um sein, Carter. Steh auf und bewache meinen Schlaf.«
    »Ha, ha«, machte Prewitt und kämpfte sich auf die Beine. Seine Beine waren wie steif. Er machte ein paar unbeholfene Schritte. Dann wurde es besser. Allison machte es sich im Gras unter dem Busch bequem. Carter Prewitt ging zum Flusssaum und setzte sich. Er dachte an zu Hause. Und er dachte an die junge Frau mit den blonden Haaren, die wie reifer Weizen schimmerten, der er vor fast fünf Jahren das Versprechen gegeben hatte, wieder heimzukehren. Joana war jetzt fünfundzwanzig. Würde sie auf ihn gewartet haben? Er verspürte einen leichten Stich im Herzen, als sich ihm der Gedanke aufdrängte, dass sich Joana in einen anderen Mann verliebt haben könnte, nachdem es von ihm – Carter Prewitt – kein Lebenszeichen mehr gegeben hatte.
    Er riss einen Grashalm ab, steckte ihn sich zwischen die Zähne und begann darauf herumzukauen. Der Jagdschrei eines Kauzes trieb schauerlich durch die Finsternis. Carter Prewitts Gedanken schweiften ab und er sagte sich, dass er in dieser Nacht zum Pferdedieb werden würde. Der Gedanke rief in ihm gemischte Gefühle hervor. Er fragte sich, ob sich denn alles gegen sie verschworen hatte. So hatte er sich den Weg zum Salado Creek nicht vorgestellt.
    »Alles wird gut«, murmelte er im Selbstgespräch. »Wenn du erst wieder zu Hause bist und Dad hilfst, die Ranch zu bewirtschaften, wird alles wieder in geordneten Bahnen ablaufen. Du wirst Joana heiraten und sie wird dir Söhne und Töchter gebären. Du wirst den Krieg vergessen und nur noch an die Zukunft denken.«
    Er malte sich die kommende Zeit in den rosigsten Farben aus. Und für einen Moment bemächtigte sich seiner eine Art Glücksgefühl. Ja, er glaubte fest daran, dass alles gut werden würde. Er fasste wieder Mut …
     
    *
     
    Zähflüssig verrann die Zeit. Die Sichel des Mondes hing über den Hügeln im Süden. Es war jetzt kühl. Carter Prewitt sagte sich, dass es an der Zeit war, den Gefährten zu wecken. Er erhob sich, ging zum Gebüsch und rüttelte James Allison am Arm. Allison erwachte, brummte etwas Unverständliches vor sich hin und richtete den Oberkörper auf. »Ich habe mich doch eben erst hingelegt«, knurrte er schlaftrunken.
    »Du hast mehr als zwei Stunden geschnarcht wie ein Bär«, konterte Carter Prewitt. »Steh auf. Je schneller wir die Sache hinter uns bringen, umso besser ist es.«
    »O verdammt«, fluchte James Allison. »Hoffentlich wird es kein Himmelfahrtskommando.«
    »Male den Teufel nicht an die Wand«, grollte Carter

Weitere Kostenlose Bücher