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Die Legende von Carter Prewitt

Die Legende von Carter Prewitt

Titel: Die Legende von Carter Prewitt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pete Hackett
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zu. Und er schickte ein Stoßgebet zum Himmel, dass es dem Gefährten gelang, die Verfolger abzuschütteln.
     
    *
     
    Carter Prewitt ritt langsam nach Westen. Einsamkeit umgab ihn. Ununterbrochen sicherte er in die Umgebung. Er konnte keine Gefahr erkennen. Immer wieder musste er an James Allison denken, der sich für ihn geopfert hatte. Ein tiefes Gefühl der Dankbarkeit entstand in Prewitt. Yard um Yard schmolzen unter den Hufen des Pferdes dahin. Es war glühend heiß und der Mann hatte das Gefühl, als würden Flammenzungen über sein Gesicht lecken. Er überquerte einen Fluss, ritt durch eine Hügelfalte und vor ihm lag eine Straße, die sich weit im Osten zwischen die Berge bohrte. Carter Prewitt folgte ihr. Gegen Abend erreichte er einen kleinen Ort namens Hondo. Er sah den Mietstall und lenkte sein Pferd in den Wagen- und Abstellhof. Dort saß er ab, nahm das Tier am Kopfgeschirr und führte es zum Tränketrog beim Brunnen.
    Aus der Düsternis, die im Stall herrschte, löste sich eine hagere Gestalt. Der Stallmann war alt und bärtig und ging gebeugt.
    Das Pferd tauchte seine Nüstern ins Wasser und soff. Carter Prewitt wandte sich dem Stallburschen zu. Der fixierte ihn mit grauen, wässrigen Augen, nickte und sagte: »Sie kommen aus der Felswüste, Fremder. Ich erkenne es an dem Staub, der an Ihnen und Ihrem Pferde klebt. Kein Mensch reitet freiwillig durch diese Hölle aus Stein, Staub und Hitze. Sitzt Ihnen das Gesetz auf den Hacken?«
    »Nein«, antwortete Carter Prewitt staubheiser. Die dünne Schicht aus Staub und Schweiß in seinem Gesicht brach, als er sprach. »Ich bin auf dem Weg zum Salado Creek. Mein Vater bewirtschaftet in der Nähe von San Antonio eine Ranch.«
    »Waren Sie Gefangener der Yanks?«
    »Ja. Sie haben mich in Fort Huachuca eingesetzt. Zehn Monate, nachdem die letzten Truppen in Texas kapituliert hatten, entließen sie mich. Ich bin seit einigen Wochen unterwegs.«
    »Ein verdammt langer Weg von Arizona herüber«, murmelte der Stallmann. »Überlassen Sie mir das Pferd. Ich kümmere mich darum.«
    »Ich habe kein Geld, um Sie zu entlohnen«, murmelte Carter Prewitt.
    Der Stallmann winkte ab. In einem vertraulichen Tonfall knurrte er: »Du und dein Pferd – ihr beide seid ziemlich erbarmungswürdige Geschöpfe. Daher soll es mir auf einen Eimer voll Hafer nicht ankommen. - Such dir im Stall einen Platz zum Schlafen, Junge. Du siehst aus, als würdest du eine Mütze voll Schlaf vertragen.«
    »Danke«, murmelte Carter Prewitt. Sattelsteif ging er in den Stall. Es roch nach Heu, Stroh und Pferdeausdünstung. Eine Leiter führte hinauf zum Heuboden. Der Mann stieg sie empor und legte sich oben ins Heu. Er schlief sofort ein.
    Als er aufwachte, umgab ihn Dunkelheit. Aber durch die Ritzen zwischen den Brettern konnte er erkennen, dass draußen der Morgen graute. Er erhob sich und stieg die Leiter hinunter. Das Stalltor war nur angelehnt. Carter Prewitt ging zur Tränke und wusch sich das Gesicht. Das Wasser war kalt und erfrischend. Der Mann verspürte nagenden Hunger. Er kehrte in den Stall zurück und öffnete die Tür zur Kammer des Stallmannes am Ende des Mittelganges.
    Der alte Bursche lag auf einer Pritsche. Jetzt richtete er sich auf und schwang seine dünnen Beine von der Liegestatt.
    »Guten Morgen«, grüßte Carter Prewitt.
    Der Stallmann erwiderte den Gruß. »Ich hoffe, du hast gut geschlafen, mein Junge.«
    »Wie ein Toter«, murmelte Prewitt. »Ich habe Hunger. Haben Sie etwas zum Essen für mich?«
    Der Stallmann erhob sich, zog seine Hose und das Hemd an, dann öffnete er die Schublade einer Kommode und griff hinein. Er reichte Carter Prewitt ein Päckchen, das in braunes Papier gewickelt war. »Pemmican«, murmelte der Stallmann. »Ausgesprochen nahrhaft.«
    Carter Prewitt aß hungrig. Währenddessen sattelte und zäumte der Stallmann sein Pferd. Und eine Viertelstunde später ritt Carter Prewitt weiter. Um die Mittagszeit rastete Carter Prewitt eine Stunde. Die Nacht verbrachte er am Ufer eines schmalen Flusses. Und um die Mitte des Vormittags des darauf folgenden Tages erreichte er San Antonio. Er hielt nicht an, sondern nahm sofort den Weg zum Salado Creek unter die Hufe des Pferdes. Und zwei Stunden später lag die Ranch vor ihm.
    Carter Prewitt war zu Hause angekommen.
    Die Gefühle drohten ihn zu übermannen. Heiß stieg es in ihm empor. Er zügelte das Pferd und nahm alles in sich auf, was sich seinem Blick bot. Alles auf der Ranch mutete grau in grau an.

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