Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Legende von Carter Prewitt

Die Legende von Carter Prewitt

Titel: Die Legende von Carter Prewitt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pete Hackett
Vom Netzwerk:
trübten seinen Blick. Der Wind zerrte an seiner nassen Kleidung. Kälte kroch in seinen Körper. Die Wildnis hatte sich in einen tosenden Hexenkessel verwandelt, aus dem es kein Entrinnen zu geben schien. Das Heulen des Sturms vermischte sich mit dem unheilvollen Rumoren, das die nervöse Herde verursachte.
    Es war wohl nur noch eine Frage der Zeit, dass die Herde von Panik ergriffen die Flucht ergriff. Sie würde alles niederwalzen, was sich ihr in den Weg stellte. Der Gedanke daran erschien dem Reiter alptraumhaft und alles in ihm sträubte sich, ihn zu Ende zu führen. Aber er ließ sich nicht verdrängen und James Allison verspürte einen unangenehmen Druck in der Magengegend.
    Mensch und Tier waren der entfesselten Naturgewalt schutzlos ausgeliefert.
    Über eine halbe Stunde lang tobte der Sturm. Immer neue Regenwände jagte er über die Hügelkuppen heran. Es war so finster, dass man fast die Hand vor den Augen nicht mehr erkennen konnte.
    Doch schließlich ließ das Tosen nach. Der Regen wurde schwächer, und dann waren es nur noch vereinzelte Tropfen, die James Allison ins Gesicht klatschten. Das unruhige Rumoren, das die Ebene erfüllte und das die Herde verursachte, übertönte das Heulen des Sturms, der sich nach Osten entfernte.
    James Allison hatte das Gefühl, die erste Prüfung des Trails überstanden zu haben. Er begann zu singen. Und die menschliche Stimme beruhigte die Longhorns. Immer mehr Tiere legten sich wieder auf den Boden. Fernes Donnergrollen verlor sich im Osten. Allisons dunkle Stimme klang laut und deutlich durch die Nacht. Irgendwo auf der anderen Seite der Herde stimmte Doug Linhardt grölend in das Lied ein.
    Es hörte endgültig zu regnen auf. Der Boden war aufgeweicht und die Hufe der Pferde sanken ein. Dort, wo sie im Schlamm versanken, schmatzte und gurgelte es. Ein Reiter löste sich aus der Dunkelheit. »Alles in Ordnung?« Es war Carter Prewitts Stimme.
    »Wir hatten verdammtes Glück, Carter!«, erwiderte Allison laut. »Wenn wir die Tiere nicht so hart getrieben hätten, wären sie wohl durchgegangen. Es hätte das Scheitern für uns alle bedeutet.«
    Carter Prewitt verschwand in der Nacht.
    James Allison begann wieder zu singen. Er begriff, dass es alles andere als gewiss war, dass sie mit der Herde Kansas City erreichten. Die Erkenntnis war von einer fast schmerzhaften Schärfe und legte sich wie mit tonnenschweren Gewichten auf sein Gemüt. Und die Angst, dass sie es nicht schaffen würden, begann ihn zu zermürben. Er verlor plötzlich jede Hoffnung. Die Dunkelheit ringsum verstärkte das Gefühl von Mutlosigkeit, Verlorenheit und Angst, und mutete ihn unvermittelt unheilschwanger und drohend an. Die Beklemmung, die ihn erfüllte, ließ sich nicht mehr verdrängen.
    Nachdem James Allison abgelöst worden war und sich in dem kleinen Zelt in seine Decke gerollt hatte, fand er keinen Schlaf. Unruhig wälzte er sich von einer Seite auf die andere. Die Furcht vor dem, was die nächsten Tage und Wochen bringen würden, packte ihn wie mit zornigen Klauen …
     
     
     
    2. Buch
    Dem Abendstern entgegen
     
    Kapitel 13
     
    Ein trüber, grauer Tag brach an. Die Sonne ließ sich nicht sehen. Eine dicke Schicht aus dunklen Wolken verdeckte den Himmel. Das Gras war nass, von den Sträuchern und Bäumen tropfte das Regenwasser. Der schmale Creek hatte sich in einen reißenden Fluss verwandelt.
    Düster wie der Tag war die Stimmung der Männer. Mürrisch aßen sie ihr Frühstück, verdrossen saßen sie später in den Sätteln und brachten die Herde auf den Marsch. Das Kendall County war geprägt von weitläufigen Ebenen, Hügeln und Senken. Das Meer aus knochigen Leibern strömte unaufhaltsam nach Norden. In der Ferne begannen sich himmelstürmende Berge aus dem endlos anmutenden Grau zu schälen.
    Ehe sie losgezogen waren, hatte Carter Prewitt eine Landkarte auf der Ladefläche des Fuhrwerks ausgebreitet und die Marschroute für den kommenden Tag festgelegt. Vor den Bergen, am Guadalupe River, wollten sie sich westwärts wenden, um durch die Ebene in Richtung Junction zu trailen.
    Jetzt umgab sie hügeliges Terrain. Dichte Wälder erstreckten sich von den Hügelflanken bis in die Ebenen. Hier und dort ragten haushohe Felsen aus dem Boden. Sie folgten den Windungen zwischen den Bodenerhebungen und Waldzungen, überquerten einen schmalen, seichten Fluss, und dann lag endlos anmutende Prärie vor ihnen.
    Die Herde marschierte ruhig. Sie hinterließ eine breite Schneise im hohen Gras,

Weitere Kostenlose Bücher