Die Legende von Richard und Kahlan 01 - Goodkind, T: Legende von Richard und Kahlan 01 - The Omen Machine
der Schöpfer interessiert sich gar nicht für uns? Dass wir für Ihn nur ein Körnchen Nichts sind?«
»Dort, wo ich herkomme, glauben wir sehr wohl, dass der Schöpfer sich für uns interessiert – und Er somit auch zu uns spricht, aber nicht unmittelbar.«
Die Geschichte hatte sie in ihren Bann gezogen; sie legte ihre Hand abermals auf seinen Unterarm und rückte noch ein Stück näher an ihn heran.
»Ihr seid also überzeugt, dass Er sich tatsächlich für uns interessiert und daher zu uns spricht?«
»Ja, und zwar durch die Prophezeiungen.«
Totenstille legte sich über den Raum.
»Die Prophezeiungen sind die an uns gerichteten Worte des Schöpfers?«
»In gewisser Weise.« Er benetzte rasch seine Lippen und beugte sich zu ihr. »Als Schöpfer aller Dinge hat der Schöpfer auch das Leben selbst erschaffen; meint Ihr nicht auch, dass Er sich für seine Schöpfung interessiert?«
»Schon. Aber gerade sagtet Ihr doch, dass Er nicht zu uns spricht.«
»Nicht direkt, nicht individuell. Und doch spricht Er in gewisser Weise zu uns. Bei der Erschaffung des Lebens hat Er einigen sogar die Gabe der Magie gegeben, um es der Menschheit auf diese Weise zu ermöglichen, Ihn zu erhören. Er ist allwissend – Er weiß alles, was jemals geschehen ist, und alles, was dereinst geschehen wird. Und mit der Gabe der Magie hat Er uns die Prophetie geschenkt, um uns auf unserem Weg zu führen.«
Sie widmete sich abermals ihrem Wein, ließ sich das alles dabei gründlich durch den Kopf gehen. Nach einer Weile wandte sie sich wieder zu ihm herum.
»Aber warum sollten dann Lord Rahl und die Mutter Konfessor verhindern wollen, dass wir Kenntnis von diesen Prophezeiungen erhalten, die uns der Schöpfer höchstselbst als Hilfe zukommen lässt? Immerhin sind sie doch beide mit der Gabe gesegnet.«
Ludwig hob herausfordernd eine Braue. »Nun, warum wohl?«
Die Falten auf ihrer Stirn furchten sich noch tiefer. »Wie meint Ihr das?«
Er musterte einen Moment ihr Gesicht. Sie war eine wirklich attraktive Frau. Ein bisschen dünn vielleicht, aber durchaus nicht ohne Reize.
»Wer, Orneta, könnte wohl ein Interesse daran haben, dass wir die hilfreichen Worte, die der Schöpfer den Menschen zum Geschenk gemacht hat, damit wir die Gefahren für unser Leben meiden, nicht erfahren? Jene Unterstützung, die unser Leben überhaupt erst möglich macht?«
Einen Moment lang starrte sie gedankenversunken vor sich hin, dann erhellte die Erkenntnis ihr Gesicht. Sie riss die Augen auf und sah ihn wieder an.
»Der Hüter der Unterwelt …«, hauchte sie.
43
Eine Hand auf dem Knie abgestützt, richtete sich Orneta abrupt ein wenig auf und besann sich eines Besseren. »Ihr wollt allen Ernstes behaupten, der Hüter der Unterwelt hätte, nun, was eigentlich … Lord Rahl und die Mutter Konfessor verhext? Dass die beiden besessen sind?«
Er legte seine Hand über ihre, in der Hoffnung, ihr dadurch den Ernst seiner Worte zu beweisen. »Der Tod trachtet den Lebenden unablässig nach dem Leben. Der Namenlose, wie er dort, wo ich herkomme, heißt, kennt nur ein Ziel: die Lebenden zu ernten, sie der Welt des Lebens zu entreißen und sie in das ewige Dunkel der Unterwelt zu verbannen. Und dabei kommt es mitunter eben vor, dass er seine heimlichen Verlockungen unter die Lebenden bringt, um sie für seine Zwecke zu missbrauchen.«
Sie zog ihre Hand zurück, schien sich wieder gefasst zu haben. »Das ist absurd. Lord Rahl und die Mutter Konfessor haben sich nicht dem Hüter der Unterwelt verschrieben; ich habe nie zwei Menschen kennengelernt, die mehr dem Leben zugetan gewesen wären.«
Ludwig duldete keinen Rückzug ihrerseits, beugte sich stattdessen erneut zu ihr. »Glaubt Ihr, wer von dem Namenlosen besessen ist, ist sich dessen stets bewusst? Wäre dem so, könnten sie wohl kaum erfolgreiche Erfüllungsgehilfen seiner geheimen dunklen Zwecke sein, meint Ihr nicht?«
Er hatte ihr Interesse zurückgewonnen.
»Soll das heißen, Ihr glaubt, sie werden, ohne es zu merken, vom Hüter der Unterwelt gelenkt? Dass sie tun, was er von ihnen verlangt, sie besessen sind, ohne sich dessen bewusst zu sein?«
Er neigte seinen Kopf in ihre Richtung. »Meint Ihr nicht, der Hüter würde sich für seine Zwecke gerade jene aussuchen, die praktisch über jeden Verdacht erhaben sind? Jemanden, der allgemeines Vertrauen genießt, den man bewundert und auf den man hört?«
Nachdenklich wandte sie erneut den Blick ab. »Vermutlich. Zumindest in der
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