Die Legende von Richard und Kahlan 01 - Goodkind, T: Legende von Richard und Kahlan 01 - The Omen Machine
dass es ihr fast so vorkam, als wäre es in einem anderen Leben gewesen.
Die Hunde gaben ihr in gewisser Weise den Weg vor, denn im Grunde ließen sie ihr nur eine Richtung, die sie nehmen konnte; sie musste lediglich ein ausreichend sicheres Geläuf für ihr Pferd finden. Und obwohl sie nie weit hinter ihnen waren, versuchte sie stets zu verhindern, dass das Pferd in Panik geriet und sich selbst seinen Weg suchte. Ein Abkommen vom Weg konnte sie in größte Schwierigkeiten bringen; abseits des Weges konnte das Tier in einen Spalt zwischen Steinen und umgestürzten Baumstämmen treten und sich ein Bein brechen; sie konnten unvermittelt zu einem Abgrund oder einer unwegsamen Klamm gelangen oder zu einer dicht bewachsenen, gänzlich unpassierbaren Stelle. Dann säßen sie in der Falle, und die Hunde hätten leichtes Spiel.
Sie hatte nicht die Absicht, ihr Leben hier zu beenden, mitten in einem weglosen Wald, zu Boden gerissen und zerfleischt von Hunden, wo sich bestenfalls Aasfresser um ihre Überreste kümmern würden.
Um den Vorsprung zu ihren Verfolgern zu wahren, musste sie sich an den vergleichsweise sicheren Pfad halten. Richard hatte ihr beigebracht, wie man schlecht markierten Wegen folgte, die nur selten benutzt wurden und kaum zu erkennen waren. So hielt sie nicht nur nach den kleinen Hinweisen ganz in der Nähe Ausschau, sondern behielt stets einen größeren Bereich weiter vorn im Blick, immer auf der Suche nach deutlichen Hinweisen auf den Verlauf des Pfades.
Der Gedanke an Richard versetzte ihr einen quälenden, sehnsuchtsvollen Stich. In den letzten Tagen hatte sie kaum an ihn gedacht; ihre Gedanken waren fast ausschließlich um ihre Flucht gekreist.
Ihr Arm tat weh, in ihrem Schädel pochte es. Mittlerweile war sie so erschöpft, dass sie sich kaum noch aufrecht auf ihrem Pferd halten konnte. Schlimmer, das Fieber zehrte so sehr an ihren Kräften, dass sie befürchtete, ohnmächtig zu werden.
Aber vielleicht, überlegte sie, war das sogar die beste Art zu sterben – wäre es doch geradezu ein Segen, das Bewusstsein zu verlieren, wenn das Rudel sie einholte.
Mit dem Handrücken wischte sie sich eine Träne aus dem Gesicht. Sie vermisste Richard so sehr. Wahrscheinlich war er längst außer sich vor Sorge über ihr langes Fortbleiben. Ein Gefühl der Scham überkam sie, weil sie nicht einmal versucht hatte, ihn zu benachrichtigen. Aber wie hätte sie dies auch bewerkstelligen sollen?
Unvermittelt stürzten einige der Hunde aus dem Gebüsch hervor und schnappten nach ihren Beinen. Panikartig bohrte Kahlan ihrem Pferd die Fersen in die Flanken. Baumstämme flogen vorbei, Föhrenzweige klatschten ihr ins Gesicht, als sie durch den Wald jagte. Als ein Ast sie an der Schulter streifte, wäre sie um ein Haar vom Pferd gerissen worden.
Dann, plötzlich, blieb das Pferd stehen. Hinter einer felsigen Steilkante fiel das vor ihr liegende Gelände jählings ab; der steile Abhang war für das Pferd unpassierbar. Offenbar waren sie vom Weg abgekommen und saßen in der Falle. Kahlan blickte hinter sich. Die Hunde waren bereits ganz nah.
Als sie in ihrer Vorfreude, sie endlich in die Enge getrieben zu haben, zu belfern und jaulen begannen, bäumte sich ihr verängstigtes Pferd plötzlich auf. Ohne Sattel hatte sie herzlich wenig Halt, also langte sie, als sie vom Rücken zu rutschen begann, nach der Mähne – und griff ins Leere.
Ehe sie sich’s versah, landete sie mit einem dumpfen Aufschlag auf dem Boden. Noch benommen von der harten Landung, stöhnte sie auf vor Schmerz; sie war auf ihren entzündeten Arm gefallen. Mit ihrem gesunden Arm presste sie ihn gegen ihren Leib.
Ehe sie den Strick packen konnte, schoss das Pferd davon, in den Wald hinein, und war innerhalb weniger Sekunden nicht mehr zu sehen. Dafür allerdings die Hunde, die auf sie zugesprungen kamen, allen voran der Leithund, der in seiner Gier, über sie herfallen zu können, laut bellte.
Kahlan machte kehrt und stürzte sich praktisch den steilen Abhang hinunter, sprang in einer Abfolge kaum kontrollierter Stürze von einer Felsenkante zur nächsten, an manchen Stellen von den Felsvorsprüngen auf die darunterliegende Steine, schoss in einem solchen Tempo den Abhang hinunter, dass ihr gar keine Zeit blieb, vor jedem Abspringen nachzudenken. Sie war sich der Gefahren eines solchen Abstiegs bewusst, war aber geradezu besessen von dem panikartigen Drang, dem ihr im Nacken sitzenden Schrecken zu entkommen.
Auf einer Stelle mit losem Geröll
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