Die Legende von Richard und Kahlan 01 - Goodkind, T: Legende von Richard und Kahlan 01 - The Omen Machine
aus ihrem Bewusstsein zu streichen.
Die schweren Vorhänge waren zugezogen, im Zimmer brannte nur eine einzige Lampe, und die war ganz heruntergedreht. Auf ihrem Platz auf dem Tisch vor dem Spiegel der Frisierkommode brannte sie zu schwach, um die Dunkelheit aus den entlegensten Winkeln des Zimmers zu vertreiben.
Richard war es bestimmt nicht, den sie gespürt hatte. Er hätte sich bemerkbar gemacht, als sie sich aufrichtete, und ebenso Cara. Wer immer es war, dessen Anwesenheit sie im Zimmer spürte, er sprach kein Wort und rührte sich nicht.
Und doch spürte sie, dass jemand sie beobachtete.
Zumindest meinte sie das. Sie wusste, wie leicht es passieren konnte, dass die Fantasie mit einem durchging – selbst ihr. Wenn sie aufrichtig zu sein, das Ganze abgeklärt und logisch zu betrachten versuchte, konnte sie nicht mit Sicherheit sagen, dass sie es sich nicht eingebildet hatte, erst recht nicht, nachdem ihr Cara noch ein paar Stunden zuvor ebendiesen Gedanken in den Kopf gesetzt hatte.
Trotzdem, wie sie jetzt in die dunklen Winkel des Zimmers starrte, ob sich dort etwas bewegte, schlug ihr das Herz bis zum Hals.
Sie merkte, dass sie ihr Messer fest umklammert hielt.
Sie schlug die Bettdecke zurück und schob sie zur Seite. Jetzt lag sie auf dem Laken, eine Gänsehaut überlief ihre Schenkel, als die kalte Luft darüberstrich.
Vorsichtig ließ sie ihre Beine lautlos über die Bettkante gleiten und stand ohne ein Geräusch zu machen auf. Den ganzen Körper unter Spannung und bereit, wartete sie und lauschte.
Sie versuchte festzustellen, wo dieser jemand sich dem Gefühl nach versteckte, konnte aber keine Richtung orten. Wenn sie das Gefühl hatte, beobachtet zu werden, aber nicht spürte, von wo, konnte es nur Einbildung sein.
»Jetzt reicht’s«, sagte sie leise.
Entschiedenen Schritts ging sie hinüber zur Frisierkommode; das Absatzgeräusch ihrer Schnürstiefel, die sie nicht hatte ausziehen wollen, hallte leise von der im Dunkeln liegenden Zimmerseite wider.
Sie stand vor der Frisierkommode, sah sich um und drehte den Docht der Lampe hoch. Sie warf einen sanften Lichtschein in das Dunkel. Dort war niemand. Im Spiegel sah sie nur sich selbst, wie sie halb nackt mit dem Messer in der Hand dastand.
Um ganz sicherzugehen, schritt sie entschlossen weiter bis zur Zimmerwand. Niemand zu sehen. Sie schaute hinter den Vorhängen nach und warf einen Blick hinter die großen Möbelstücke. Auch dort war niemand. Wie auch? Richard hatte das Zimmer überprüft, bevor er sie mit hineingenommen hatte. Sie hatte ihn dabei beobachtet, wie er überall nachgesehen hatte, immer bemüht, den Eindruck zu vermeiden, er würde etwas suchen. Nein, niemand hätte in dieses Zimmer hineingelangen können.
Sie wandte sich zu dem großen, prachtvoll verzierten Kleiderschrank um und zog die schweren Türen auf. Ohne Zögern nahm sie ein sauberes Kleid heraus und streifte es über.
Sie wusste nicht, ob das andere, das sie ausgezogen hatte, jemals wieder sauber werden würde; Kinderblut von einem weißen Kleid zu entfernen war nicht einfach. Im Palast der Konfessorinnen, in Aydindril, gab es Bedienstete, die sich auf die Pflege der weißen Kleider der Mutter Konfessor verstanden, also gab es vermutlich auch hier, im Stammsitz des Lord Rahl, jemanden, der wusste, wie man Blut entfernte.
Der Gedanke, woher dieses Blut stammte, machte sie wütend und irgendwie froh, dass die Frau tot war.
Kahlan hielt inne und dachte noch einmal darüber nach, wieso diese Frau so unvermittelt gestorben war. Sie selbst hatte es nicht befohlen; sie hatte vorgehabt, die Frau hinter Schloss und Riegel zu bringen, hatte ihr noch jede Menge Fragen stellen wollen, allerdings nicht in aller Öffentlichkeit. Wenn es eins gab, das sie beherrschte, dann diejenigen zu verhören, die sie mit ihrer Kraft berührt hatte.
Ihr kam der Gedanke, wie ungeheuer praktisch es doch war, dass diese Frau ihre Tat gestanden und Kahlan offenbart hatte, was ihr der Prophezeiung entsprechend widerfahren würde, und sie es dann fertiggebracht hatte zu sterben, ehe sie verhört werden konnte.
Schließlich und endlich war dies das Einzige, was sie überzeugte, dass Richard recht hatte, dass tatsächlich noch etwas anderes vor sich ging. Und wenn er recht hatte, dann war diese Frau vermutlich nur eine Marionette gewesen.
Beim Gedanken an Richard musste sie lächeln. Wenn sie an ihn dachte, wurde ihr stets ganz leicht ums Herz.
Als sie die Schlafzimmertür öffnete, lehnte
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