Die Legende von Richard und Kahlan 01 - Goodkind, T: Legende von Richard und Kahlan 01 - The Omen Machine
entlang Posten.
Kaum waren sie eingetreten, umfing sie der berauschende Duft der Blumen, die in den überbordenden Beeten zu beiden Seiten des sich bis zum Kernstück des Raums hinziehenden Fußweges wuchsen. Jenseits der Beete, vor einer efeuumrankten Steinmauer, bildeten niedrige Bäume ein verschwiegenes Wäldchen. Und hinter dieser Mauer befand sich das Zentrum dieses weitläufigen Raums, eine Rasenfläche, die ein nahezu geschlossenes Rund bildete. Der Ring aus Gras wurde nur von einem keilförmigen weißen Stein unterbrochen, auf dem, getragen von zwei niedrigen gekehlten Sockeln, eine Granitplatte ruhte.
Hoch oben ließ tagsüber eine Kuppel aus bleiverglasten Fenstern Licht herein; nachts bot sie einen grandiosen Blick in den Sternenhimmel, der Richard stets ein Gefühl von Einsamkeit und Nichtigkeit gab.
In dieser Nacht jedoch war überhaupt nichts zu erkennen; Richard sah, dass sich auf den Glasscheiben eine dicke Schneeschicht gebildet hatte. Wenn es blitzte, konnte man erkennen, dass der verwehte Schnee an manchen Stellen so dünn war, dass man ein Flackern wahrnahm, andernorts hingegen lag der Schnee so hoch, dass nicht einmal das Zucken der Blitze diese dichte Decke zu durchdringen vermochte. In unregelmäßigen Abständen rollte Donnergrollen durch den Raum und ließ den Boden leicht erzittern.
Nachdem er einige Fackeln am Rand der Grasfläche entzündet hatte, ließ er sich zusammen mit Kahlan auf dem niedrigen Steinmäuerchen am Rand des kleinen innenliegenden Waldes nieder. Sie betrachteten die vor ihnen liegende freie Fläche, so als hätten sie eine Wiese vor sich.
Als er ihre Hand ergriff, zuckte sie leicht zusammen.
»Was ist?«
Sie hob die Hand, um sie sich kurz anzusehen. »Nur ein bisschen empfindlich, weiter nichts.«
Die Kratzer auf ihrem Handrücken waren angeschwollen und hatten eine entzündete, rote Farbe angenommen. Auch die Kratzer an seiner Hand waren gerötet, wenn auch nicht so schlimm wie Kahlans, stellte er fest.
Er drehte ihre Hand herum, um sie im Schein der Fackeln zu untersuchen. »Sieht aus, als wäre es schlimmer geworden.«
Sie zog ihre Hand zurück. »Es wird bald wieder verheilt sein.« Sie rieb sich die Arme gegen die Kälte und wechselte das Thema. »Ich habe nicht das Gefühl, dass uns jemand beobachtet. Du?«
Er lauschte einen Augenblick auf das leise Zischen der Fackeln und sah sich dann in dem weitläufigen Raum um. »Nein, ich auch nicht.«
Es war nicht zu übersehen, dass sie so müde war, dass sie kaum noch die Augen offen halten konnte. Heimlich beobachtet zu werden war nicht nur belastend, es ließ sie auch in den wenigen Stunden Schlaf, die sie bestenfalls bekamen, nicht recht zur Ruhe kommen. Er legte den Arm um sie und zog sie an sich. Kahlan schmiegte sich eng an ihn und legte ihm den Kopf an die Schulter.
Richard hielt es für das Beste, ihre Schlafsäcke auszurollen und ein wenig zu schlafen. Hier, unter den Bäumen, gefiel es ihm; es erinnerte ihn an die unzähligen Male, die er nur mit den Sternen über dem Kopf geschlafen hatte, an seine Wälder in Kernland, damals, als er Kahlan zum ersten Mal begegnet war.
»Endlich wieder im Wald«, sagte sie mit traumverlorener Stimme.
Er lächelte. »Ja, allerdings.«
»Ziemlich nett, zur Abwechslung.«
Der Meinung war er auch. Jenseits der Glaskuppel über ihren Köpfen heulte wütend der Wind, doch davon war unter der dichten Schneeschicht nichts zu sehen. Als er die von unten angestrahlten Rinnsale die Scheiben herablaufen sah, wusste er, dass der Schneesturm in Graupel oder vielleicht sogar Regen übergegangen war, normalerweise ein Zeichen, dass ein solches Frühlingsgewitter sich dem Ende zuneigte. Mitunter jedoch war gerade das die heftigste Phase eines Unwetters, die vernichtende Windböen und Blitze mit sich brachte.
»Was meinst du, ist es hier wohl sicher?«, fragte Kahlan.
Er schaute zu ihr und sah, dass sie zum Glasdach hinaufstarrte. An manchen Stellen hatten sich ziemlich dicke Wechten gebildet; der Regen ließ den Schnee immer fester zusammenpappen, was ihn beträchtlich schwerer machte.
»Ich weiß nicht. Ich habe keine Ahnung, wie viel Gewicht dieses Glas trägt.«
»Genau daran dachte ich gerade …«, sagte sie leise, halb bei sich. »Ich frage mich, ob es in der Vergangenheit jemals eingebrochen ist. Könnte ziemlich gefährlich werden, wenn man sich gerade darunter befindet.«
Wenn das Dach einstürzen würde.
Die bleiverglaste Kuppel war das Dach in diesem Raum.
Wenn
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