Die Legende von Shannara 01 - Brooks, T: Legende von Shannara 01
wohin sie zurückkehren konnten, wenn sie ihre Pflichten erledigt hatten. In diesem Fall jedoch war das anders.
»Ich weiß nicht…«, sagte er leise.
»Niemand behauptet, es wäre einfach«, begann Aislinne und beugte sich vor, um seine Hände zu nehmen. »Aber manchmal…«
»Psst!«, sagte Prue unvermittelt, und die beiden erstarrten. In der Dunkelheit glänzten die weit aufgerissenen Augen des jungen Mädchens. »Da draußen ist jemand.«
Sie zeigte zum Fenster, das nach Norden ging. Es war eine vage Bewegung, die sie nicht wirklich zu kontrollieren schien. Ihre Augen waren auf einen Punkt vor ihr fixiert, wo sie etwas zu erkennen schien, das sich vor den anderen verbarg. Panterra kannte diesen Blick. Sie war in diesem tranceähnlichen Zustand, der sie immer überkam, wenn sie eine drohende Gefahr spürte.
Der Zustand hielt nur einen kurzen Augenblick an, dann sah sie Pan direkt in die Augen. »Wir müssen hier weg!«, flüsterte sie. »Sofort!«
Panterra zögerte. Nur eine Sekunde lang, und in dieser kurzen Pause hörte er das Geräusch, als gäbe es einen Kampf, und ein hastiges Keuchen. Es waren sehr schwache Geräusche, die nur jemand hören konnte, der über ein so ausgezeichnetes Gehör und scharfe Instinkte verfügte wie er.
Aislinne erhob sich und stand reglos in der Dunkelheit. »Wartet. Rührt euch nicht.«
Sekunden später klopfte es leise an der Hintertür. Dreimal ganz kurz, dann herrschte wieder Stille. »Kommt mit«, sagte sie und ging zur Treppe.
Sie stiegen gemeinsam die Stufen hinunter und tasteten sich langsam und leise durch die Schatten. Panterra bemühte sich, noch mehr zu hören, aber es gab keine weiteren Geräusche. Die Welt draußen vor den Mauern seiner Kate blieb still und dunkel.
An der Tür gab Aislinne ihnen ein Zeichen, sich hinter sie zu stellen. Sie öffnete das Schloss und drückte leise den Riegel herunter. Dann zog sie die Tür mit einem Ruck auf.
Davor stand Bantry, in einen schwarzen Umhang gehüllt. »Es hat einen bedauerlichen Unfall gegeben«, erklärte er ihnen.
Aislinne nickte, als ob sie das schon erwartet hätte. »Was für eine Art von Unfall?«, fragte sie dennoch.
»Ein Mann ist… in sein Messer gefallen. Er war zwischen den Bäumen da vorn auf der Suche nach Pilzen oder irgendwelchen Nachtblühern, gleich hinter der Kate. Er muss wohl gestolpert sein.« Bantry blickte an Aislinne vorbei zu Panterra und Prue. »Guten Abend, Freunde. Ihr seid aber noch spät auf. Ich habe gehört, die Ratssitzung war ein wenig… schwierig?«
Ein Mann, der beim Pilzesammeln in sein Messer gefallen war? Panterra wusste sofort, dass der kleine Mann log und dieser Vorfall nicht das Geringste mit Pilzen zu tun hatte. Aller Wahrscheinlichkeit nach war ein gedungener Mörder geschickt worden, um ihn zu erledigen, der am Ende selbst den Tod gefunden hatte. Er betrachtete Bantry plötzlich viel respektvoller, aber der Dieb schaffte es irgendwie, todtraurig zu wirken.
»Ist eine gefährliche Arbeit, das Pilzesammeln bei Nacht«, bestätigte Aislinne. Sie schien die Worte des kleinen Mannes einfach hinzunehmen, ohne sie hinterfragen zu wollen. »Sorgst du dafür, dass seine Leiche weggeschafft wird?«
Bantry verneigte sich ein wenig. »Selbstverständlich.« Er stockte. »Dieser tragische Unfall könnte unerwünschte Aufmerksamkeit erregen. Es wäre ganz gut, wenn ihr alle so schnell wie möglich von hier verschwinden würdet.«
»Genau darüber haben wir uns gerade unterhalten«, bemerkte Aislinne. »Danke, Bantry.«
Sie schloss die Tür und wandte sich an den Jungen und das Mädchen. »Pack zusammen, was du benötigst, Panterra. Anschließend gehen wir zu Prue nach Hause, und sie macht dasselbe. Im Moment dürften wir einigermaßen sicher sein. Es wird kaum sofort jemand anders geschickt werden, um die Stelle dieses Mannes einzunehmen. Und außerdem passt Bantry weiterhin auf.«
»Ich dachte, er wäre nur ein Dieb«, erklärte Panterra. »Aber wie es scheint, ist er noch viel mehr.«
»Bantry hat viele Gesichter. Aber was er ist, darüber schweigt er sich aus.« Aislinne wurde ungeduldig. »Und jetzt pack zusammen, Panterra. Du musst fort.«
Es dauerte nicht lange, bis sie die Kleidung, die Waffen und Vorräte zusammengestellt hatten, die Pan für diese Reise benötigte. Die Fährtenleser waren geübt darin, schnell und effizient alles Nötige zusammenzusuchen und zu packen. Aislinne schlenderte hinter ihnen her und warf ab und zu einen Blick in die Dunkelheit nach
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