Die Legende von Shannara 01 - Brooks, T: Legende von Shannara 01
ausgemalt, wie viel größer als ihr heimisches Tal die äußere Welt wäre. Keiner hatte sich so etwas auch nur annähernd vorstellen können. Sie alle wären verblüfft, wenn sie es mit eigenen Augen sehen könnten… genau wie er. Sider fragte sich, ob sie den neuen Herausforderungen wohl gewachsen sein würden. Und dann fragte er sich, ob er es selber war.
Über diesen Fragen schlief er schließlich ein.
Er erwachte bei Tagesanbruch, als der Sonnenaufgang sich nur als fahles Grau hinter den zerklüfteten Silhouetten der Gipfel hinter ihm zeigte. Das Land voraus lag noch im Dunkel und wirkte verlassen. Er kramte in seinem Bündel nach Nahrung und aß rasch, während er beobachtete, wie das zunehmende Licht allmählich die Konturen der Landschaft vor ihm auszuarbeiten begann. Als er fertig gegessen und alles wieder zusammengepackt hatte, war es hell genug zum Aufbruch.
Er kletterte an der Felswand hinunter, die er in der vorangegangenen Nacht ausgekundschaftet hatte, bis er schließlich den Pfad erreichte, der zwischen den beiden Gipfeln hindurchführte. Er suchte den Untergrund nach Spuren der Kreatur ab, entdeckte aber nichts. Unaufhörlich versuchte er, Augen und Ohren an die neue Umwelt zu gewöhnen, weil er wusste, dass die Einsamkeit der Landschaft nur eine Täuschung war. Es musste auch hier irgendwelche Lebensformen geben.
Aber sie zeigten sich nicht, und nach einiger Zeit fragte er sich, ob seine Vermutungen falsch gewesen waren. Vielleicht waren die Lebensformen, die zu finden er erwartet hatte, nur sehr klein, weit verstreut und dünn gesät. Vielleicht hatten die Verwüstungen der Großen Kriege länger anhaltende Schäden bewirkt, als er hatte glauben wollen, und es hatte nur eine Handvoll Arten überlebt. Und möglicherweise handelte es sich bei den Übriggebliebenen um Wesen wie jene Kreaturen… Mutanten und Missgeburten. Aber es nützte ihm nichts, Mutmaßungen über das anzustellen, was ihn erwartete. Er musste mit allem rechnen.
Und den Rückweg musste er sich auch merken.
Er drehte sich um und suchte den Hang ab, bis er den dunklen Schlitz zwischen den Felsen erkannte, in den der Pfad zum Pass mündete. Von dieser Stelle aus war es nicht allzu schwer, es sich einzuprägen, aber je weiter er vordrang, desto schwieriger würde es werden.
Trotzdem kam es ihm nicht in den Sinn umzukehren. Er ging weiter, bahnte sich den Weg über den Pfad und kam zügig voran, während die Sonne höher stieg und es immer heller wurde. Er folgte dem Pfad den ganzen Weg bis auf die andere Seite der Felswand. Dort fand er die ersten frischen Spuren der Kreatur, die er verfolgte. Sie blutete wieder, und das Muster ihrer Fußspuren ließ vermuten, dass ihr die Wunde mehr als zuvor zu schaffen machte. Er betrachtete das Gebiet vor sich und registrierte, dass sich das Gelände schon nach kurzer Distanz änderte. Die Berge, die er durchquert hatte, gingen in ein dicht bewaldetes Vorgebirge über, die Wälder dahinter wiederum waren tot, die Bäume kahl und zerborsten; die meisten waren zerschmettert und ineinander verkeilt.
Dahinter erstreckte sich meilenweit diesiges Flachland, das schließlich an einer weiteren Gebirgskette endete.
Er überprüfte noch einmal seine momentane Position und prägte sich ein paar Orientierungspunkte ein, die er für seine Rückkehr wiederfinden musste. Dann machte er sich wieder auf den Weg.
Vor ihm verdunkelte sich der Himmel. Schwere Regenwolken, zwischen denen Blitze zuckten, türmten sich auf und füllten rasch den ganzen Horizont. Ein Sturm zog auf und kam schnell näher. Sider beschleunigte seine Schritte. Wenn jetzt ein heftiger Regen einsetzte, würde der alle Spuren der Kreatur fortspülen. Dann hatte er praktisch keine Chance mehr, sie weiter zu verfolgen. Es wäre zwar nicht das Schlimmste, was passieren konnte, denn es schien sehr unwahrscheinlich, dass es die Kreatur wieder zurück in das Tal zog, nachdem sie dort so schwer verletzt worden war. Aber Sider konnte es sich nicht erlauben, darauf zu hoffen, denn er wusste, welches Unheil ein Fleischfresser dieser Größe anrichten konnte, falls er sich irrte.
Seine Gedanken schweiften ab, und ganz unwillkürlich, wie es manchmal ihre Art war, stiegen Erinnerungen an seine Kindheit in ihm auf, an die Jahre, bevor er den schwarzen Stab trug, bevor ihn sein Vorgänger ausgewählt und ihm eröffnet hatte, dass er dazu bestimmt war, als Nächster den Stab zu tragen. Damals, als er nur ein Junge war, jünger als Panterra Qu
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