Die Legende von Shannara 01 - Brooks, T: Legende von Shannara 01
erbärmlichen Geschichte von Kreaturen aus der äußeren Welt vor den Rat getreten waren. Solche Märchen waren nur dazu angetan, Widerspruch in den Reihen der Gläubigen zu säen und Risse in das Fundament des Glaubens zu sprengen, den er in ihnen verankert hatte. So etwas durfte er unter keinen Umständen zulassen.
Also hatte er überstürzt reagiert, und nun blieb ihm nur noch, es zu bereuen. Der Auftragsmörder hatte versagt und war spurlos verschwunden. Und der Junge und das Mädchen waren weg. Er musste nun alles wieder in Ordnung bringen, aber nicht überstürzt und nicht, ohne Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen. Er musste alles mit Vorbedacht und planvoll arrangieren. Und er wusste genau, wie er das zu bewerkstelligen hatte.
Er war schon seit langem Anführer der Kinder des Hawk. Seraph war er sogar noch länger, obwohl außer ihm niemand davon wusste. Mit dieser Begabung war er auf die Welt gekommen, und seine Berufung war ihm schon sehr früh klar gewesen. Ganz den Lehren der Sekte unterworfen hatte er darauf gewartet, dass man Notiz von ihm nahm, damit er sein Talent in ihren Dienst stellen konnte. Aber die Zeit verstrich, und niemand kam auf die Idee, ihn anzusprechen. Deshalb nahm er es selbst in die Hand, ihre Aufmerksamkeit zu gewinnen. Er begann auf Versammlungen zu reden, ungefragt zumeist und oft kaum geduldet. Aber er war ein hervorragender Redner, und seine Inbrunst war ansteckend. Während der Anführer der Sekte und seine Gefolgsleute immer mehr ins Hintertreffen gerieten, begannen die Gläubigen, sich ihm zuzuwenden.
Doch Anführer sind alle gleich. Auch wenn sie anderes verkünden, wollen sie weder ihre Stellung noch ihre Macht aufgeben. Sein Vorgänger hatte versucht, ihn auszubooten, und als er damit scheiterte, ihn umzubringen. Die Auftragsmörder, die der Sekte dienten, harrten immer einer Gelegenheit. Wie Schakale, die am Rand einer Herde auf die Schwachen und Verletzten lauerten. Sein Vorgänger verwechselte ihn mit einem Opfer und schickte ihm einen Attentäter, um ein Exempel an ihm zu statuieren. Aber der Anschlag missglückte, und der, der ihn verüben sollte, fiel dem Versuch selbst zum Opfer. Nicht ohne ein gewisses Bedauern auf Seiten Skeal Eiles, weil er, wie er sich selbst versicherte, ja kein schlechter Mensch war, sondern nur jemand, der sich der Sache verschrieben hatte. Er hatte verstanden, was so viele andere nicht einsehen wollten: dass er dazu ausersehen war, die Gläubigen anzuleiten, und dass die Hindernisse, die seinem Führungsanspruch im Wege standen, gezwungenermaßen ausgeräumt werden mussten. Denn was zählte ein einzelnes Leben angesichts der Bedeutung, welche die Lehren der Sekte hatten?
So kam es, dass er ihr Anführer wurde und sich den Mantel anlegte, den zu tragen seine Bestimmung war. Gegenüber all seinen Anhängern zeigte er sich großzügig und hilfreich. Er war ein Lehrer, und er verstand es, Hoffnung zu nähren. Er verfügte auch über magische Kräfte, aber das behielt er meistens für sich und gestattete sich nur dann und wann, kleine Kostproben seiner Begabung zu offenbaren. Seine Stimme hatte Gewicht und war allgegenwärtig. Man erwartete ihn auf allen Ratssitzungen und Versammlungen. Selbst jene, die den Lehren der Sekte nicht unmittelbar anhingen, respektierten seinen Einfluss und seine Fähigkeiten. Vielleicht mochten sie ihn nicht als ihren Anführer anerkennen, aber dennoch begriffen sie, dass es an seiner Dominanz nichts zu rütteln gab. Im Gegenzug bestand er nicht auf ihrer Loyalität, sondern nur darauf, dass sie ihm seine Stellung nicht streitig machten.
Allmählich erstreckte sich sein Einfluss über Glensk Wood hinaus bis auf die umliegenden Ortschaften, und es dauerte nicht lange, bis er seine Stellung als Seraph im ganzen Tal behaupten konnte. Das sollte fürs Erste genügen, obwohl er Größeres und weitaus Umfassenderes plante. Wenn die Zeit gekommen war, würden die Kinder des Hawk zur unangefochtenen Vorherrschaft aufsteigen.
Doch alles hatte eben seine Zeit, das wusste er. So hätte der Hawk es selbst gewollt, und so würde er erwarten, es am Tag seiner Rückkehr vorzufinden.
Diese Wahrheit anzuzweifeln oder sie gar abzustreiten, gehörte unter seiner Ägide zu den größten Ketzereien, und Skeal Eile konnte Ketzereien nicht ausstehen.
Es hatte im Laufe der Jahre etliche gegeben, die diese Ketzerei begangen hatten, Leute, welche die Wahrheit nicht annehmen wollten, die in den Lehren der Sekte enthalten war. Skeal war mit
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