Die Legende von Shannara 01 - Brooks, T: Legende von Shannara 01
setzten ihren Abstieg fort und steuerten wieder auf die dunkle Sturmfront zu.
»Die Orullians werden uns bereitwilliger zuhören als irgendjemand sonst«, sagte Pan schließlich. »Und weil sie mit der Belloruus-Familie verwandt sind, können sie uns zu einer Audienz mit dem König und dem Hohen Rat verhelfen. Wenn wir Siders Botschaft dort abliefern, haben wir alles getan, was in unserer Macht steht.«
»Glaubst du, er könnte uns hier finden? Sider, meine ich? Er hat zwar gesagt, dass er uns finden würde, aber ich wüsste nicht, wie ihm das gelingen sollte. Wir sind nicht mehr in Glensk Wood, und niemand weiß, wohin wir gegangen sind. Niemand außer Aislinne.«
Panterra schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht. Das wird so langsam mein Standardspruch, oder? Genau genommen gibt es eine ganze Menge, was wir nicht wissen.«
Allmählich zog der Abend herauf, und es dauerte nicht lange, bis sie die Sturmausläufer erreicht hatten und der Regen einsetzte. Sie hatten sich für ihren Marsch in ihre Allwetterumhänge gehüllt, hielten die Köpfe gegen Wind und Regen gesenkt und kniffen die Augen zusammen, um sie vor beidem zu schützen. Der Boden weichte auf, als sie ihren Abstieg beendeten und den Talgrund in Richtung Eldemere zu durchqueren begannen. An die Stelle von Fels und Geröll traten Erde und Gräser, doch obwohl ihre Stiefel deutliche Spuren im schlammigen Grund hinterließen, konnten sie darauf vertrauen, dass bis zum nächsten Morgen Oberflächenwasser ihre Abdrücke gefüllt und ausgeglichen haben würde. Schon jetzt breiteten sich kleine Teiche aus Regenwasser auf der Ebene aus, die durch ein Netzwerk von Rinnsalen miteinander verbunden waren. Sie durchzogen das ganze Tal wie silberne Schlangen.
Vor ihnen schimmerte das Land wie eine Fata Morgana.
»Wir sollten uns einen Lagerplatz suchen«, sagte Panterra schließlich, als er sah, wie das Licht zu schwinden begann und der neblige Regen an Heftigkeit zunahm.
»Da gibt es doch diese große Kastanie«, schlug Prue vor. Er wusste sofort, welchen Baum sie meinte.
Sie kämpften sich durch den unablässig fallenden Regen, hinein in die Wälder, an Seen und Flüssen vorbei und bogen leicht nördlich ab, bei dem größten der Meres, wie man die Seen hier nannte. Es wurde jetzt kälter, und die Luft roch fruchtbar und durchdringend nach regennassem Holz und Gräsern. Panterra schaute ein letztes Mal, mehr aus Gewohnheit als aus Notwendigkeit zurück, um zu überprüfen, ob ihre Spuren sichtbar waren, aber unter dem regenüberfluteten Schlamm konnte er nichts mehr von dem Weg erkennen, den sie gekommen waren. Befriedigt wandte er sich wieder um und quälte sich weiter voran.
Es kostete sie noch eine weitere Stunde, bis sie ihr Ziel erreichten, einen gewaltigen, alten und schattigen Baum mit einer dichten, nahezu undurchdringlichen Krone, die selbst bei einem Dauerregen wie diesem den Boden um den Stamm herum in einem Umkreis von sechs bis sieben Metern trocken hielt. Rings um den großen Baum gruppierten sich ein paar kleinere Bäume, es war der Nachwuchs, der im Schutz der Mutter gedieh, und obwohl draußen der Sturm wütete, war es unter ihrem Baldachin trocken und ruhig. Müde und frierend gingen der Junge und das Mädchen zum Stamm, wo sie ihr Gepäck fallen ließen. Wortlos trennten sie sich dann und gingen zu entgegengesetzten Seiten des Stammes, wo sie ihre nasse Kleidung abstreiften, sich so gut es ging abtrockneten und die Ersatzkleidung anzogen, die sie vor ihrem Aufbruch eingepackt hatten.
»Können wir Feuer machen?«, fragte Prue, als sie wieder beisammen waren. »Es würde helfen, schneller zu trocknen und uns aufzuwärmen. Falls du glaubst, dass wir jetzt vor Verfolgern sicher sind.«
Das glaubte er und stimmte zu. Er sammelte im Schutz des Hains etwas Reisig und unternahm dann weitere Streifzüge, um noch mehr aufzulegen. Er entzündete das Holz mit seinem Feuerstein, und schon bald züngelten die Flammen über einem kleinen Häuflein aus Rinde und Moos. Munter flackerte das Feuer gegen die Dunkelheit und Nässe an und knisterte in einer beständigen Gegenstimme zu dem Tröpfeln des Regens. Prue bereitete etwas zu essen zu, und schon bald verzehrten sie ihre Mahlzeit. Sie spürten erst beim Essen, wie groß ihr Hunger gewesen war.
Pans Gedanken schweiften noch einmal nach Hause und zu der Kette von Ereignissen zurück, die dazu geführt hatten, dass sie fliehen mussten. Er fragte sich, wie es kam, dass Umstände und Zufälle einen so
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