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Die Legende von Shannara 02: Die Herrschaft der Elfen

Die Legende von Shannara 02: Die Herrschaft der Elfen

Titel: Die Legende von Shannara 02: Die Herrschaft der Elfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Brooks
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die Mütter mit ihren Kindern. Zuerst waren es nur wenige, ein oder zwei hier, ein anderer dort. Wieder andere blieben stehen, um ihnen zu helfen, nahmen manchmal die Kinder auf ihre Arme und trugen sie ein Stück oder liehen den Alten stützend Arm oder Schulter.
    Aber auch das genügte nicht, was der Dämon sehr genau wusste. Ein pausenloser, zehnstündiger Marsch hätte selbst einen erfahrenen Jäger an seine körperlichen Grenzen gebracht. Entsprechend vergrößerte sich schließlich die Zahl derjenigen, die scheiterten, während diejenigen, die ihnen halfen, immer weniger wurden. Der Treck ging jedoch weiter, und in seinem Kielwasser blieben Menschen am Wegesrand zurück, zusammengebrochen, erschöpft oder im Stich gelassen. Einige Familien ließen ihre schwächeren Mitglieder einfach zurück, weil sie sich nicht mit ihnen belasten wollten. Einige taten es aus egoistischem Verlangen, weil sie nicht versäumen wollten, was auf sie wartete, wenn sie erst das Ziel erreicht hatten. Andere dagegen ließen sie zurück, weil ihre eigene Kraft fast am Ende war und sie ebenfalls kaum noch alleine weitergehen konnten.
    Und die ganze Zeit über trieb der Dämon sie unerbittlich an. Er befahl, verlangte, ermunterte und drohte. Er versprach, jenen zu helfen, die zurückgeblieben waren, ohne freilich zu beabsichtigen, diese Versprechungen auch zu halten. In wenigen Fällen lieh er denjenigen, die darum bettelten, seine Kraft, um seine Verbundenheit mit ihnen zu demonstrieren. Er war überall, eine stetige, verlässliche Präsenz, erfüllte sie mit seinen Worten und seiner Magie und hielt sie alle auf dem Pfad, den er für sie ausgewählt hatte.
    »Nicht stehen bleiben!«, schrie er ihnen zu. »Nicht ausruhen! Esst und trinkt im Gehen! Wir haben ein Ziel vor uns, und wir müssen es noch heute erreichen! Wir müssen unser Ziel erreichen! Wir müssen die wenigen für das größere Ganze opfern! Geht weiter!«
    Verblüffenderweise taten sie das. Obwohl er seine Magie benutzte und seine Redekunst, hätte beides nicht genügt, wäre nicht bei den Menschen eine blinde Bereitschaft da gewesen, sich fehlleiten zu lassen. Sie waren zäh und stark, diese Leute, aber sie waren wie Schafe. Sie glaubten fraglos, dass das, was auf sie wartete, jedes Opfer wert wäre. Jahre der Erwartung, Generationen von Geschichten, die ihnen von ihrer Ankunft und ihrem zukünftigen Aufbruch aus diesem Tal kündeten, blendeten sie jetzt für die Wahrheit.
    Bei Sonnenuntergang hatten sie den Eingang des Passes in der Declan-Schlucht erreicht. Er erhob sich vor ihnen, ein schwarzer Spalt in den Bergen, leer und schattig. Hinter ihnen senkte sich bereits das Zwielicht über das Tal, und die ersten Sterne erschienen am Himmel. Die Leute beeilten sich jetzt, warfen ihre letzte Vorsicht über Bord, begierig darauf, den Pass zu betreten, ihn zu durchqueren und die Außenwelt zu erreichen, die Sicherheit, die ihnen dort versprochen worden war. Sie strömten in großen Gruppen vor, folgten dem Seraph, behielten ihn im Auge, während er sie lockte, ihnen den Weg zeigte.
    Sie blickten nicht auf das zurück, was sie hinter sich gelassen hatten. Sie sahen nicht jene, die humpelten oder krochen, um mit ihnen Schritt zu halten. Ebenso wenig sahen sie jene, die selbst das nicht mehr vermochten. Sie bemerkten kaum die verwesten Leichen derjenigen, die nur wenige Tage zuvor bei dem Versuch gestorben waren, den Pass zu verteidigen.
    Sie erkannten die Wahrheit der Dinge nicht.
    »Ich wünschte, ich könnte sehen, was du siehst«, meinte Aislinne irgendwann, während sie neben Prue Liss ausschritt. »Ich meine diese rote Taube, der du folgst … es ist frustrierend zu beobachten, wie du nach ihr suchst, während ich sie überhaupt nicht sehen kann. Genauso gut könnte sie unsichtbar sein.«
    Prue lächelte. »Das gibt dir vielleicht eine vage Vorstellung davon, wie es sich für mich anfühlt. Ich kann keine Farben mehr sehen, bis auf die der Taube, und auch die sehe ich nur ab und an, wenn sie davonfliegt und auf mich wartet, damit ich sie einhole. Ansonsten sehe ich nur grau und schwarz und sonst nichts. Ich suche nach Dingen, die du siehst, ohne auch nur darauf zu achten, aber für mich sind sie verloren.«
    Prue warf der anderen Frau einen Seitenblick zu. »Wie du würde ich sie auch gern selbst sehen.«
    Aislinne nickte. »Ich nehme an, das ist dasselbe. Aber für dich ist es schlimmer als für mich, richtig? All diese wunderbaren Farben, die sich in graue Schatten

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