Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition)
senkte den Blick. Ihr Lüge war durchschaut.
»Suchst du Verbündete bei deinem Vorhaben, den Benàmoi vom Befehl der Aklán abzubringen?« Teîsolor musterte sie verächtlich. »Ich glaubte, du seist eine Veteranin, aber deine Worte gehören zum zaudernden Geist einer Sklavin. Bangst du so sehr um deine Unsterblichkeit?« Der Steinschlag hatte aufgehört, und von vorne erklang Artâgons Stimme, dass es weiterginge. »Zu deinem eigenen Schutz werde ich so tun, als hörte ich deine Sätze nicht. Aber sollte ich bemerken, dass du versuchst, andere zu beeinflussen, werde ich meine Stimme gegen dich erheben.«
Er löste sich von der Wand und nahm den Marsch über den steinigen Pfad wieder auf. Dich behalte ich im Auge, Saphôra.
Bald darauf rief der Benàmoi sie unter einem geschützten Überhang zusammen und zeigte ihnen die Reste einer Feuerstelle, in der die Glut tief unter einer dicken Ascheschicht noch schwelte.
»Wir folgen der richtigen Spur«, befand er zufrieden. »Ich schätze, dass sie höchstens einen Moment der Unendlichkeit vor uns sind. Wir laufen schneller als gedacht.«
Die Veteraninnen und Veteranen sahen sich erschöpft, doch freudig an.
»Die Nacht verbringen wir hier. Ich will, dass unsere Kräfte morgen groß genug sind, die Elben einzuholen und sie anzugreifen.« Er sah zu seiner Gefährtin. »Teile die Wachen ein. Der Rest legt sich zum Schlafen nieder.« Als sich der Hirtenjunge nach vorne beugte, um umherliegendes Reisig zum erneuten Entfachen der Flammen zu nutzen, hinderte ihn Artâgon mit einem Tritt in die Seite daran. »Das Feuer bleibt aus.«
»Herr, ich erfriere«, bat er unter Zähneklappern.
Mit Blicken sprach sich der Benàmoi mit Modôia ab. »Aber nur eine kleine Flamme. Sollte ich Rauch sehen, lösche ich das Feuer sofort.«
»Dann peitsche ich dich warm«, fügte seine Gefährtin hinzu und gab ihrer Peitsche einen angedeuteten Kuss.
Die Albae lachten.
Teîsolor suchte sich eine Stelle, die in Saphôras Nähe lag, damit er sie beobachten konnte. Sie rückte sehr nahe an Deinôa heran, und anstatt die Lider zu schließen, begannen sie eine leise Unterredung.
Der Alb verzog den Mund hinter dem Schal. Er ahnte, worüber beraten wurde. Darf ich das zulassen?
Er schloss die Augen und wartete eine Weile, doch als er sie öffnete, redeten die Albinnen immer noch miteinander.
Teîsolor erhob sich leise und ging zu den beiden, kniete sich neben sie.
Saphôra verstummte sofort, als sie ihn auf sich zukommen sah, ihr Antlitz verschloss sich. Deinôa betrachtete ihn abwartend.
»Ich weiß, was Saphôra und du vorhaben«, raunte er.
»Es ging um die Wache«, hielt Deinôa dagegen und tat harmlos, was Saphôra zu einem breiten Grinsen veranlasste. »Sie wollte mit mir tauschen. Was ist daran verwerflich?«
Teîsolor verstand, dass die Albinnen einen Pakt geschmiedet hatten. »Was denkt ihr, was geschieht, wenn ihr dem Benàmoi eure Zweifel am zweiten Teil unseres Unterfangens vortragt? Sich gegen den Befehl der Aklán zu stellen, ist Verrat.«
»Wer spricht von so etwas?«, sagte Deinôa erstaunt. »Es ging um die Wache, Teîsolor. Um mehr nicht.« Dann wurde ihr Ausdruck verschlagen. »Oder war das ein versteckter Versuch, Aufruhr zu schüren, indem du es uns unterstellst, wo es in Wahrheit deine Gedanken sind?«
Teîsolor warf ihr einen mörderischen Blick zu, mit dem er auch Saphôra bedachte, dann erhob er sich und kehrte zu seinem Lager zurück.
Sein Entschluss war gefallen. Morgen muss ich Artâgon in Kenntnis setzen, bevor Saphôra ihr Werk fortsetzt. Modôia sollte sie auspeitschen und anschließend in eine Schlucht stoßen, und Deinôa gleich mit. Sie ist vom gleichen feigen Gedanken befallen.
Er sah zum Hirten, der die Feuerstätte ganz dicht an die hintere Felswand verlagert hatte, damit der Schein nicht weit ins Land fiel. In der Dunkelheit der Berge würde der geringste Funken sofort auf Meilen gesehen werden. Rauchlos tanzten die winzigen Flämmchen über dem bisschen Holz, das er zusammengeklaubt hatte, und der Barbar reckte ihnen die Hände wärmesuchend entgegen.
Irgendwo tropfte es in steter Gleichmäßigkeit, und Teîsolor glitt in Schlummer …
… bis er von einem knackenden Geräusch erwachte. Er hob die Lider und versuchte zu ergründen, was ihn beunruhigte.
Es war noch immer tiefste Nacht, außerhalb ihres Felsendachs schimmerten die Sterne. Deinôa hielt Wache und kauerte entfernt von ihrem Lager auf einem Stein, um eine bessere Übersicht zu
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