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Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition)

Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition)

Titel: Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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ehrenvoller junger Barbar wie er?« Er sah zu, wie man die Gefangenen zu den Stallungen trieb. »Wo er auf seine Götter schwor.«
    »Sogar auf unsere.«
    »Tat er das?« Er hob die Augenbrauen.
    »Er schwor vor allen Göttern.«
    »Wie umsichtig.«
    »Lass diese Schauspielerei.« Modôia lachte auf. »Ich habe sofort erkannt, dass du eine Absicherung planst.«
    Artâgon atmete tief die kalte, klare Bergluft ein. »Welch großer Narr wäre ich, den scheinbar geringsten Gegner zu unterschätzen?«
    Es widerte ihn an, in diese Hütte treten zu müssen, doch ihm blieb keine Wahl. Auch vor dem Essen grauste es ihm, vor den ekelhaften Würsten, dem strengen Käse und dem versalzenen Schinken, ganz zu schweigen vom Brot. Sie werden nicht mal Wein haben, um den Fraß hinabzuspülen.
    »Verrätst du es mir?« Sie küsste ihn lange auf die Lippen, was er genoss; dann schob er sie sanft von sich.
    »Du wirst warten müssen wie alle anderen.« Artâgon wandte sich ab und schritt grinsend auf den Eingang zu. »Nur weil du meine Gefährtin bist, erhältst du keine Bevorzugung.« Auch wenn es mir nicht leicht fällt.
    Er hörte ihren Fluch, dann ihr leises Lachen. »Wie du befiehlst, Benàmoi.«

    Vor Sonnenaufgang ließ Artâgon seine Truppe antreten – doch nicht auf den Nachtmahren.
    Die Veteraninnen und Veteranen trugen ihr Gepäck, den Proviant und die Ausrüstung umgeschnallt über der Rüstung. Die Rappen streiften ohne Zaumzeug frei umher, die schimmernden Entladungen um ihre Fesseln glänzten auf.
    Dann holte Artâgon den Jungen, der sich für die bevorstehende Verfolgung ebenso vorbereitet hatte. Er trug als Einziger eine Fackel; den Albae-Augen genügte das Licht der Gestirne und das Morgenrot, das allmählich aufzog.
    Mit Erstaunen und Angst im Gesicht sah der junge Barbar auf die zehn Nachtmahre.
    »Die Nahrung, die wir deiner Familie in die Stallungen warfen, genügen für zehn Momente der Unendlichkeit, was zehn Sonnenumläufe deiner Zeitrechnung entspricht«, offenbarte ihm Artâgon. »Wir sperrten sie ein, und die Nachtmahre werden sie bewachen. Sollte sich einer deiner Sippe befreien und versuchen wollen zu entkommen, nun, unsere Tiere sind schnell und fressen Fleisch. Auch das von Barbaren, wenn sie nichts anderes bekommen.«
    Artâgon packte den jungen Hirten an der Schulter und drehte ihn, sodass sein Blick auf einen fressenden Nachtmahr fiel, der gerade die Überreste des Leichnams verschlang. Krachend zermalmte er Rippenknochen mit den Backenzähnen.
    »Herr, ich …«
    »Die Nachtmahre sind hungrig, und sie werden vielleicht in der Zwischenzeit noch einige der streunenden Ziegen und Kühe reißen, aber irgendwann …« Artâgon deutete auf die Stallung mit den Barbaren darin. »Hoffe nicht, dass das Gefängnis Schutz bietet. Ihre Hufe zerschmettern die Türen mit Leichtigkeit. Danach wird deine Sippe vielleicht noch Schutz auf dem Heuboden finden, doch glaube mir« – er sah dem Jungen wieder in die Augen – »die Tiere sind schlau. Entweder bringen sie den Heuboden zum Einsturz oder deine Schwester, dein Oheim und all die anderen werden verhungern. Du verstehst, auf was es ankommt?«
    Der Junge zitterte erneut. »Ich werde mich beeilen«, raunte er mit brüchiger Stimme und eilte los. Die Albae folgten ihm, schräg versetzt wie in ihrer Reitformation.
    Modôia kam an Artâgons Seite. »Ich neige mein Haupt in Ehrfurcht«, gestand sie ihre Bewunderung und deutete eine Verbeugung an.
    »Der kleine Hirte ist der Tapferste und sicherlich auch der Klügste von dem ganzen Ungezücht«, erwiderte er und sah zu den Felswänden, die das rötliche Licht des aufziehenden Taggestirns spiegelten. Schnee und Eis auf den Gipfeln, zu denen sie aufstiegen, schienen aus hellem Blut zu bestehen. Das Ziehen in Artâgons Augen verdeutlichte, dass sich das Weiß eintrübte und in Schwarz wandelte. »Aber weder taugen Tapferkeit noch Klugheit gegen die übermächtige Sprache des verzweifelten Herzens.«
    »Listenreich und poetisch. So kenne ich dich.« Modôia nahm ihre Peitsche vom Gürtel und wickelte sie lose über die Schulter. »Für den Fall, dass unser kleiner Hirte vielleicht doch die Tapferkeit entdecken sollte.«
    »Du wirst sie nicht brauchen. Sein einziger Antrieb, uns sicher zu den Elben zu führen, ist die Hoffnung, den Tod seiner Liebsten verhindern zu können, indem wir schnell genug sind. Er alleine richtet gegen die Nachtmahre nichts aus«, erklärte Artâgon und verfiel in leichten Laufschritt, um die

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