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Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition)

Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition)

Titel: Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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geistigen Auge sah er den Vormarsch am Ende. Sein Volk konzentrierte sich auf die eigenen Stätten, während Tark Draan immer besser darin wurde, den magischen Schild zu errichten. Der Dämon kam schleppend voran, die Unauslöschlichen redeten sich sein Vordringen schön, um die Sorge um den Verbündeten nicht ins Gemüt dringen zu lassen.
    Aber wer bin ich, dass ich das offen aussprechen darf? Ich warte.
    Er warf noch zwei Scheite in die Flammen und genoss die Wärme, die gegen ihn strahlte.
    Kurz vor Morgengrauen hatten sie ihr Ziel erreicht: die kleine Stadt Aeghor, der Mittelpunkt des kleinen Fürstentums und geleitet von Paltaina, welche die Amtsgeschäfte von hier aus für ihren jungen Neffen führte.
    Sinthoras und Virssagòn eilten durch die Schatten und drangen in die Mauern ein, ohne dass die unaufmerksamen Wachen einen Hauch von Verdacht schöpften. Im Inneren der Siedlung bewegten sie sich durch die Dunkelheit, die Bewohner schliefen überwiegend noch. Das Erwachen verlief langsam, die Ernte war eingefahren. Es gab keinen Grund, sich früh aus den Federn zu erheben.
    Mehr als zweitausend Barbaren gibt es hier nicht , dachte Sinthoras, der dem Assassinen durch die Gassen zu dem folgte, was sich Burg nannte, aber nicht mehr als ein befestigtes Haus mit einem Turm darstellte. Die urgonischen Fürsten waren nicht reich genug, um sich gewaltige, prunkvolle Gebäude leisten zu können. Bis auf Lanfrieds protzigen Thronsaal, von dem er nichts mehr hat.
    Es grämte Sinthoras, umherschleichen zu müssen anstatt mit einem Heer vor Aeghor zu erscheinen, um die Verträge zu erzwingen. So hieß es: verhandeln und heucheln.
    In einer Gasse blieb Virssagòn plötzlich stehen und wandte sich zu ihm. »Ich hatte einst einen Schüler«, sprach er überraschend. »Sein Name ist Gàlaidon. Keiner reichte an sein Können heran, und ich gab ihm zur Anerkennung einen kostbaren Ring.«
    Sinthoras wurde von der Einleitung überrascht. »Ist dies der rechte Augenblick für Anekdoten?«
    »Gàlaidon wusste, dass er gut war und die Fähigkeit besaß, mich eines Moments der Unendlichkeit zu übertrumpfen«, fuhr der Assassine unbeeindruckt fort, als säßen sie am Tisch in seinem Haus und erzählten sich bei einem Glas Wein von vergangenen Zeiten. »Doch anstatt sich auf das zu konzentrieren, was von ihm verlangt wurde, trachtete er nur noch danach, an diesen Punkt zu gelangen. Er vernachlässigte seine Pflichten und wurde wie ein gieriges Raubtier, das auf einen blutigen Köder starrt, ohne die Umgebung wahrzunehmen.« Virssagòn nickte ihm zu. »Ich sehe dich in seiner Tradition, Sinthoras. Ich spüre deine Unrast und Unbeständigkeit. Ich werde nicht zulassen, dass beides unseren Auftrag gefährdet.«
    Wie kann er es wagen? Sinthoras zwang sich zur Ruhe. »Du sagtest selbst, ich würde zu einem großen Helden werden.«
    »Ich sagte nicht, dass es heute geschieht. Oder morgen.« Der Assassine zeigte auf die Burg. »Erfülle deinen Auftrag. Verharre nicht in der Vergangenheit oder versuche, die Zukunft zu erzwingen.« Der Blick, den er Sinthoras schenkte, zeigte all die Grausamkeit und Abgründigkeit, die in Virssagòn lebte. »Ich werde es nicht zulassen«, mahnte er flüsternd erneut und setzte sich lautlos in Bewegung.
    Drohte er eben, mich zu töten? Sinthoras schluckte und musste sich beherrschen, nicht nachträglich einen Schauder zu verspüren. Den Assassinen umgab eine besondere Aura, und Sinthoras war bereit zu glauben, dass er niemals einem gefährlicheren Alb als diesem gegenüberstand. Gefährlich für Freund und Feind gleichermaßen.
    Schnell schloss er zu seinem Begleiter auf. Ich werde ihn fragen, was mit dem Schüler geschah . Die angerissene Geschichte ließ nicht auf ein glückliches Ende schließen.
    Ebenso unbemerkt, wie sie nach Aeghor eindrangen, gelangten sie ohne Aufhebens im Schutz der weichenden Dunkelheit in die Burg. Es kostete sie kaum Zeit, die Gemächer der Fürstin zu entdecken.
    Still begaben sie sich an das Bett der Barbarin, die Sinthoras als nicht sonderlich hübsch einstufte. Er zog die Decke der Schlafenden, die ein dünnes Seidennachthemd trug, weg. Aber ich gebe zu, dass sie einen geradezu filigranen Leib hat. Als gesichtsverhüllte Sklavin durchaus annehmbar.
    Die dunkelhaarige Paltaina erwachte durch die Kühle und erschrak, als sie die Silhouetten rechts und links neben sich erkannte, doch ihre Lippen blieben geschlossen.
    »Ich war es«, sprach Virssagòn, »der deine Schwester tötete und

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