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Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition)

Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition)

Titel: Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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nichts zu geben, was sie sich nicht zutraut. Und am schlimmsten ist,« – Ahisiá zerdrückte das butterweiche Fleischstück mit ihrem Besteck – »dass ihr auch noch das Meiste gelingt.«
    »Und was mag es dieses Mal sein, was ihr gelang?«
    »Den Höchsten Cîanoi so sehr zu ärgern, dass er sich auf einen Wettstreit mir ihr einlassen wird.« Ahisiá rührte im Eintopf. »Ich hoffe, sie unterliegt ihm und wird aus der Akademie entfernt. Ich kann sie nicht ausstehen.« Sie senkte die Stimme und sah Gàlaidon verunsichert an. »Ich hörte, sie sei eine Anbeterin der Infamen und fest überzeugt, dass der Glaube an sie und die Infamen selbst zu uns zurückkehrt.«
    »Das werden die Unauslöschlichen nicht zulassen«, erwiderte er. »Sie verbaten die Kulte und Rituale um die grausamen Götter.«
    »Das schert Marandëi nicht. Nichts schert sie!«, regte sich Ahisiá auf. »Sie reizte den Meister mit ihrer Überheblichkeit so sehr, dass er gar nicht anders konnte, als sie herauszufordern.«
    »Und nun wird ein Dämon heraufbeschworen, und wer den schrecklichsten auf seine Seite zieht, darf sich Gewinner nennen?«, fragte Gàlaidon mit einem Zwinkern.
    Ahisiá schnalzte missbilligend mit der Zunge. »Morgen wird der Wettstreit stattfinden. Er schwor ihr, jeden ihrer Zauber zu parieren und dreifach so stark gegen sie zu schleudern.«
    Gàlaidons Augen verengten sich. »Kann das gefährlich für euch werden?«
    »Für uns?« Ahisiá verstand nicht, auf was er hinauswollte.
    »Wird der Wettstreit hinter verschlossenen Türen stattfinden oder vor den Augen aller?« Er küsste ihr Knie erneut und wanderte mit den Lippen am Oberschenkel hinauf. »Nicht, dass am Ende ein Blitz oder eine Lohe die Unschuldigen trifft.«
    Ahisiá lachte auf. »Oh, so etwas vermag nicht einmal unser Höchster Cîanoi. Es wird vielmehr darum gehen, wer die angeborenen Künste unseres Volkes am besten beherrscht.« Sie schloss genießend die Augen, als er weiter ihr Bein liebkoste. »Oh, wenn du nicht gleich aufhörst, werde ich von dir mehr verlangen als Küsse, trotz deiner Wunde!«, sprach sie leise und atmete schneller.
    Gàlaidon nahm ihr den Teller und das Besteck sanft aus den Händen. Er hatte nicht vor, mit seinen Berührungen aufzuhören, und die Verletzung würde ihn nicht davon abhalten, Ahisiá zu lieben.
    Als angehender Assassine hielt ihn nichts auf, wenn er ein Ziel hatte. Und sein Ziel war an diesem Abend die wunderschöne Albin, die sich ihm hingeben würde.
    Für ihn war sie die Gefährtin seiner Träume: in vielen Dingen und Ansichten das vollständige Gegenteil zu ihm, doch in den wichtigsten Angelegenheiten bewegten sie sich auf der gleichen Ebene und verstanden sich blind.
    Gàlaidon streckte sich, ignorierte das Ziehen über der Brust und küsste Ahisiá behutsam auf die weichen, warmen Lippen. Sie waren sich einig, dass sie so lange zusammenbleiben wollten, bis aus ihrer Liebe ein Kind geboren war. Diese Nacht eignete sich hervorragend dazu, einen neuerlichen Versuch zu unternehmen.
    Ahisiá seufzte und umfasste seine rechte Wange, erwiderte die Zärtlichkeit.
    Gàlaidon schauderte, die Glücksgefühle drohten, ihn zu überwältigen. Das alles erreichte die Albin mit einem einzigen, tiefen und innigen Kuss. In seiner Ausbildung hatte er bereits viel gelernt und vor allem an seiner Beherrschung gefeilt. Doch Ahisiá durchbrach sämtliche Schranken, sämtliche Barrieren. Wie einfach es ihr fällt. Mit der Macht der Gefühle.
    Er wollte ihr möglichst spät verkünden, dass er beabsichtigte, ein Zhartài zu werden: ein Assassine, der sich durch nichts aufhalten ließ, nicht einmal durch andere Albae. Für ihn gab es keine Gnade, kein Verbot, ja, nicht einmal das Gebot, die Waffe nicht gegen das eigene Volk zu richten.
    Die Zhartài waren eine Legende, die Besten der Schattenmörder. Und doch besaßen sie keinerlei Ansehen.
    Ob ich ihr offenbaren soll, was meine Bestimmung sein soll? Möglicherweise war Virssagòn ein Zhartài, es war denkbar bei seinem Können, seiner Geschwindigkeit und wegen seiner vagen Andeutungen, doch er hatte noch keinerlei klare Aussagen dazu gemacht. Gewiss fürchtet er um seinen Ruf.
    Ahisiás Berührungen lenkten ihn von seinen ernsten Gedanken ab.
    Er zog sie zu sich und schloss sie behutsam in seine Arme, und die Nacht versank in einem Rausch.

    Ishím Voróo (Jenseitiges Land), Albaereich Dsôn Faïmon, Strahlarm Kashagòn, 4369. Teil der Unendlichkeit (5188. Sonnenzyklus),

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