Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition)
Garnison in Kashagòn ohne Erwiderung geblieben.
Haïmoná spielte bereits mit dem Gedanken, sich für einige Momente der Unendlichkeit aus der Festung abzusetzen und ihre einstige Gefährtin zu besuchen.
Das Warten zermürbt mich. Sie dachte oft an jenen Augenblick, in dem Samusin sie vor dem Sturz bewahrt hatte. »Und nun brachte es mir nichts als Gedanken, die sich im Kreise drehen wie die Strömungen des Wassers: Sie sind in Bewegung und verharren doch auf der Stelle«, murmelte sie und sah sich gleich darauf um, ob jemand ihr Selbstgespräch bemerkt hatte.
Doch die Krieger befanden sich weit genug entfernt, die wachsamen Blicke auf Graben, Ufer und den gerodeten Landstreifen gerichtet.
Haïmoná seufzte. Gedichte hatte sie gesandt, kleine Aufmerksamkeiten, doch Caiphôra ließ sich nicht erweichen oder dazu herab, ihr zu antworten. Gelegentlich zweifelte sie daran, ob sie das Zeichen des Windgottes richtig verstanden hatte. Aber was könnte er sonst gemeint haben?
Ein Botenreiter aus Richtung Dsôn wurde gemeldet, und Haïmoná befahl, das Tor für ihn zu öffnen.
Sie unterdrückte ihre Unruhe und zugleich die Hoffnung, er könne eine ersehnte Nachricht von Caiphôra bei sich tragen. Aber deswegen macht sich kein Melder auf den Weg , schalt sie sich selbst und sah zwischen den Zinnen des Wehrgangs nach unten, wo der Reiter in den Hof preschte.
Er stieg ab, wechselte einige Worte mit den Wachen und kam die Treppe hinauf zu ihr; in der Hand hielt er eine versiegelte Pergamentrolle. Das Abzeichen darauf gehörte der Goldstählernen Schar.
Nun schlug Haïmonás Herz schneller. »Du bringst Kunde?«
Der Alb nickte und grüßte. »Benàmoi Ewìlor sandte mich. Es sind persönliche Zeilen von ihm, die ich nur dir übergeben darf. So lautete mein Auftrag.« Er überreichte ihr die Rolle und machte zwei Schritte rückwärts. »Ich wünsche dir den Segen der Unauslöschlichen.«
Von Ewìlor? Aus Vorfreude wurde Sorge. »Willst du nicht warten, ob ich dir eine Antwort mitgeben möchte?«
Er schüttelte den Kopf. »Es sei lediglich eine Unterrichtung, sagte er mir.« Der Melder deutete eine Verbeugung an und eilte zu seinem Nachtmahr zurück. »Ich habe noch weitere Botschaften für Inselfestung Acht-Neun bei mir. Ich muss mich sputen«, rief er im Gehen.
Haïmoná kümmerte sich nicht weiter um ihn und öffnete die Rolle. Eine Unterrichtung? Oh, ihr Götter, was ist geschehen?
Sie zog das Blatt heraus und las die Worte, die an sie gerichtet waren.
Geschätzte Haïmoná,
Windschwester im Geiste,
wir kehrten vor elf Momenten der Unendlichkeit von unserer Mission zurück, auf die uns die Unauslöschlichen sandten.
Nun, da ich in Dsôn war und dem Herrscherpaar schilderte, was uns widerfuhr, ist es meine traurige Verpflichtung, dir vom Ausgang unseres Auftrags zu berichten.
Das Gute vorweg: Die Kwaitoo, gegen die wir ziehen sollten, existieren nicht mehr.
Auch die Festung, die sie vermeintlich sicher vor uns glaubten, ist nichts mehr als ein Haufen Schutt.
Doch es ist nicht das Verdienst der Goldstählernen, so gerne ich das behaupten würde. Es ist nicht die Art unseres Volkes, sich mit den Taten anderer zu rühmen.
Wir reisten in die Ödnis, fanden die Täler und Schluchten vor, in denen die Kwaitoo sich verborgen hatten und ihre Drohungen gegen Nagsor und Nagsar Inàste ausstießen.
Unser Vordringen wurde durch nichts behindert, und wir gelangten tief in ihren Rückzugsort, als wir auf dieses Wesen trafen, von dem Caiphôra annahm, es handele sich um einen Dämon.
Was immer es ist, es beherrscht Magie oder zumindest Fertigkeiten, gegen die weder Schwert noch Lanze noch Wurfstein helfen.
Wir zogen uns bei seinem Auftauchen zurück, weil ich verstand, dass Widerstand keinerlei Sinn ergab.
Doch das Wesen verfolgte uns, während es uns mit seinen rätselhaften Kräften weiter zusetzte und uns über die Entfernung mit Magie peinigte.
Du kannst nicht ermessen, wie sich die Qualen steigerten, wie aus einem leichten Beißen auf der Haut ein Reißen und Schneiden in Gliedmaßen und Leiber wurden, als würden wir in Stücke geschnitten.
Aber man sah die Wunden nicht. Diese Magie wirkte anders. Grausamer. Gewaltiger. Überwältigender.
Doch keiner der Goldstählernen beschwerte sich.
Haïmoná schluckte und senkte den Brief, lehnte sich gegen die Zinne. Ich ahnte, dass etwas geschehen ist. Samusin, nein, bitte verschone Caiphôra. Lass sie nicht zu Schaden gekommen sein.
Obwohl sie das Schlimmste
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