Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition)
befürchtete, musste sie fortfahren, den Brief zu lesen.
Auf dem Rückzug vor dem Scheusal stießen wir tiefer in den Ort vor, passierten Schluchten und Röhren, bis wir die Festung erreichten, welche die Kwaitoo errichtet hatten.
Doch kein Stein stand mehr auf dem anderen.
Alles war von dem Wesen vernichtet worden, die Brandspuren auf den Quadern erklärten uns auf einen Blick, was vorgefallen war.
Und genau in dieser Höhle holte uns die Bestie ein.
Wir verteidigten uns, verschanzten uns, deckten sie mit Speeren und Steinen ein, und mussten letztlich die Flucht antreten.
Glaub mir: Gegen diese Art von Angriff half keiner unserer Schilde!
Fhòrinaî entdeckte einen Durchgang, den die Kwaitoo wohl in ihrer Festung angelegt hatten, um sich bei einer Belagerung befreien zu können.
Ich befahl den Rückzug, während der Dämon umso wütender seine Blitze gegen uns schleuderte. Zahlreiche Verletzte mussten getragen werden, aufgeplatztes Fleisch, herausstehende Knochen, verbrannte und verätzte Haut – jede Art von Wunde sah ich bei meiner Schar.
Es gelang uns, durch den Gang zu entkommen und der völligen Vernichtung durch den Dämon zu entgehen.
Allerdings verloren wir dabei Caiphôra, Yágôras und Raikânor. Sie bildeten den Abschluss der Schar, als der Gang einbrach und sie von uns abschnitt. Es gibt keine Hoffnung für sie.
Ich befahl den Goldstählernen den Marsch zurück, um dem Herrscherpaar meinen Bericht abzuliefern und zu erfahren, wie es mit dem Dämon weitergehen solle.
Die Unauslöschlichen haben beschlossen, keine weiteren Truppen gegen den Dämonen zu entsenden.
Eine Legende zu dem Dämon besagt, dass er an diesen Ort gebunden bleibt, bis seine Zeit gekommen ist. Er kann Dsôn und unserem Volk nicht gefährlich werden.
Zudem: Er rottete die Kwaitoo mit Stumpf und Stiel aus, zerschlug ihre Festung in kleine Stücke und wird dafür sorgen, dass uns die überheblichen Barbaren niemals mehr stören.
Wenn du mich nach dem Preis fragst, den wir mit Caiphôra, Yágôras und Raikânor zahlten: Ja, er ist zu hoch.
Viel zu hoch.
Doch es gab kein Mittel gegen die dämonische Magie.
Dieser Brief soll dir übermitteln, wie sehr ich mit Dir fühle: Zuerst verlorst du Dein Herz, nun Deine Hoffnung, Caiphôra jemals wiederzusehen.
Es mag Dir noch zu früh sein, doch ich möchte Dir versichern, dass Du einen Platz in unseren Reihen haben kannst. Denn findest du eine neue Gefährtin, die eine herausragende Asfámchai sein sollte, stellt euch jederzeit bei mir vor. Nach einer Prüfung seid ihr mir willkommen.
Die Goldstählernen empfangen euch mit offenen Armen.
Ich wünsche Dir …
Haïmoná wandte sich um und schleuderte den Brief mit einem Schrei über die Zinnen. »Ich soll leben, damit sie stirbt! Ist dies deine Vorstellung von Ausgleich, Samusin?«, rief sie anklagend.
Alle Krieger wandten sich zu ihr um, da sie annahmen, sie hätte etwas jenseits des Grabens entdeckt.
Sie krallte sich in den Stein, bis ihre Fingerkuppen und -nägel schmerzten, starrte auf das Wasser und die kleinen Eisstückchen darauf. Dazwischen trieb das Papier, kreiste und wurde von kleineren Wellen überspült. Die Tinte darauf verwischte und löste sich vom Untergrund, der sich nach und nach vollsog und dunkler färbte.
Haïmoná hielt einen Krieger mit einer Handbewegung davon ab, sich ihr zu nähern.
Besinne dich. Es stand nicht im Brief, dass sie tot sind. Der Gang stürzte ein, mehr nicht, sagte sie zu sich selbst, während ihre Blicke unentwegt Ewìlors Nachricht verfolgten, die sich von der Festung entfernte.
Als das Papier versank und nicht mehr zu sehen war, wandte sich die Albin um. »Bringt mir meinen Nachtmahr«, befahl sie dem Krieger, der ihre Order weitergab. »Du hast das Kommando, solange ich fort bin.«
»Sicher, Benàmoi.« Er salutierte und rang sichtlich mit sich, ob er eine Frage zu ihrem hastigen Aufbruch stellen durfte.
»Senkt die zweite Brücke. Ich muss nach Ishím Voróo«, sagte Haïmoná, um jeden Zweifel an ihrem Tun im Keim zu ersticken. »Die Unauslöschlichen senden mich aus, um eine Sache zu überprüfen.« Diese Lüge wird niemand anzweifeln.
Befehle wurden gerufen, ratternd ließen die Winden das zweite Brückenteil hinab und ermöglichten einen Übergang in die Ödnis; derweil wurde ihr ein gesatteltes Reittier gebracht. An der Seite hing ein Köcher voller Speere. Sie konnte ihre Herkunft als Ntîstai nicht verleugnen. Es war die vertrauteste Waffe.
Haïmoná ließ sich
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