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Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition)

Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition)

Titel: Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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»Caiphôra!«, rief sie in den Spalt. »Samusin leitete mich zu dir. Ewìlor gab euch auf, aber ich musste einfach kommen, um dich zu retten!« Sie streckte eine Hand hinein. »Es wird alles gut.« Sie schloss die Augen, als ihre Finger ergriffen wurden.
    »Ich bin dir unendlich dankbar und stehe für immer in deiner Schuld«, erwiderte Caiphôra. »Ist Fhòrinaî bei dir?«
    Zuerst fühlte es sich an, als sei ihr eine Klinge in die Eingeweide gerammt worden, und Haïmoná beherrschte sich, um nicht zurückzuzucken. Wie kann sie nur an sie denken?
    Doch dann entstand ein böses Lächeln um ihre Lippen.
    »Nein, sie ist nicht bei mir. Sie wollte das Wagnis nicht eingehen, die Schar zu verlassen«, sagte Haïmoná vorwurfsvoll. »Aber ich, Caiphôra, eilte durch Ishím Voróo, um dich zu retten. Hörst du? Ich bin hier.« Als ihre Hand gedrückt wurde, wäre sie beinahe vor Glück in Tränen ausgebrochen.
    »Wir müssen aus diesem Loch, bevor der Dämon anrückt«, warf Yágôras drängend ein. »Der Lärm wird ihm nicht entgangen sein.«
    »In der Schmiede liegen noch mehr Stemmeisen und anderes Werkzeug. Wir können versuchen, einen der unteren Quader zu lösen, damit ihr hinauskriecht und der Hohlraum nicht zusammenbricht«, erwiderte Haïmoná.
    Caiphôras Finger glitten zurück, die Albin zog den Arm ins Freie. Bei aller Sorge fühlte sie sich gelöst und freudig. Ich werde sie zurückbekommen.
    »Das wird die einzige Möglichkeit sein, die uns bleibt«, stimmte Yágôras zu. »Sag: Sahst du Raikânor? Kehrte er mit den Goldstählernen nach Dsôn zurück?«
    Haïmoná überlegte einen Moment, erinnerte sich an den Wortlaut des Briefs. »Nein. Er gilt ebenso als vermisst«, erwiderte sie behutsam.
    Ein lautes, kurzes Schluchzen erklang von innen. »Bring uns rasch die Werkzeuge«, verlangte er mit erstickter Stimme. »Ich muss hinaus und nach ihm suchen.«
    Haïmoná enthielt sich einer Entgegnung. Angesichts der Zerstörung bezweifelte sie, dass Raikânor lebend zu finden sein würde. Aber da Caiphôra und er überlebten, warum sollte es ihm nicht gelungen sein? »Sicherlich«, rief sie zu den Eingeschlossen. Sie huschte zurück zur Schmiede und griff sich alles, was ihnen dabei helfen konnte, den Stein zu bezwingen.
    Es dauerte einige Splitter der Unendlichkeit, einen lockeren, angeschlagenen Quader ausfindig zu machen, den Mörtel herauszuhämmern, am Stein herumzuhebeln und mit vereinten Kräften aus dem Verbund zu lösen. Die Zeit verrann beim harten Arbeiten, Schwitzen und Fluchen zäh wie eingekochtes Blut.
    Das scheppernde Klirren des unentwegten Hämmerns klingelte Haïmoná in den Ohren, und sie konnte sich vorstellen, dass es im Hohlraum unglaublich stickig, staubig und heiß war. Ich werde taub sein, bis wir sie befreit haben.
    Wie lange sie brauchten, wusste keiner der drei Albae zu sagen, doch irgendwann lag die Öffnung frei.
    Zuerst kroch Caiphôra, deutlich dünner als beim letzten Zusammensein, aus dem Loch, über und über mit Staub bedeckt. Sie fiel Haïmoná in die Arme, weinte vor Erleichterung und Freude. Das Rot ihrer Haare schien während der Gefangenschaft in dem Loch ausgeblichen zu sein.
    Haïmoná drückte die Vermisste an sich, schloss die Lider und atmete tief ein. Dann gab sie Caiphôra einen behutsamen Kuss auf die rissigen Lippen. »Ich werde dich niemals mehr alleine lassen«, versprach sie flüsternd. »Ich kehre zu dir in die Schar zurück, und wir werden das beste Paar, das den Unauslöschlichen jemals diente.«
    Caiphôra nickte heftig und riss Haïmoná an sich. »Verzeih mir«, raunte sie in ihr Ohr. »Ich … weiß nicht, was mich dazu brauchte, Fhòrinaî zu bevorzugen.«
    »Es ist mir gleich«, unterbrach Haïmoná sie. » Wir sind wieder zusammen. Das zählt.«
    Neben ihnen erschien ein angeschlagener Yágôras, der die blauschwarzen Haaren vom Staub befreite und ein schwaches Lächeln auf dem Antlitz trug. »Ich danke dir«, sprach er zu Haïmoná, »dass du uns nicht zurückgelassen hast. Du bist eine wahre Windschwester.« Er sah auf seine Hände, auf denen sich einige Blasen geöffnet hatten. Rötliche Flüssigkeit rann über die schmutzige Haut. Er blickte zwischen den Albinnen hin und her. »Ihr werdet verstehen, dass ich nach Raikânor suchen muss.«
    Haïmoná nickte verständnisvoll. Sie zeigte mit dem Speer auf die aufragenden Wände aus Schutt und eingestürzten Mauern. »Wirst du ihn schnell finden?«
    Yágôras begriff, was zwischen ihren Worten

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