Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition)
nicht
Minálor
Geschätzter und inzwischen sehr gehasster Minálor,
ich kenne Albae, die Deine Marmorbüsten dafür benutzen, Sklaven zu erschlagen, weil es nichts Wertloseres in ihrem Haushalt gibt, abgesehen von anderen Sklaven.
Somit folgere ich, dass Deine Kunst den Auftrag und die Aufgabe hat, ein übermäßig teures Werkzeug zu sein.
Mir hingegen ist kein Fall bekannt, bei dem jemand einen Sklaven mit einem meiner Bilder umbrachte.
Es grüßt verächtlich
Phaimônae
Noch unwürdigere Phaimônae,
mir ist ein Fall bekannt, bei dem der schiere Anblick eines Deiner Bilder für ein Sterben der Betrachter sorgte.
Man sollte Deine Arbeiten vor den Streitkräften hertragen, um die Feinde zu töten!
Doch ich konnte nicht umhin, dass mich Deine Frage beschäftigte: Welchen Sinn ergibt die Kunst?
Ohne Frage ist es der göttliche Funke, der uns erschaffen lässt, denn so wie die Götter uns erschufen, so verblieb ein Teil ihrer Göttlichkeit in uns und bringt uns dazu, auch zu erschaffen.
Leider besitzen wir nicht die gleichen Mittel wie die göttlichen Wesen, denn sonst würde es vor neuen Welten und Kreaturen nur so wimmeln.
Oder ist es eher ein Segen für uns alle, dass uns dies nicht gelingt?
Dass die Barbaren und Scheusale sich ebenfalls an Kunst versuchen, und dazu noch sehr widerliche Dinge vollbringen, ist leicht zu erklären: Ihre Götter sind nicht minder hässlich.
Es grüßt niemals
Minálor
Geschätzter und äußerst gehasster Minálor,
ich werde den Unauslöschlichen den Vorschlag unterbreiten, Deine Statuen als Geschosse für die Schleudern zu verwenden.
Somit würdest Du endlich mit dem Verkauf Deiner schrecklich ungenauen Werke beginnen dürfen und zum ersten Mal in Deiner Unendlichkeit Geld verdienen.
Folge ich Deiner Theorie, so wären die Meister des Wortes, die Schreiber und Schriftsteller, die Weltenbauer diejenigen, welche den Göttern am nächsten kämen.
Sind sie es doch, die in langen Tagen und Nächten unermüdlich neue Welten und Kreaturen ersinnen und Helden auf die Reise schicken, um deren Schicksal zu bestimmen, wie es die wahren Götter auch tun?
Es grüßt abfällig
Phaimônae
Nichtswürdige Phaimônae,
ohne Zweifel wären meine Statuen die besten Geschosse, die unser Heer jemals zum Einsatz brachte, und ich würde nur Dein Gesicht hineinmeißeln, damit die Gegner vor Abscheu ruhig stehen bleiben und vom Stein erschlagen werden.
Zu deiner kindischen Erkenntnis kann ich nur anmerken: UNSINN !
Niemals sind die Schreiber unsere Größten.
Worte sind lediglich ihre Werkzeuge wie mein Hammer und meine Meißel, mit denen ich nicht minder Figürchen erschaffen könnte, um sie durch herausgekratzte Landschaften ziehen zu lassen.
Wir befinden uns demnach allesamt auf einer Stufe und unterscheiden uns alleine buchstäblich durch die Kunstfertigkeit auf unserem Gebiet.
Dass Du bei den Malern ganz unten stehst, dürfte Dir bekannt sein.
Neulich mussten Deine Bilder sogar verschenkt werden.
An Blinde.
Es grüßt nicht mal mit dem kleinen Finger
Minálor
Geschätzter und innigst gehasster Minálor,
die Blinden wissen die Farben mehr zu schätzen als die Sehenden. Ich besitze die Gabe, die Farben durch Berühren der Leinwand innerlich sichtbar werden zu lassen.
Deine hässlichen Figuren hingegen möchten keine Blinden berühren, weil sie Abscheulichkeit zu genau ertasten können.
Du flößt sogar den Augenlosen Furcht vor Deinen Werken ein.
Aber ich erkenne den Sinn in Deinen Erläuterungen.
Doch wisse eines: Was immer Du mit deinen Steinen hervorbringst, es wird tot sein.
Aber ich erschaffe lebendige Farben, die in den Geist eindringen und ihn beleben sowie die Vorstellungskraft des Betrachters fordern.
Du bringst Steine in eine andere Form. Das vermag auch Wasser.
Es grüßt herablassend
Phaimônae
Lächerlichste Phaimônae,
jedes weitere Wort an Dich ist Zeitverschwendung.
Doch ich schlage ein Treffen vor, denn ich möchte die Albin sehen, die mich so herrlich mit ihrer Einfachheit unterhalten hat.
Ohne Blick
Minálor
Geschätzter und aus vollem Herzen gehasster Minálor,
gerne lasse ich mich von Dir um ein Treffen anbetteln.
Schon lange sehnst Du Dich danach, wie ich weiß. Mich und meinen Leib wirst du betrachten dürfen, meine Vollkommenheit preisen und danach in Dein Haus zurückkehren.
Und ich
Weitere Kostenlose Bücher