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Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition)

Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition)

Titel: Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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»Nenn es Eingebung. Das Erscheinen dieses nebelhaften Wesens brachte nie dagewesene Veränderungen, für jede Kreatur sowie die Natur. Veränderungen wiederum beflügeln Dinge, mit denen niemand rechnet.« Mrotòn wandte sich der Gruppe zu. »Ganze Völker wurden aufgeschreckt, und die Albae bereiten einen Kriegszug vor, so heißt es. Sie werden einen Teil ihrer Truppen verlegen, an einen Ort, weit weg von hier, an den nur unsere Daajerhůn gelangten.«
    Die Draigònt lauschten den Neuigkeiten.
    »Soll das heißen …«, hob Rhârgann aufgeregt an.
    »… es bietet sich eine Gelegenheit. Die Gelegenheit.« Mrotòn ballte die Hände zu Fäusten, die Stahlfinger schimmerten im Feuerschein, die Scharniere knirschten hörbar. »Was uns fehlt, ist Wissen und Gewissheit. Daher begeben wir uns auf die Suche. Seid ihr damit einverstanden wie alle anderen Brutkammern?«
    Die Draigònt gaben ihre Zustimmung.
    Lrashàc hörte das begeisterte, rollende Knurren und wusste, dass sie sich soeben schuldig machten. Kein Kriegszug durfte ohne die Zustimmung der Heiligen Kaisermutter über das Ziel hinaus fortgeführt werden. Ihre Pflicht wäre es gewesen, nach der Vernichtung der Oudwen sofort zurückzukehren und auszuharren, bis ihre Herrscherin neue Befehle erteilte. Mrotòn handelte gefährlich und zog sie mit hinein.
    Der Ji’Osai bemerkte, dass Lrashàc sich enthalten hatte. »Findet mein Vorhaben deine Ablehnung?«
    Die Augen aller richteten sich auf den rebellischen Draigònt.
    »Vermagst du zu ermessen, wie es wäre, das höchste Ziel zu erreichen?«, raunte Rhârgann begeistert. »Kân Thalay!«
    Kân Thalay. Lrashàc kannte das mystische Wort, das den Zustand des vollkommenen inneren Friedens beschrieb.
    Ein Acïjn Rhârk wäre erst dann davon ergriffen, wenn sich ein Gleichgewicht in der Welt einstellte und die Gesamtheit der Scheusale zu gleichen Teilen existierte. Dann, so sagte die Legende, käme die Zeit der Ruhe und des inneren Friedens für jeden Draigònt und einen jeden Acïjn Rhârk. Der unzähmbare Jagdwille, der unstillbare Hunger, die Blutlust und der Hass endeten. Das bedeutete ihr höchstes Ziel: Kân Thalay.
    »Vielleicht will ich das gar nicht«, gab Lrashàc leise zurück.
    Alles in seinem Leben war auf den Kampf eingestellt. Die Heilige Kaisermutter und die Mütter vor ihr griffen auf Tausende Schriftrollen und Aufzeichnungen über die Völker zurück, gegen die sie in den Krieg zogen. Jedes Volk wurde studiert, die Schwachstellen und Eigenheiten herausgefunden, um sie besser bekämpfen zu können. Lrashàc kannte es nicht anders. Und er mochte es, so zu sein.
    »Was soll ich mit Kân Thalay?«, murmelte er.
    Mrotòn legte ihm eine Hand klirrend auf die Schulter. »Es geht nicht um dich , Draigònt. Es geht um unser Volk . Wir könnten ihm den Frieden bringen, den wir niemals kennen lernen durften. Wie wäre es, keinen Hass, keinen Hunger, nichts von dem zu empfinden?« Er stand auf. »Ich bin sehr neugierig auf diesen Zustand. Und deswegen werden wir umherreisen und suchen.«
    Lrashàc schnaufte. »Was wird die Srai G’dàmá dazu sagen?«
    »Das werden wir hören, so die Zeit gekommen ist. Ich übernehme die Verantwortung für unseren Marsch. Ihr werdet nicht zur Rechenschaft gezogen werden.« Mrotòn entfernte sich von ihrem Feuer und begab sich in die Mitte des Lagers, wo er seine Schlafstatt errichtet hatte.
    Rhârgann betrachtete den Freund an seiner Seite nachdenklich und schien jeden Vorwurf zurückzuhalten. So schwieg er und richtete den Kopf langsam geradeaus, auf die Ebene. Er wollte Kân Thalay.
    Obwohl er bei seinen Draigònt saß, kam Lrashàc sich zum ersten Mal einsam vor.

    Ishím Voróo (Jenseitiges Land), einstiges Reich der Fflecx, 4371. Teil der Unendlichkeit (5199. Sonnenzyklus), Sommer
    Ji’Osai Mrotòn führte sie zunächst tiefer in das Dämonenland, auf dem sich Lrashàc nicht wohlfühlte, dann schwenkten sie nach Süden. Noch immer war die unheilvolle Macht des Wesens zu spüren.
    Das Gras der Ebene, durch welche die hundert Krieger marschierten, hatte sich grau verfärbt. Unrettbar verändert. Tot. Gelegentlich wuchsen schwarze Bäume darin, in finsteren Tümpeln stemmten sich triste Schilfrohre in die Höhe; ständig roch es nach schwelenden Bränden, ohne dass sie Feuer entdeckten.
    Auf ihrem Erkundungszug gab es viel zu tun, was Lrashàcs Innerstes erfreute: Órcos zogen zuhauf umher und hetzten die Fflecx aus den Behausungen, um sie auszurotten. Bislang hatten sie

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