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Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition)

Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition)

Titel: Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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ansprechend.
    »Das jedenfalls nicht«, sprach Darinór würgend.
    Horgàta lehnte mit einer entschiedenen Geste ab und wies auf die großen, runden Brotlaibe. »Das. Alles.«
    Der Barbar verstand das Zeichen und gab Anweisungen.
    Die Laibe wurden daraufhin in fleckige Laken eingeschlagen und in Weidenkörbe gepackt, bis sie voll waren. Vermutlich gab es wirklich keine Krume mehr in dem Dorf. Alles war den Befreiern für ihre Tat überlassen worden.
    »Dann weiter«, befahl Horgàta und wollte endlich dem durchdringenden Geruch entkommen, der von allen Seiten auf sie einströmte.
    Der Barbar neigte sein Haupt vor ihr und wich von der zerstampften Straße zurück, um dem Zug Platz zu machen.
    Da schnappte der vorwitzige Nachtmahr dunkel wiehernd zu. Das Maul verfehlte das Gesicht des Mannes knapp, riss ihm aber das Ohr ab und den Turban herunter.
    Schreiend sprang der Barbar zurück, hielt sich die verletzte Stelle – und langes, dunkelblaues Haar wickelte sich wallend von seinem Kopf, hing ihm bis zu den Knien. Es wogte und leuchtete intensiv im Sonnenlicht.
    Knurpsend verschlang der Nachtmahr das Ohr, schnupperte hungrig in Richtung seines Opfers. Die Zunge leckte über die blutigen Nüstern.
    Der verletzte Barbar schrie und keuchte, das Blut rann sprudelnd zwischen seinen Fingern hervor. Zwei Frauen liefen zu ihm, pressten Tücher gegen die Wunde. Unter den Bewohnern entstand Aufregung, die Befreier wurden sogleich mit entsetztem Misstrauen beäugt.
    Ihr … Götter! Horgàta interessierte sich nicht für die Verletzung oder die Schmerzen des Barbaren. Sie hatte nur Augen für die schimmernden Strähnen, in einem nie gesehenen Blau, wie leuchtende Edelsteine oder ein klarer Sommerhimmel. »Das ist wundervoll«, wisperte sie.
    Hunderttausend Einfälle bestürmten sie, was man aus den einmaligen Haaren fertigen könnte, nachdem sie gewaschen und bearbeitet waren: verweben, einweben, Befestigungen, in eine Skulptur einbringen. Sie wollte jede einzelne Strähne haben.
    Horgàta betrachtete die übrigen Barbaren. Die Kopfbedeckungen legten nahe, dass sie ebensolche Schätze verbargen. Ist das so? Ein Dorf mit einem geheimen Schatz?
    Horgàta sah zu Darinór, der nicht minder beeindruckt von den leuchtend blauen Haaren war. »Wir nehmen sie mit. Alle.«
    »Die Barbaren?«
    »Ihre Haare, Benàmoi.« Horgàta zog ihr Kurzschwert. » Nur ihre Haare. Danach tötet sie.« Niemand sollte nach ihnen die Gelegenheit haben, einen solchen Fund zu machen.

    Ishím Voróo (Jenseitiges Land), viele Meilen südlich des Blauen Gebirges, 4371. Teil der Unendlichkeit (5200. Sonnenzyklus), Spätwinter
    »Vorhut und erste Abteilung: Umreitet sie! Die Pfade hoch und vorbei an ihnen!« Horgàta sah die elbischen Panzerreiterinnen vor sich in die schmale Schlucht einschwenken. Obgleich Narósil sicherlich genau wusste, in welche Gefahr er seine geschrumpfte Truppe brachte, indem er sie durch die Enge reiten ließ, gab es für ihn keine andere Möglichkeit: Das Gewicht sowie die Bewegungseinschränkungen der schweren Rüstungen an Kriegerinnen und Pferden hinderte sie daran, die kleinen Wege rechts und links hinaufzupreschen.
    Die Nachtmahre dagegen vermochten dies ohne Schwierigkeiten.
    »Nachhut und zweite Abteilung, folgt ihnen durch die Schlucht! Aber bedrängt sie nicht zu sehr. Je langsamer sie sind, desto besser für uns.« Wenn es ihrem kleinen Heer gelang, die Gegnerinnen zu überholen, dann … Horgàta wollte noch nicht daran glauben. Wie schnell konnte sich ihr Traum in Luft auflösen. Die Jagd verlief schon so lange und stets nur mit kleinen, unbefriedigenden Erfolgen.
    Die weißblonde Albin gab ihrem Rappen die Sporen und setzte sich an die Spitze der Vorhut, die rechts des Felseinschnitts emporgaloppierte und sich auf den schmalen Grat schwang. Eine lange, dunkelblaue Haarsträhne hatte sie an ihrer Schulterpanzerung befestigt, die nun hinter ihr her wehte.
    Sie verließ sich auf die Trittsicherheit ihres Nachtmahrs, ohne weiter auf den Pfad zu achten, der nicht breiter als eine halbe Schwertlänge war. Auf der einen Seite ragten Felswände steil auf, neben ihr ging es senkrecht nach unten.
    Rasch schwang sich der Weg bergauf, Horgàta schätzte, dass sie sich siebzig Schritte über den Köpfen der Elben befand.
    Ihr gegenüber auf gleicher Höhe führte Fatalór die weitaus größere Abteilung von sechshundert Albae vorwärts. Er grüßte kurz und spornte sein Tier an, schneller dahinzujagen: Er forderte Horgàta

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