Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition)
keinen Benàmoi, der ein nobleres Gelübde vor einer Schlacht abgelegt hätte.« Sie ließ ihren Nachtmahr demonstrativ rückwärts weichen. »Sodann reite, weise uns den Weg. Wir folgen dir, um die Elben zu hetzen.«
Ecatòn schlug mit der Faust einmal auf Herzhöhe gegen die Rüstung, als Zeichen seiner guten Wünsche. Horgàta konnte spüren, wie vergiftet diese Geste war.
Darinór wollte etwas entgegnen, doch er nickte nur, presste die Zähne fest zusammen und setzte sich den Helm auf, bevor sich die Wutlinien erneut zeigten. Er gab das Signal zum Vorrücken, und seine Krieger ritten auf die Kuppe zu, um sie zu überwinden und sich im Galopp nach unten zu stürzen, gegen die kaum befestigte Lagerflanke zu ihrer Linken.
Horgàta wartete, bis der Letzte der Nachhut sie passiert hatte, dann folgte sie auf die Anhöhe, um zu verfolgen, wie sich der Benàmoi anstellte. »Langsam nachziehen«, befahl sie und trabte vorwärts.
Sie wünschte keinem Soldaten die Endlichkeit, damit sie Darinór vollkommen gerechtfertigt umbringen konnte, aber sie erbat sich einen verirrten Pfeil, einen Unfall, etwas, was den lästigen Alb beseitigte.
Horgàta erreichte die Spitze der Erhebung, von der sich die Nachhut eben hinabwarf und mit Gewitterhufen gegen die Barbaren jagte. Obwohl die Sonne hoch stand und das Blitzen um die Fesseln der Nachtmahre nicht richtig zur Geltung kam, war es ein Schauspiel, das sie immer wieder gerne betrachtete. Das Donnern passte zu der Sturmwolke, die sich am Boden manifestierte und auf die Unterkünfte der Barbaren zuraste.
Ecatòn erschien neben ihr. »Die Truppen haben Aufstellung genommen, Fatalór und Ocalòs sind bereit«, erstattete er Bericht. Er legte die Hände auf den Sattelrand und beobachtete, wie seine Befehlshaberin beobachte, was Darinór unternahm.
Um die dahinjagende Nachhut verringerte sich das Licht, als riefe sie die Dämmerung herbei. Die Albaekriegerinnen und -krieger nutzten ihre Kräfte, um Dunkelheit zu bringen, was im Tageslicht nicht möglich war – aber es erzielte auch jetzt einen sichtbaren Effekt. Die kleinen Geister der Menschen würden sich vor Angst die Rüstungen beschmutzen.
»Was geschieht wohl, wenn er die Furcht gegen die Barbaren schleudert?«, sagte Ecatòn vorfreudig. »Ich sehe die Bresche bereits vor uns. Die Menschen werden in Scharen flüchten.«
Horgàta beobachtete, wie es zwischen den Zelten des Heeres hektisch wurde. Man hatte die Angreifer bemerkt und wusste nichts gegen die galoppierende Einheit auszurichten, die sich deutlich von ihren Widersachern auf dem Schlachtfeld unterschied.
Signalhörner tönten leise. Die Barbaren schienen sich auf den Zusammenprall vorzubereiten.
»Mir wäre es recht, einen einzigen Krieger zu verlieren«, murmelte Ecatòn. »Nur einen , damit er seinen ungewollten Schwur erfüllen muss. Übrigens eine feine List.«
Horgàta lächelte unterdrückt. »Möchtest du seinen Posten? Ist dir die Vorhut zu gefährlich geworden?«
Der Alb lachte. »Nein, ich bin sehr gerne in der ersten Linie. Aber wir brauchen den Zusammenhalt, um in Ishím Voróo zu bestehen. Zweifler müssen verstummen.« Er nickte und hielt den Kopf ebenso wie seine Stimme gesenkt. »Ich denke, dass Samusin ein Einsehen haben wird, sofern er möchte, dass wir überleben.«
Darinórs Einheit hatte den Fuß der Anhöhe erreicht und schoss an verschiedenen Stellen der lückenhaften Palisaden wie schwarzes Quicksilber ins Lager der Widersacher.
Horgàtas Atem stockte kurz. Was geschieht nun?
Doch weder tat sich die Erde unter den Nachtmahrhufen auf noch schossen Flammen aus dem Untergrund. Es schien der Nachhut ganz leicht gemacht zu werden, die Unterkünfte zu überrennen.
Ein Teil der Berittenen riss die Befestigungen gänzlich nieder, ein anderer schoss mit Brandpfeilen auf die Katapulte, die viel zu behäbig gedreht wurden, um eine rasche Gegenwehr zu leisten. Noch bevor sie ihre tödlichen Ladungen aussandten, hatten die züngelnden Flammen die Sehnen und Seile durchgebrannt.
»Da unten reitet ein Freund der Götter.« Ecatòn sah Horgàta von der Seite an und erwartete ihren Befehl zum Losschlagen.
Aber die weißblonde Albin rührte sich nicht, sondern hielt die schwarzen Augen auf die Nachhut gerichtet. »Noch nicht«, wisperte sie.
»Hast du Hoffnung? Vertraust du Samusin?«
Horgàta antwortete nicht und betete stumm zum Gott des Ausgleichs.
Darinór schien zu wissen, dass seine Befehlshaberin ihn unverändert auf die Probe stellte und
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