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Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition)

Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition)

Titel: Die Legenden der Albae: Die Vergessenen Schriften (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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spielerisch heraus, wer zuerst das Ende der Schlucht erreichte und die Gegnerinnen bei ihrem Erscheinen mit Pfeilen zu Fall brachte, um den armseligen Rest mit einem einzigen Angriff niederzuschmetterten.
    Horgàta grinste und machte sich im Sattel kleiner, um nicht von den pfeifenden Böen erfasst zu werden. Sie ließ ihren Hengst galoppieren, hörte das Stampfen und Zischen der Hufe der Vorhut hinter sich. Das Rennen hatte begonnen.
    Gelegentlich sah die Albin in die Schlucht.
    Sie hatten die Gegnerinnen überholt. Es wäre ein Leichtes gewesen, Felsbrocken aus den Hängen zu stemmen und auf die Elbinnen regnen zu lassen, doch Horgàta verlangte es nach dem allerhöchsten Sieg, dem größtmöglichen Glücksgefühl, und das erhielt sie alleine durch das eigenhändige Töten.
    Sie lechzte danach, in die brechenden Augen einer Feindin zu schauen und zu beobachten, wie sich das von Qualen verzerrte Gesicht entspannte und die Seele auszog. Jede von ihnen sollte in Tions Hände geraten und zerrissen werden.
    Horgàta drehte den Kopf weiter und wagte einen Seitenblick, trotz des gefährlich schmalen Pfads, der all ihre Aufmerksamkeit und die ihres Nachtmahrs verlangte.
    Weiter hinten in der Klamm folgten Ocalòs und Darinór mit ihren neunhundert Tapferen. Sie hielten allerdings nicht mehr den befohlenen Abstand zu den Feinden und rückten näher an die Nachhut der Elbinnen. Das Verlangen, endlich das Ende über die Todfeinde zu bringen, schien zu groß.
    Horgàta fühlte sich trotzdem milde gestimmt. Der Sieg war ihr nicht mehr zu nehmen.
    Fatalórs sechshundert Kriegerinnen und Krieger auf dem Pfad gegenüber befanden sich nun auf der gleichen Höhe wie Narósils Elbinnen. Der Benàmoi verlor mehr und mehr den Anschluss.
    Aber ans Aufgeben dachte er nicht. Fatalór gab dem Nachtmahr die Sporen, wisperte etwas in die aufgereckten Ohren, woraufhin sich der muskulöse Leib des Tieres streckte, um noch schneller zu werden.
    Das bringt dir nichts. Horgàta wollte sich nach vorne wenden, als sie sah, wie unter dem aufblitzenden rechten Vorderhuf ein ganzes Teilstück des Pfades weggesprengt wurde, auf dem der Alb dahinpreschte. Die magischen Entladungen um die Fesseln schienen in eine empfindliche Stelle geschlagen zu haben.
    Fatalór sackte zusammen mit dem abbrechenden Gestein schreiend in die Tiefe, ohne den Hauch einer Gelegenheit zu erhalten, etwas gegen den Sturz zu unternehmen. Der Rappe galoppierte im freien Fall, als befände er sich auf sicherem Boden, und versuchte wiehernd, Halt zu finden.
    Vergebens.
    Die nachfolgende erste Abteilung donnerte in die Lücke. Noch mehr Steilkanten lösten sich und ließen die Albae in den Abgrund rutschen. Mit den Hufen schlagend stürzten die Nachtmahre; die Reiter versuchten, sich an den vorbeihuschenden Wänden festzuhalten, doch den wenigsten gelang es.
    Eine vernichtende Moräne aus gerüsteten Albaekriegern, ihren Reittieren und tosenden Felsbrocken ging auf die Elbinnen nieder.
    Horgàta zügelte ihren Hengst, um das grausame Schauspiel zu verfolgen. »Nein!«, schrie sie, die Wutlinien schnellten schmerzhaft durch ihr Antlitz und schienen sich einzubrennen. Was immer sich Samusin unter Ausgleich vorstellte, das durfte nicht sein!
    Die Vorhut von Narósils Truppe entging dem ungewollten Angriff, indem sie bereits beim Niedergehen der ersten Steinsplitter die Geschwindigkeit verschärfte, aber der Rest verschwand unter den einschlagenden Geschossen, ob es nun Albae, Nachtmahre oder Felsbrocken waren. Die Schreie der Stürzenden vermengten sich mit denen der Getroffenen, es polterte schabend und reibend; die dunkle Schlucht füllte sich mit grauen Staubwolken.
    Damit endete die Katastrophe nicht.
    Der gratähnliche Pfad gegenüber löste sich in Gänze auf und rutschte in den Spalt, als wollte er ihn mit Schutt auffüllen.
    Dabei brachen weitere Teile aus den darunterliegenden Wänden, Vorsprünge wurden mitgerissen und krachten in die Reihen von Ocalòs’ nachfolgender zweiter Abteilung sowie Darinórs Nachhut.
    Der mehlige Dunst breitete sich weiter aus und raubte Horgàta die Sicht. Doch sie wusste: Innerhalb weniger Lidschläge verlor sie neunhundert Soldaten. Wegen der Laune der Natur oder eines Gottes, der sicherlich den Namen Samusin trug. Nun hatte sie neunhundert Leben aufgeben müssen, um Darinór loszuwerden. Ein zu hoher Preis.
    Aus dem Staub schoss Narósil, wie Horgàta von ihrer erhöhten Position aus verfolgte. Hinter ihm befanden sich weniger als fünfzig

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